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Kunstwart und Kulturwart — 27,4.1914

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Heft 22 (2. Augustheft 1914)
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Bonus, Arthur: Siegfried Lipiner: zugleich ein Wort zur Judenfrage
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Cauer, Paul: Aus der Schule der Griechen, [3]: Orestes und Elektra
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https://doi.org/10.11588/diglit.14290#0307

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wie langweilig dergleichen Klugrederei ist. Es fehlt das Maß für den
Ernst, und man macht sich dann allerlei künstlichen Lrnst, dem man 'das
Wurzellose, Entwurzelte schon von wertem ansieht, allerlei Begeisterung
für Einzelziele, die ohne Verbindung mit dem Gesamtleben gepflegt und
gehätschelt werden, Kunst um der Kunst, Witz um des Witzes willen, und
was es dergleichen mehr gilt. Man suche also unsre Iuden zur Ent«
scheidung zu bringen. (Wozu Zwang — mittel- oder unmittelbar — das
ungeeignetste Mittel wäre!) Darin begrüße ich den Zionismus. Da
können sich die anschließen und ernst werden, die mit Ernst Iuden bleiben
wollen. Die aber für die deutsche Kultur optieren, die sollten es dann auch
mit Ernst. Ich bin nach wie vor von jeder Art Proselytenmacherei oder
Wunsch darnach weit entfernt, bin sogar gegen Mission, weil sie die Volks-
zusammenhänge zersetzt. Aber hier handelt es sich gerade um klare tzerstel«
lung des Volkszusammenhangs. Daß in unsrer Zeit so viele Deutsche eben
den religiösen Volkszusammenhang lösen, will für unsre Frage nichts be-
deuten: der Abergang zu unsrer Religionsform bedeutet sür den Iuden
etwas, das für jene nicht in Betracht kommt: er bedeutet den Lntschluß, das
anzueignen, dessen Fehlen trennend zwischen ihm und uns steht: unsre
Vergangenheit. Diese zunächst im reinen Willen vollzogene Aneignung
führt erfahrungsmäßig von selbst zur Verwirklichung in der Blutmischung.

Was nun diese Blutmischung betrifft, so ist natürlich vor allem als
tief undeutsch abzuweisen das widerliche Gebaren derer, die unsre Familien
nach jüdischem Blut durchschnüffeln — zum ungewollten Beweise dafür,
daß sie sich's dem Geist abzumerken nicht getrauen. (Um vergebliche Mühe
zu sparen: ich habe keines, ich stamme frisch vom Acker.) Die Sache
ist doch die: kein Iude tritt über, geschweige mischt sein Blut mit deut-
schem, der nicht entschlossen ist, den Teil jüdischen Blutes, den er zu ver-
erben hat, im deutschen untergehen zu lassen. Wir stehen also hier in
dem günstigen Fall, daß Wille und Phantasie klar sprechen, was bekanntlich
bei Blutmischung an den Grenzen oder in der Fremde durchaus nicht
immer der Fall ist.

Man macht sich oft lustig darüber, daß solche, die selbst jüdisches Blut
in sich haben, vielleicht selbst erst übergetreten sind, manchmal besonders
heftig sich vom Iudentum ab und zum Germanentum hinwenden, zum
Beispiel deutsches Altertum studieren oder den Germanismus gar an
der Quelle aufsuchen. Mir erscheint gerade dies nur natürlich: es ist
im Grunde nichts als die gerade Fortsetzung des Entschlusses zum Anschluß.

Artur Bonus

Aus der Schule der Griechen 3

Orestes und Elektra

^^^.ur sprechen will ich Dolche, keine brauchen", sagt tzamlet; der Geist
/ seines Vaters hatte ihn gemahnt, sein tzerz nicht zu beflecken, nichts
i, ^Arges gegen die Mutter zu sinnen. Klytämnestra fällt von der
tzand ihres Sohnes. Das war uralte Sage, ein Ausdruck des Glaubens^
daß die Blutrache, ohne die der Getötete im Grabe keine Ruhe findet,
jeder andern Pflicht vorgeht. Apollon selbst hat die Tat befohlen, hat
Bogen und Pfeile verliehen, um die Erinnyen abzuwehren; er entsühnt
den Mörder, der dann ungestört im Reiche seiner Väter herrscht. — Es
muß einst ein Epos gegeben haben, in dem der Verlauf ungefähr so er-

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