Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0203

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wenig operieren. Es ist nun die Frage, ob vielleicht
ein Nachforschen nach der auf dem Grazer Bild-
nis (Abb. 133) dargestellten Persönlichkeit die Da-
tierung desselben ermöglicht.
Die Berliner Vorzeichnung (Abb. 132) wurde vom
Künstler selbst bezeichnet: ,,jörg . . . propst des
kardinals secretary". Der Zuname ist leider nicht
mehr deutlich leserlich. Woltmann und Glaser la-
sen ihn Conrad, was Bock, der Sunrad und Sumer
in Frage stellt, lebhaft bezweifelt. Auf dem Ge-
mälde aber sind zwei Wappen auf Siegelringen
deutlich nachgebildet. Den einen größeren Siegel-
ring trägt der Dargestellte an einer Schnur um den
Hals, den zweiten am Daumen der linken Hand
unter dem hier auf geschlitzten weißen Handschuh.
Der größereRing an der Schnur enthält offensicht-
lich das Wappen des Herrn, an dessen Statt oder
für den der Jüngling zu siegeln berechtigt ist, der
kleinere Ring an der Hand aber sein eigenes Wap-
pen. Der größere Ringstein zeigt die Buchstaben:
L. v. W. und ein viergeteiltes, als Siegel natürlich
im Spiegelbild abgebildetes Wappen, u. z. in 1 und
4 das Wappen des Bistums Gurk, in 2 das Wappen
der Augsburger Dompropstei und in 3 aber den
Schild der Augsburger Welser. Bischof von Gurk
war in der in Betracht kommenden Zeit, u. zw. seit
dem 12. Oktober 1505, Matthäus Lang, seit 1500
Augsburger Dompropst. Er führt seit der 1507 er-
folgten Belehnung mit Wellenburg dieses Prädi-
kat, wurde am 18. Dezember 1511 zum Kardinal
kreiert, erhielt am 25. November 1512 den Purpur
in Rom, war seit 1514 Koadjutor des Erzbischofs
von Salzburg Leonhard von Keutschach und wurde
an dessen Todestag, dem 8. Juni 1519, Erzbischof.
Es ist daher anzunehmen, daß das Wappen^) in
3 falsch gezeichnet ist und statt dem silber- und
rotgespaltenen Schild mit der gewechselten Lilie

eine halbe rote Rose in Silber und eine halbe sil-
berne Lilie in Rot, das Wappen des Matthäus Lang
darstellen soll. Diese Tatsachen stimmen mit der
Aufschrift auf der Zeichnung überein. Der kleinere
Ring enthielt die Buchstaben G. S. (allenfalls auch
C. H. zu lesen) und gleichfalls ein Wappen: in
gelbem Schild ein roter Querbalken, darin ein gol-
dener Stern. Dieses Wappen hatteDr. Stefan Kekule
vonStradonitz die große Liebenswürdigkeit als das
des Lindauer Stadtjunkergeschlechts ,,Haider",
später ,,Haider von Mollenberg" (silbernes Schild,
in dem Schild ein roter Querbalken, darin ein gol-
dener Stern) zu deuten. Darnach müßte der dar-
gestellte Jörg (Georg) Haider geheißen haben. Ich
muß allerdings gestehen, daß ich diesen Namen
mit der Inschrift der Zeichnung schwer in Ein-
klang bringen kann. Jedenfalls aber war der Dar-
gestellte^) Sekretär, u. zw., da er nach Mitteilung
von Regierungsrat Martin in den Salzburger Be-
amtenlisten nicht vorkommt, Privatsekretär des
Kardinalbischofs Lang von Wellenburg. Da die
Zeichnung den Augsburger Propst ausdrücklich
als Kardinal bezeichnet, Matthäus Lang den Pur-
pur aber erst Ende des Jahres 1512 erhielt, haben
wir einen terminus post quem für die Entstehung
des Bildes, das andererseits nach dem Wappen vor
der im Juni 1519 erfolgten Wahl Längs zum Erz-
bischof von Salzburg gemalt sein muß. Da der
Kardinal, der sich auch im Fasching 1515, zu Ma-
ria Lichtmeß 1516 und im August und September
1518 während des Reichstags in Augsburg auf-
hielt, am 13. Jänner 1514 mit großem Pomp seinen
Einzug als Kardinal in Augsburg hielF), ist es
wahrscheinlich, daß er erst zu diesem Zeitpunkt
in der freien Reichsstadt einen Sekretär ernannt
hat, so daß der Zeitpunkt der Entstehung des Gra-
zer Bildes sich weiter verengt. Wir haben also in
dem Gemälde ein Spätwerk Holbeins vor uns.
führen.
3) Auch diese Daten verdanke ich Graf Friedrich Lanjus.

183
 
Annotationen