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Aadisches Gewerbeblatt.

Beilage zum Mannheimer MorgenblaLt Xo. 5.

Xo. 1. Mannheim 6. Januar. 1843.

Das,badische Gcwcrbeblatt" erscheint wöchentlich einmal. — Geeignete Beiträge, welche an die Redaction des Morgcnblattes in
Mannheim zu richten sind, werden von Jedermann mit Dank ausgenommen. — Bestellungen auf das „Mannheimer Morgenblatt" nehmen
alle Postanstalten Deutschlands an. Preis das halbe Jahr — vom i. Januar bis so. Juni — in ganz Baden mit Inbegriff der Post-
Gebühren st. 2. U8 kr.

Gewerbvereine.
Zu den erfreulichen Erscheinungen unserer
Zeit gehört es auch, daß mehr als je Manner,
welche nicht zu den gewerbtreibenden Standen
gehören, deren Verhältnissen ihre Aufmerksam-
keit schenken, namentlich an Gewerbe ere inen
Antheil nehmen. Von rein menschlicher Seite
betrachtet, beurkundet dieß, daß der Geist echter
christlicher Liebe immer mehr sich verbreitet, daß
man in seinem Mitbürger, wenn er auch nicht
denselben Lebensberuf verfolgt, nicht auf dersel-
ben Bildungsstufe steht, nicht gleiches Ansehen
und gleiche äußere Ehre genießt, die wahre Men-
schenwürde immer mehr achten lernt. Es zeigt
diese Theilnahme, daß die unnatürlichen Schran-
ken, welche das Volk in so viel verschiedene, wenn
nicht feindselig, doch kaltsinnig sich gegenüber-
stehende Klassen, als es Hauptberufsarten gibt,
geschieden hatten, gefallen sind; daß man
sich mehr und mehr als eine große Familie zu
fühlen beginnt, Freude und Leid als ein gemein-
sames Loos dahin nehmen will; daß man die
große Aufgabe des Lebens als eine gemeinschaft-
liche erkennt.
Wer aber auch diesen Geist der Liebe in sich
noch nicht zum vollen Bewußtsein gebracht ha-
ben sollte, kann sich wenigstens nicht verhehlen,
daß in dem Gewerbswesen die Bedingungen un-
serer jetzigen Cultur enthalten sind, daß die
Hülfsmittel, welche gegenwärtig der Ausbildung
unseres Geistes zu Gebote stehen und welche den
großartigen Verkehr zwischen den einzelnen Völ-
kern möglich machen, ohne unser jetziges Ge-
werbswesen nicht vorhanden fein würden.
Endlich aber, und das ist es, worauf hier
aufmerksam gemacht werden soll, ist in der neu-
ern Zeit zwilchen der Wissenschaft und dem Le-
ben eine Verbindung hergestellt worden, welche
man früher in dem Umfange nicht gekannt hat.
So lange auch schon die Menschheit den Schleier
der Natur zu lüften gesucht hat, so ist es doch

eigentlich erst seit dem vergangenen Jahrhunderte
und in der neueren Zeit gelungen, die Gesetze
der Naturerscheinungen näher zu erforschen und
tiefere Blicke in das Wesen dieser letzteren zu
thun. Mit dieser gewonnenen Einsicht ist aber
auch der Reiz und die Liebe für die Naturwis-
senschaften gewachsen, und es wird kaum einen
Gebildeten mehr geben, welcher nicht wenigstens
mit den allgemeineren und einfacheren Naturge-
setzen bekannt wäre. Während sonst nnr Wenige
vorhanden waren, welche die Naturwissenschaften
zu einem besonderen Studium machten, sind jetzt
überall eine große Anzahl zu treffen, welche diese
Wissenschaften neben ihrem Berufe als eine Lieb-
lingsbeschäftigung betreiben und tiefere Kennt-
nisse derselben besitzen.
Hat nun das Gewerbswesen von dieser er-
weiterten Naturkenntniß in sofern außerordentlich
gewinnen müssen, als Gewerbtreibende selbst der
letzteren sich theilhaftig gemacht haben, so ist
aber auch für jeden Anderen, welcher mit den
Naturwissenschaften bekannt oder gar vertraut
ist, die Befähigung entstanden, nicht nur Er-
scheinungen des Gewerbswesens beurtheilen, son-
dern auch in denselben Rathschlage zu Verbes-
serungen geben zu können.
Die Ausbildung des Gewerbtreibenden hin-
sichtlich seines Geschäfts findet nach zwei Seiten
statt: einmal in Bezug auf Geschicklichkeit
oder Kunstfertigkeit, welche in der Uebung seiner
körperlichen Glieder und geistigen Vermögen be-
steht und ihn in den Stand setzt, seine Gedan-
ken und Ideen auch gehörig auszusühren; dann
hinsichtlich seiner Kenutniß der Naturwissenschaft.
Jene erstere ist sein alleiniges Eigenthum; in
Betreff ihrer kann kein Dritter mitsprechen, wel-
cher nicht durch dieselbe Schute der Uebung ge-
gangen ist; jedes gültige Urtheil kann hier nur
auf eigener Erfahrung beruhen; es entscheidet
nicht Theorie, sondern Praxis. Anders dagegen
verhält es sich hinsichtlich des Naturwissenschaft-
 
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