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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

DOI Heft:
Heft 22 (2. Augustheft 1914)
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Gleichen-Rußwurm, Alexander: Luxus und Komfort
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0288

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Iahrg. 27 Zweites Augustheft 1914 Heft 22

Luxus und Kornfort

ie Begriffe von Luxus und Komfort gehören durchaus nicht unzertrenn«
^^Hlich zusammen, ja es bildet sogar eine der schwierigsten Aufgaben, sie

ganz und gar in Linklang zu bringen.

Gemeinsam ist beiden die Sehnsucht, die sie erwecken, die Leichtigkeit, mit
der man sich an sie gewöhnt, die aber ein Glücksgefühl im Besitz kaum
aufkommen läßt, endlich das Odium streng Denkender, die von jeher Luxus
wie Komfort als sündhafte Verweichlichung von Körper und Geist brand-
markten. Vor den Augen dieser Strengen fand noch eher der Luxus
Gnade wenigstens bei besonderen Gelegenheiten, wie beim Gepränge öffent-
licher Feste, bei Siegeszügen und Gedenktagen, sobald ihm stolzer Patrio-
tismus eine Entschuldigung bot. So waren auch stets die Gesandten
und Botschafter angehalten, möglichsten Luxus zu zeigen, und viele Berichte
melden staunend von dem glänzenden Gefolge an Wagen und Diener-
schaft oder vvn den Schmuckstücken, Waffen und Landeserzeugnissen, die
den fremden Machthabern zum Geschenk gebracht wurden. Noch heute sind
die Diplomaten angewiesen, zu „repräsentieren", nämlich würdige Feste
zu geben, doch ihre Diners und Bälle bleiben, so gut sie auch gelingen
mögen, sehr bescheiden im Verhältnis zu jenem Diplomatenluxus, den
vergangene Zeit entfaltete. Wie prächtig lietz ein Rubens bei diplomati-
schen Missionen den ganzen Reichtum seiner dekorativen Phantasie spielen!
Wie verstanden die Italiener der Renaissance, die Franzosen der Barock-
zeit aufzutreten, wie glänzend rüstete der Kalif seine Gesandten aus, die
dem Westen einen Begriff von orientalischer Würde geben sollten!

Der diplomatische Vertreter, der erfolgreiche Künstler, der gewinnstolze
Finanzmann zeigen das größte Luxusbedürfnis, Krieger und Bauer, sowie
der Ldelmann, der von beiden etwas hat, verachten ursprünglich den Luxus,
legen auf ihren alten oder berühmten Namen oder auf weitbekannte Tüch-
tigkeit den eigentlichen Wert und bekämpfen mit richtigem Instinkte alles,
was ihren Stolz übertrumpft und überglänzt, wie jene Dinge, die man
sich mit Geld allein verschaffen kann. Als die kleine, nüchterne, sitten-
strenge römische Republik zum siegestrunkenen, unermeßlichen, sittenlosen
Imperium wird, vollzieht sich auf uns schmerzliche Art der Nmschwung
in der Gesinnung, mit den neuen Männern triumphiert zuerst der Luxus
nnd dann, von > ihm ins Schlepptau genommen, der Komfort. Ganz
charakteristisch vollzieht sich der Wechsel in Lebensauffassung und -haltung
bei einem Mann, dessen Namen symbolisch wurde für den raffiniertesten
Luxus, dessen Gastmahle so unsterblichen Ruhm erlangten, daß sie den Ruhm
seiner außerordentlichen Kriegstaten vollständig verdunkelten.

Dieser Mann war Lucullus. Er entstammte einem verarmten, streng
denkenden und einfach lebenden Patriziergeschlecht. In seiner Iugend
gehörte er jener Geistesrichtung an, die Mäßigkeit und nüchterne Sitten

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