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Padisches Gewerbeblatt.

Beilage zum Mannheimer Morgenblatt No. 240.

No. 40. Mannheim 13. Dctober. 1843.

Das , Badische Gewcrbcblatt" erscheint wöchentlich einmal. — Geeignete Beiträge, welche an die Redaktion des Morgenblattes in
Mannheim zu richten sind, werden von Jedermann mit Dank ausgenommen. — Bestellungen auf das „Mannheimer Morgenblatt" nehme»
alle Postanstalten Deutschlands an. Preis das viertel Jahr — vom l. October bis zi. Dcjembcr — in ganz Baden mit Inbegriff der Dost.
Gebühren sl. i. 24 kr. — In Würtemberg, Baiern, Hessen, Sachsen, Preußen, Schweiz, Frankreich re. etwa sl. l. 45 kr

Neber -en Zustand -er arbeitenden
Klassen und die Mittel zur Verbesserung
desselben.
(Schluß.)
Wer immer mit unbefangenem Auge den
Verhältnissen, in denen sich die arbeitenden Klassen
gegenwärtig befinden, Aufmerksamkeit gefchenkt,
wird gestehen müssen, daß in Zeiten, wo Han-
del und Verkehr lebhaft und in Folge desselben
hinreichender Arbeübegehr vorhanden ist, im
Durchschnitt die arbeitenden Klassen ihr Aus-
kommen haben, so zwar, daß in Ländern, wo
die industrielle Thätigkeit besonders blüht, wie
in England, Frankreich rc., das Loos dieser Be-
völkerung in solchen Zeiten sogar ein nicht un-
günstiges genannt werden kann, da ihr Verdienst
ihnen die Mittel bietet, sich Bequemlichkeiten und
Genüsse zu verschaffen, die in andern Ländern,
wo die Produktionsthätigkeit noch nicht diese
Höhe erreicht, kaum den wenigsten Personen aus
dem Mittelstände zugänglich sind.
Wenn in solchen Zeiten die von ihrer Hand-
arbeit lebende Bevölkerung an die Zukunft dächte,
wenn sie nicht, wie sie es im Allgemeinen zu
thun pflegt, je größer das Verdienst, je höher
der Lohn, desto nachlässiger, desto ausschweifen-
der wäre, so könnte sie sich mit den Ersparnissen,
dem Zurückgelegten in den Tagen, wo Stockung
der Geschäfte, unzureichende Arbeit, oder gar
Arbeitslosigkeit eintritt, entweder das nothwen-
dige Auskommen sichern, oder die Sparpfennige
dazu benutzen, irgend eine andere Beschäftigung
zu ergreifen, womit sie sich durch helfen könnte.
Es wird so leicht keinen Arbeiter geben, der bei
voller Beschäftigung nicht sehen kann, wie viele
seiner Mitgenvssen mit weit geringerem Verdienste
durchzukommen wissen; ja die Beispiele sind gar
nicht selten, wo die Einen eine Ersparniß zu
machen verstehen, während die Anderen in den
besten Zeiten ihren wöchentlichen Lohn in den
ersten Tagen der Woche durchzubringen pflegen.

Die Ausschweifungen und das unordentliche
Leben cher Fabrikarbeiter find beinahe sprüch-
wörtlich geworden. Diese Mängel sind es,
welche von den Klassen selbst, die davon be-
haftet sind, entfernt werden müßen, um die
erste Staffel zur Verbesserung ihres Looses her-
zustellen. Nur der Sittliche, der sich selbst Be-
herrschende, der Nüchterne kann mit Erfolg auf
die Beseitigung des ihm von außen kommenden
Nebels hinarbeiten, er nur kann mit Nachdruck
auf eine größere Berücksichtigung von Seite der
Gesetzgebung und der gesellschaftlichen und po-
litischen Einrichtungen dringen, nur er kann sich
die Einsichten verschaffen, auf welch gestattetem
und vernünftigem Wege er zur Erlangung jener
gerechten Rücksichtnahme kommen kann. — Auf
anderer, von blinder Leidenschaft und verblen-
detem Rachegefühl vorgezeichneter Bahn wird er
immer die in ihrer Existenz bedrohte Gesellschaft
eng aneinander geschlossen sich gegenübersehen
und die schwere Strafe des Unterliegenden in
mehr als einer Rücksicht tragen müssen, wäh-
rend es, sollte es ihm hier und da auch für
den Augenblick gelinge«, die materielle Ober-
hand zu gewinnen, in unfern Verhältnissen es
nicht möglich ist, daß irgend eine dauernde
Verbesserung des Looses der arbeitenden Klassen
daraus hervorgehen kann.
Ein Arbeitsmann, der bei einem guten Gange
des Geschäfts, worin er beschäftigt ist, mit sei-
ner Familie wöchentlich 7 fl. verdient, wird,
wenn er davon 30 kr. wöchentlich zurücklegt, am
Ende des Jahres 26 fl. Ersparnisse besitzen; er
wird durch die Einschränkungen, die er seiner
Lebensweise auferlegt hat, durch die Regelmäßig-
keit und Ordnung, welche eine unmittelbare Folge
derselben sind, an Ansehen bei seinen Mitarbei-
tern, wie bei seinem Arbeitsgeber bedeutend ge-
wonnen haben; er wird deßhalb bei einer un-
günstigen Wendung des Geschäfts sicher darauf
rechnen können, daß er unter diejenigen des
 
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