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Padisches Gerverbeblatt.

Beilage zum Mannheimer Morgenblatt No. 193.

No. 33. Mannheim 18. August. 1843.

Das , Badische Gcwerbeblatt" erscheint wöchentlich einmal. — Geeignete Beiträge, welche an die Redaktion des Morgcnblattcs in
Mannheim zu richten sind, werden von Jedermann mit Dank ausgenommen. — Bestellungen auf das „Mannheimer Morgenblatt" nehmen
alle Postanstalten Deutschlands an. Preis das halbe Jahr — vom i. Juli bis 3i. Dezember — in ganz Baden mit Inbegriff der Post.
Gebühren sl. 2. as kr. — Zn Würtembcrg, Baiern, Hessen, Sachsen, Preußen, Schweiz, Frankreich re. etwa sl. 5. so kr.

Die arbeitenden Klaffen.
Unter den Vorurtheilen, die man von ver-
schiedenen Seiten in der Gegenwart zu nähren
und auf alle mögliche Weise zu befördern sucht,
ist keines mehr zu bektagen als dasjenige, wel-
ches mit der Behauptung austritt, das Maschi-
nenwesen in seinem eigensten Character laufe
den Interessen der arbeitenden Klassen schnur-
stracks zuwider, und olles Elend und alle Noch,
welche diese Klassen zu erdulden haben, werde
durch dasselbe verschuldet. Es findet dieses Vor-
urtheil selbst unter den arbeitenden Klassen bei
der im Durschnitte noch weitaus unzulänglichen
Bildung und Aufklärung einen nur zu günstigen
Boden, mit eben so großer Zähigkeit, ja Hart-
näckigkeit halten diese daran fest, als man von
andern Seiten, wo man auf einem viel höhe-
ren Standpunkte der Bildung zu stehen wähnt,
ihm leichtfertig und gedankenlos beipflichtet.
Es ist eine klägliche, eine erbärmliche Weis-
heit, die etwas als ein in seinem Wesen tiefes,
krebsartiges Nebel bezeichnet und nicht im Stande
ist, irgend ein Mittel zur Ausrottung oder zur
Heilung desselben vorzuschlagen. Und in diesem
Falle sind Alle, welche über den Pauperismus,
als die Ursache des Maschinenwesens, Klage
führen und offene, äußere Thatsachen und Er-
scheinungen, ohne der Sache auf den .Grund
zu gehen, für die Nichtigkeit ihrer Klagen an-
führen.
Die windelweiche Philantropie, welche „der
Ketten Last, die sie nicht zerbrechen kann, ver-
größert," indem sie auf das Fernste, Entlegenste,
Unerreichbare mit ihren Jammern hindeutet und
das vor ihren Füßen, ihren Augen Liegende
unbeachtet läßt, — diese thörichte Philantropie
ist es, welche am lautesten ihre Stimme über
den Fluch des Maschinenwesens erhebt und aus
seiner Herrschaft das allgemeine Elend voraus-
sagt. — Wenn die zahlreichsten Klassen der
Gesellschaft bei uns — welchen man gleichsam

wie in eigener Anklage psr «xeollenee den
Namen der arbeitenden zugewiesen, wirklich im
Durchschnitt so roh, so unwissend, so unmora-
lisch sind, wie man von jener Seite bei der-
gleichen Erörterungen stets behauptet — und
leider kann man diese Behauptung in vieler
Hinsicht keineswegs in Abrede stellen — wenn
wirklich das moralische Elend in diesen Schich-
ten der Gesellschaft das leibliche noch überwiegt:
so wird kein Menschenfreund seine Zustimmung
seine Unterstützung vorenthalten, wenn es gilt,
für diese Kreise Bildungsmittel zu schaffen, die
geeignet sind, den Druck und die Schmach sol-
cher Versunkenheit von ihnen zu nehmen. Aber
wohl ist zu bedenken, daß, so lange physischer
Mangel, so lange das hohläugige Elend, die
bange Sorge um Leibesnothdurft und Nahrung
den Arbeiter niederdrückt, die moralischen Bil-
dungsmittel wenig anschlagen werden. Die Ein-
sicht, welche ihm dadurch sicheröffnet, wird ihn
nur tiefer niederbeugen, ihn die Trostlosigkeit
seines Zustandes nur drückender empfinden las-
sen. Deshalb muß die Verbesserung seines leib-
lichen Wohls, wenn nicht voraus, doch mit je-
ner geistigen Bildung zur Seite gehen.
Die Verbesserung des materiellen Zustandes
kann aber blos Statt finden, wenn dem Ar-
beiter Gelegenheit geboten wird, seine Kräfte
und Anlagen in Ausübung zu bringen, mit ei-
nem Worte durch lohnende Beschäftigung; schafft
die Bedingungen für letztere und der Anfang
mit der Emanzipation der sogenannten untern
Klaffen ist gemacht, sobald ihr es nur zudem
euch angelegen sein laßt, ihnen die Tugenden
der Ordnung, der Sparsamkeit und der Ent-
haltsamkeit ewzuimpfen. Was schlägt aberdie
Gegenseite anstatt dessen vor: Sie will das Ma-
schinenwesen abschaffen oder beschränken, d. h.
nichts Anderes als die Mittel zernichten, wo-
durch es eben möglich wird, die zahllose Menge,
zu der die Bevölkerungen in wohl eingerichteten
 
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