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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 24 (2. Septemberheft 1914)
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Zur Mobilmachung der Frau
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0451

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Geldunterstützung, Verwundetenpflege, Arbeitsvermittlung und ähnliches.
Aber nebenbei und zwischendurch gibt's überreich ein Besonderes zu tun
für jeden, der hören und sehen kann und helfen will. Schwache unter-
stützen, Traurige trösten, Unwissende aufklären und, was am schwersten ist:
Törichte, Leichtsinnige zur Besinnung bringen. Mütterabende, Flickstuben,
Wanderkurse für Kochen, Obst- und Gemüsedörren, hauswirtschaftliche Be-
lehrungen aller Art für Sommer und Winter, erziehliche Unterweisung
für gesunde und kranke Kinder — eine Fülle echt weiblicher Arbeiten
bieten sich jeder Tüchtigen. Mit dem praktischen Tun vereinige sich edle
Fürsorge für Geist und Gemüt. Freie Aussprache über die gewaltigen
Ereignisse unsrer Tage, Vorlesen erhebender oder aufheiternder Dichtungen
gemeinsamer Gesang echter Vaterlandslieder — das tzerz geht auf im
Gedanken auch an alle diese frohe frische Liebesarbeit zwischen arm und
reich. Erst wenn alles das gut und stark gedeiht, erst dann sind wir ein
einig Volk auch von Schwestern, das durchs Dunkel zum Lichten kommen
m u ß.

Die scharfe Kriegsgeißel macht heute grausam Kehraus. Und wir festen
Vaterlandsfreunde sollen ihre tzaken und Spitzen auch nicht mit Samt
und Seide umwickeln, wo der Schlag auf Faule, Pfuscher, Pfauenweiber
und Dämchengänse trifft. Auch uns Frauen wird die Auslese im Kampf
ums Dasein gut tun. Ilnsre Kraft schmiedet gemeinsame Not nur härter,
die Auswüchse und Phantastereien aber wird sie mit ihrer Rotglut ver-
brennen. Was bisher am lautesten war, muß still werden, was sich auf
Straßen und Plätzen tändelnd darbot, muß vergehen.

Rm auch äußerlich eine reinliche Scheidung vorzunehmen, möchten wir
vorschlagen, der deutschen Frau von heute, wie sie sein soll, ein Kriegs-
kleid zu schaffen. Es sei wie die Felduniform unsrer Truppen: ohne
alles Aberflüssige, aber gediegen, zweckmäßig und schön. Dient es der
tatkräftigen Frau, so beschäftigt es durch die tzerstellung Fabriken und
Arbeiterinnen und leistet auch dadurch Dienste. Möchten sich mit den
Frauen Künstler und Künstlerinnen vereinigen, um Wertstücke zu schaffen,
die noch lange hin von der Lnergie, der Freudigkeit und der Liebesschön-
heit unsrer Frauen zeugen! Eine deutsche Frau

Lose Blätter

Die Fahne

tillgestanden! Präsentiert 's Gewehr!

Und Präsentiermarsch — Sie kommt daher,
Die Fahne.

tzelm ab zum Gebet! — Ein Schweigen schwer,
Die alte Seide nur knistert fein,

Die goldne Spitze nur funkelt drein
Der Fahne.

Voll Narb und Wunden ist sie jetzt:
Am Schaft ha'n Säbel sich gewetzt

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