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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 19 (1. Juliheft 1914)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0091

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Unsre Bilder und Noten

einem Werke wie Richard Pietzschs „Isar in Sonne bei
HIcking" wird der „Kenner" unwillkürlich ausrufen: „Das ist Malerei!"

^^Es gibt nicht gar viele Bilder, die so glänzend, so brillant gemalt
sind, wie dieses hier. Ansre Steindruck-Reproduktion hat das auch
in der Wiedergabe recht schön herausgebracht. Man kann auch hier
nicht bloß verfolgen, wie die derben Pinselstriche zum Beispiel am tzange
vorn rechts „sitzen", man kann auch hier sehn, wie anders in den Wald-
bäumen der Pinsel geführt ist, wir können auch hier seiner feinen Arbeit
in dem Perlmutterschein des Wassers vorn links nachgehen, wir können
auch hier oben in den Feldern überm Schnittpunkte der Diagonalen uns
daran erfreun: mit welch entzückender Reinheit und Delikatesse dort die
Farben zueinander stehn. Ist das nicht stellenweis, als wäre der Farb-
stoff farbiges Licht geworden? Lin Autotypie-Buntdruck wäre vollkommen
außerstande, derartiges zu erreichen, und noch dazu in mattem Druck.
Das Original aber entwickelt seine Wirkungen ausschließlich aus derBatur,
es zwingt dem Bilde nichts auf, was irgendwie nach Schema oder Manier
aussähe. Es ist die helle Augen- und tzerzensfreude an der Schönheit
der Welt selber, die sich hier ausdrückt.

Wilhelm Steinhausens köstliche Radierung „Sonne überm Korn-
feld" ist wie alle seine Kunst dem seelischen Erreger nach ein religröses
Werk, freilich eins von jener Religiosität, in der sich Ehrist und tzeide
finden, wenn sie tiefgründige MMschen sind. Was wir sehn, ist nicht
nur die strahlende Lichtscheibe über einem Feld, es ist die Sonne als
überirdische Lebenspenderin, vor der sich das Feld im leichten Winde
dankbar empfangend neigt, ist die göttliche Sonne. Wenn wir uns
der allgemeinen hochdichterischen Stimmung des Werkes erfreut haben,
belohnt es noch den, welcher den Einzelheiten nachgeht. Ich möchte da
nur auf die Stelle im Korn gerade unter der Sonnenscheibe aufmerksam
machen. Mit wie einfachen Mitteln ist hier ein Regen und ein Leben in
den Ahren dargestellt, das zugleich reich und intim ist!

Iean Antoine tzoudons Büste Glucks ist ein Werk von so
überzeugender Charakteristik und so vollendeter Beherrschung des Bild-
nerischen, daß es keines „einstellenden" Wortes bedarf. Aber ein Seufzer
drängt sich auf: ach, daß wir von unsern andern Großen, von Mozart,
Beethoven nichts dergleichen haben! — Wir verdanken die Möglichkeit,
das Werk in so guter Wiedergabe zu bringen, der Leitung der Dresdner
Skulpturens ammlung.

Uns scheint: die interessanten beiden Briefe, die wir heut, zum
ersten Male übrigens, in Faksimile wiedergeben, ergänzen sich gut mit
dem Eindruck der Büste.

Wenn man ein Blatt, wie Kuithans „Kletterer^, neben die beste
Photomechanische Wiedergabe irgendwelchen Gemäldes oder gar neben eine
Photographie nach der Wirklichkeit eines ähnlichen Vorgangs hielte — wie
schwächlich würde „auf der andern Seite" die Wirkung bleiben! Und
nicht nur, weil die Energie der menschlichen Bewegung, der Willens-

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