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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0286

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Die drei Altäre dürften nicht die einzigen erhalte-
nen Frühwerkc des Augsburgers in Österreich
sein. Ihre Kenntnis wird jetzt vielleicht noch man-
ches weitere Stück zutage fördern. Die Stiftsgalerie
von St. Florian besitzt zwei doppelseitig bemalte
(auseinandergesägte) Altartafeln (94X38,5), mit
den Heiligen Martin, Katharina und Elisabeth (Ab-
bildung 194)0, Andreas und Christoph auf den
einen, der Heimsuchung und Epiphanie auf den
anderen Seiten. Sie sind aus Hreu's Werkstatt her-
vorgegangen, Breusche Erfindungen liegen ihnen
wahrscheinlich zugrunde. Dem Stil nach sind sie
bald nach dem Melker Altar entstanden. Möglicher-

weise haben wir in ihnen denselben Maler vor uns,
dem Büchner die inneren Melker Tafeln gibt.
Es scheint durch die Tätigkeit Breus, der ja nach
seiner Heimkehr mit zu den wichtigsten Bildungs-
faktoren der modernen schwäbischen Malerei
zählte, die Prädisposition für einen stärkeren Xu
lluß Stadtaugsburger Kunstelemente nach Öster-
reich in den nächsten Jahrzehnten, sei es durch
importierte Kunstwerke, sei es durch deren lokale
Nachfolge, geschallen worden zu sein. Man findet
von ungefähr 1510 an nicht nur wichtige Augsbur-
ger Arbeiten auf österreichischem Boden, sondern
auch zahlreiche österreichisch provinzielle Ableger
der neuen Augsburger Malerei.

Exkms I. DIE SCmiEINEIGUHEN.

Die Schrcinplastiken (Ahh. 195) gehören zu den
schönsten Werken der spätgotischen Holzschnitze-
rei auf österreichischein Boden. Ebenso wie die
Ehigel sind sie augsburgisch. In der Mitte des qua-
dratischen Schreins thront die Madonna mit dem
Jesuskind, llankiert von den stehenden Gestalten
der Heiligen Bernhard und Benedikt. Die Fassung
stammt aus der Zeit der Altarrestaurierung. Die
Skulpturen fallen in eine Gruppe von in der letzten
Zeit wieder rege besprochenen Werken, deren erste
Aufstellung auf Vüge') zurückgeht und die jüngst
durch die glückliche Bestimmung der Rosenkranz-
madonna von Frauenstein durch Ernst Kris und
Karl Feuchtmayr ') eine wesentliche Bereicherung
erfuhr. Ich will mich in die subtile Scheidung von
Händen, in die Aufteilung der Stücke auf Michael
und Gregor Erhärt, die ich bis jetzt noch für hypo-
thetisch halten muh, nicht einlassen. Ich will nur
die engste Zugehörigkeit der Zwettler Schreinfigu
ren betonen. Leider ist es mir nicht möglich,
-) Der Meister des Biaubeurer Hochaltars und seine Madonnen. Cice-
rone, II., 1909.
P Uber Gregor Erhärt, Z. f. b. K. 1926/27, S. 25 ff.

genaue Detailaufnahmen, die die Beweisführung
erleichtern, vorzulegen. Feinste und letzte Kri-
terien sind ja doch nur hei Autopsie einleuchtend.
Die stärkste innere Verwandtschaft verbindet die
Skulpturen mit dem Frauensteiner Gnadenhilde.
Zwei Dinge müssen dabei vor Augen gehalten wer-
den: das frühe Datum 1500 — die kleinen Dimen-
sionen. Bei dem Vergleichsmaterial handelt es sich
durchgehends um große Stücke, deren monumen-
tale Anlage schon von Natur aus von dem zier-
lichen Kleinwerk in Zwettl abweicht. Der (Charak-
ter der Zwettler Figuren ist neben dem ernsten
Frauensteiner Werk, neben der feierlichen Kais-
lieimer Madonna puppenhaft, unruhig, ausgespro-
chen unmonumental. In Frauenstein füllen die
ernsten, großen Gesichtszüge die Fläche des Ant-
litzes völlig aus; in Zwettl stehen die Züge klein,
minutiös in einer viel größeren Fläche — die Stirn
erstreckt sich fast so hoch wie das übrige Ant-
litz —, was sehr zu dem Ausdruck puppenhafter
Lieblichkeit der Madonna beiträgt. Doch dem (auf
der Mensa stehenden) Nahbeschauer entdeckt sich
innerhalb des niedlichen ,,Donauschulovals" ein

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