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Größler, Hermann [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 18): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Gebirgskreises — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25512#0008
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Vorwort.

merkwürdige Stätte umschlossen haben, wie euch früh- oder vorgeschichtliche
Grabhügel wegen der fetten Dammerde, aus der sie meist bestehen, rück-
sichtslos abgefahren, um sie zur Düngung zu verwenden; nicht nur werden
uralte Steinsetzungen, Malstätten aus grauer Urzeit, wie euch von Sagen
nmwobene und mit Spuren vorgeschichtlicher Menschenhand gezeichnete Steine
unbedenklich mit Pulver und Dymimit gesprengt, um in bequemer Weise
Material zu Wegebauten zu erlangen, sondern auch höchst lehrreiche Grab-
stätten samt Dihalt werden zerstört, ohne dass ein Mann der Wissenschaft
zu Rate gezogen würde, um der Nachwelt wenigstens eine Beschreibung
und wissenschaftliche Würdigung dessen zu hinterlassen, was beseitigt werden
soll. Nicht minder schonungslos wird mit den Altertümern aus geschicht-
licher und christlicher Zeit aufgeräumt. Höchst interessante und lehrreiche
Bildwerke aus der Frühzeit der christlichen Bildhauerkunst und Malerei sind
bis zur Unkenntlichkeit übertüncht, wertvolle Originalgemälde oft bedeutender
Künstler von Lackierern und Anstreichern, weil das billiger zu stehen
kommt, „renoviert" worden. Die Figuren alter Altarschreine werden von
den Kirchenbesuchorn gelegentlich mit nach Hause genommen, um als
Brennholz beim Kafi'eekochen zu (Heuen; die ältesten und noch durchaus
brauchbaren Erzeugnisse der Glockengiesserkunst werden zerschlagen und
Arbeit suchenden Banausen gegen Anrechnung des Metallwertes hingegeben,
weii angeblich oder wirklich das Geläute der Kirche keine ganz reine Terz
oder Quinte hat; ganze Altarschreine aus katholischer Zeit oder doch Teile
derselben werden beseitigt, weil sie nach der Meinung mancher Geistlichen
das evangelische Bewusstsei]! zu schädigen drohen; uralte Kruzifixe lässt
man dem Verderben verfallen, bloss weil sie infolge ihres hohen Alters
wurmstichig geworden sind oder von dem heute üblichen Typus abweichcn;
altromanische Taufbrunnen, welche dem geläuterten Geschmack der Gegen-
wart zu plump erscheinen, werden zu Viehtränken oder im günstigeren Falle
zu BJlanzenkübeln herabgewürdigt; Jahrhunderte lang erhaltene Grabsteine
werden zerschlagen, zu Treppenstufe]] zersägt oder den Figuren die Nasen
und Hände abgeschlagen, weil sic einer ausgestorbenen Familie angehören,
auf die man keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen glaubt und vieles
dgl. m. Namentlich gegen die alten Glocken wird ein förmlicher Vernichtungs-
krieg geführt. In der mehr als anderthalb Jahrzehnte umfassenden Zeit,
während der ich diesen Denkmälern der Vergangenheit meine Aufmerksam-
keit zugewandt habe, sind etwa ein Dutzend der merkwürdigsten Glocken,
die ich noch mit Augen gesehen, auch solche, die ich erst zu besichtigen
und zu beschreiben gedachte, in vielen Fällen ohne jeden wirklich triftigen
 
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