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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 21 (1. Augustheft 1914)
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Seidlitz, Woldemar von: Allgemeine öffentliche Büchereien
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Schumann, Wolfgang: In Sachen Wynekens, [3]: Gustav Wyneken in seinen Schriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0221

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packen und rhren Regungen nachzugehen. Auf diese Weise Lönnen auch
viele Bücher, die sonst übersehen oder gar totgeschwiegen werden, beizeiten
der Vergessenheit entrissen werden. Die Entschließung muß freilich berm
Bibliothekar bleiben: aber zur möglichsten Ausschaltung des Zufalls wird
ihm das Horchen auf die Stimme des Volkes in vielen Fällen drenen,
wo rhn das Urteil der Fachkritik im Stich läßt.

Ein letzter Grund für die Bücherei ist endlich darin zu suchen, daß
die Körperschaften, welchen die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten
obliegt, und dre die Pflicht haben, für eine gedeihliche Gestaltung der
Zukunft zu sorgen, sich die Mittel nicht aus der Hand winden lassen
sollten, die Herrschaft über das Bücherwesen zu bewahren. In dem zu-
nehmend demokratischen Wesen der Zeit liegt es begründet, daß dem
Drang nach Bildung in vollem Umfang entsprochen werde: nur dann
aber bleibt der Erfolg gesichert und wird das für die Gesamtheit förder-
liche Ziel erreicht, wenn die Regelung von den Stellen aus erfolgt,
welchen die unbefangene und wohlmeinende Besorgung der öffentlichen
Angelegenheiten obliegt, so daß Parteieifer, Machenschaften und Wüh«
lerei ausgeschaltet werden. In welcher Weise dabei die notwendige Ver-
bindung zwischen den Büchersammlungen verschiedener Art hergestellt wird,
muß den Lrfahrungen der Zukunft überlassen bleiben: für die Verteilung
der Büchereien auf möglichst viele dem Bedürfnis entsprechende Neben-
stellen werden in den stetig an Bedeutung steigenden Städten die Stadt-
verwaltungen, auf dem Lande die Provinzialverbände zu sorgen haben.
Fedenfalls ergibt sich hier ein ausgedehntes Gebiet neuer und eigen-
artiger Tätigkeit, für dessen erste Einrichtung und fortdauernden Betrieb
eine Fülle besonders dafür vorgebildeter und geeigneter Kräfte nötig
werden wird. W. von Seidlitz

Zn Sachen Wynekens

2. Gustav Wyneken in seinen Schriften

(Schluß)

ewiß wird der Widerspruch, der daraus folgt, daß eine Sekte gerade
>M^aus Iugendlichen gebildet wird, sich beheben lassen, denn die An-
^-^passungfähigkeit der Iungen, die aus der Sekte entlassen werden, wird
noch stark genug sein, um sie dem modernen Leben einzugliedern. Immer-
hin liegt hier eine Gefahr, wie sie auch Wyneken selbst in sich nicht hat
völlig überwinden können — die letzten Iahre haben gezeigt, wie schwer
er den für irgendwelche Erfolge notwendigen Anschluß an das Kultur-
leben fand und erhalten konnte. Die Kette von Enttäuschungen und
Mßerfolgen, die er durchmachen mußte, weist auf gewisse wahrscheinlich
unvermeidliche Folgen völlig befestigter Sektierergesinnung deutlich hin.
Wie viele von seinen Schülern solchen Konflikten gewachsen sein werden, wird
stch natürlich erst zeigen. tzinzukommt, daß Wyneken die Anpassungfähig-
keit der Einzelnen nicht uur nicht fördert, sondern geradezu hemmt, wenn nicht
bekämpft. Einmal stellt er das Ziel überhaupt jenseit der zeitlichen und räum-
lichen Grenzen; nirgends zeigt sich eine Anknüpfung des Dienstes des „objek-
tiven Geistes" an praktische Kulturarbeit, sondern dieser Dienst ist ziemlich
notwendig verknüpft mit individuellem Weltbürgertum. Wyneken bevorzugt
bie abstrakten, nicht an Volksgemeinschaft, Rassengemeinschaft, Zeitgesellschaft
 
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