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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 22 (2. Augustheft 1914)
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Paquet, Alfons: Der große Gedanke der Missionen, [1]
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Bonus, Arthur: Siegfried Lipiner: zugleich ein Wort zur Judenfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0302

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und in der geistigen Auflösung der benachbarten islamischen Welt aus--
drückt. Während gegenwärtig Europa mit den politischen Problemen be-
schäftigt ist, die der Zerfall der staatlichen Macht des Islam im nördlichen
Afrika und in Westasien bietet, dringt das grüne Banner des Propheten
unaufhaltsam in den volkreichsten Gegenden Afrikas und des fernen Ostens
vorwärts. Es erscheint uns ganz natürlich und ist doch eigentlich eine
auffallende Tatsache, daß die geistigen Führer des modernen Panisla-
mismus, der besonders in Kairo und in Indien seinen Sitz hat und
sich durch die arabisch geschriebene Presse über alle Weltgegenden ver--
breitet, europäisch geschult sind. Anter ihnen befinden sich sogar zahl--
reiche in Rußland geborene und auf russischen Gymnasien erzogene Tar--
taren. Große Fortschritte macht der Islam gegenwärtig in Ehina und
auf Iava. In Afrika erleichtern die Europäer selbst mit ihren Expeditionen,
ihren Bahnen und den neu geschaffenen tzandelsverbindungen dieser
schnellen Ausbreitung des Islam durch indische Kaufleute und arabische
Händler den Weg. Fast überall ist dieser frische Anlauf zur Werbung für
den mohammedanischen Glauben als eine unmittelbare Folge der christ--
lichen Missionen nachzuweisen. Der Islam findet sich zwar schon seit
mehr als 800 Iahren in China und in Ost-- und Westafrika vor, aber
im schwarzen Erdteil begann erst seit wenigen Iahrzehnten, seit der Be--
seitigung des Menschenhandels und der Sklaverei durch die Europäer,
eine religiöse Bebenabsicht die Beziehungen der mohammedanischen Araber
zu den Negern zu beherrschen. Durch die Einfachheit seiner Lehre und
die Unmittelbarkeit seiner Seligkeitversprechung gewinnt er Chinesen so
gut wie Malaien und Neger und drängt sich so auch in den deutschen Ko--
lonien als ein starker Keil zwischen die Europäer und die eingeborene Be-
Völkerung. Alfons Paquet

(Schluß folgt)

Siegfried Lipiner

Zugleich ein Wort zur Zudenfrage*

^H-ms Iahr (876 schrieb Metzsche an Erwin Rohde: „Ganz neuerdings
^ I erst erlebte ich durch den Lntfesselten Prometheus einen wahren Weihe--
^^tag. Wenn der Dichter nicht ein veritables Genie ist, so weiß ich nicht
mehr, was eins ist: alles ist wunderbar, und mir ist, als ob ich meinem
erhöhten und verhimmlischten Selbst darin begegnete. Ich beuge mich

* Was Bonus hinsichtlich der Iudenfrage sagt, bitte ich, als einen weiteren
Beitrag zu der „Aussprache mit Iuden" zu betrachten, die der Kunstwart schon
früher eingeleitet hat. Allerlei Erscheinungen sprechen dafür, daß es bald Zeit
sein wird, sie mit ausführlicher Behandlung wieder aufzunehmen, und dann
werde ich auch über meine persönliche Stellung zur Iudenfrage so wenig
Anklarheit lassen, wie früher. Heute schon möchte ich aber bitten, Äußerungen
Zur Iudenfrage im Kunstwart nicht ohne weiteres als Außerungen des
Kunstwarts zur Iudenfrage aufzufassen. Im Kunstwart wird in dieser Sache
für und wider gesprochen, die Meinung der Schriftleitung steht
nur in den Beiträgen, welche der Schriftleiter selbst ge-
Zeichnethat. Es sind aber sowohl bei den Philo- wie bei den Antisemiten
Leute an der Arbeit, um mich auch wegen der „Aussprache mit Iuden" ihren
Gesinnungsgenossen als „einen von drüben" hinzustellen. Ein sehr lehr-
reiches Zeugnis dafür hat noch dieser Tage eine große konservative Zeitung
 
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