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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 3.1907

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Heft 6
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Vermutungen zur Maltechnik des Niklas Manuel, genannt Deutsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.27900#0119

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Nr. 6.

91

BLÄTTER FÜR GEMALDEKUNDE.

Ölmalerei, die von Italien und von den
Niederlanden nun erst hereinkommt.
Das 18. Jahrhundert bleibt, das Pastell
ausgenommen, der Öltechnik als Groß'
macht treu, die erst gegen Ende des
19. Jahrhunderts merklich eingeschränkt
wurde und heute fast nur mehr neben
allen erdenklichen anderen Techniken
mitläuft. Indes beabsichtigen diese Zeilen
anderes, als eine Geschichte der Ölmalerei
zu skizzieren.

In bezug auf die alte Misch'
tempera möchte ich eine Beobachtung
mitteilen, die ich an dem Lukasbilde des
Niklas Manuel, genannt Deutsch,
im Berner Museum gemacht habe. Das
Malgerät betrachtend, das auf dem
Bilde dargestelltist, und Beziehungen
suchend zwischen dem Technischen am
Bilde selbst zu den dargestellten Mal'
mittein, fiel mir folgendes auf. Links
auf der Truhe mit dem Farbenkasten,
den herausgelegten Pinseln und dem
Farbenmesser steht etwas entfernt von
den Farbennäpfchen und Schälchen eine
Art kleiner Topf mit einem Stäbchen
darin. Wozu das Stäbchen? Der Maler
brauchte doch nichts zu rühren? Die
Farbenmischung machte er auf der
Palette, wie man deutlich sehen kann;
sein Trockenöl brauchte er nicht zu
rühren, da es nach den alten Rezepten
zu urteilen, klar und ohne Satz, ohne
Niederschlag war. Was hatte er dann
zu rühren ? Ich möchte nahezu fest be'
haupten, daß er eine Emulsion von Ei'
weiß und Öl im Näpfchen bei sich stehen
hatte. Diese Emulsion wird vorteilhafter'
weise stets von neuem umgerührt, um
die drohende Scheidung der beiden Stoffe,
die im spezifischen Gewicht so verschieden
sind und keinerlei chemische Verwandt'
Schaft zueinander haben, aufzuhalten.
Das Stäbchen deutet ziemlich bestimmt
auf die Notwendigkeit des Umrührens
hin. Daß sich das Rühren und Mischen
nicht auf die Farben bezieht, wurde schon
erörtert. Wir haben keinen Anstreicher

vor uns, der mit einem Farbenton große
Strecken färbelt, sondern einen Künstler,
der mit vielen feinen zarten Übergängen,
vertreibend, abtönend malt. Die Misch'
tempera der Eiweiß'Öl'Emulsion erlaubt
eine ähnlich freie, flüssige Behandlung,
wie die Ölfarbe. Man malt und tont
naß in naß. So ist denn auch das
Lukasbild des Niklas Manuel gearbeitet.
Sein Aussehen würde an und für sich
auf die Vermutung führen, daß es in *
Mischtempera gemalt sei. Nun kommt
noch die Beobachtung dazu, daß der Maler
ein Bindemittel bei sich stehen hatte, wel-
ches umgerührt sein wollte, das also

Truhe mit dem Malzeug des Niklas Manuel.

nicht Öl allein, nicht Firnis allein, nicht
Eiweiß allein gewesen sein kann. Es muß
eine Mischung gewesen sein, die keine
Beständigkeit hatte. Ist da, alles ZU'
sammengenommen, die Vermutung zu
kühn, bei Niklas Manuels Lukasbild
Mischtempera als'1'-Bindemittel anzu'
nehmen ?

Die beigegebenen Abbildungen
werden der Freundlichkeit des Herrn
Direktors Eduard Davinet am Berner
Kunstmuseum verdankt. Davinet machte
mir die Veröffentlichung des Bildes zu'
gänglich, die im Handel nicht zu haben
ist und sich findet in: „Berner
Kunstdenkmäler, herausgegeben
vom Kantonalen Verein für Förderung
des historischen Museums zu Bern,
vom historischen Verein des Kantons
 
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