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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 13.1912

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Nr. 7
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Ebhardt, Bodo: Der Schloßbau, 3, Art der Bauaufgabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.31850#0151

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141

Iahren aus diesem Gebiete studiert zu haben. Ein Blick auf die Grundrisse unserer mittel-
alterlichen Burgen schon ergibt das Gegenteil, viel mehr noch ein Studium alter Schloßbauten.

Was kann es schöneres geben als einen sreundlichen und würdigen Empfang durch einen
grotzen Herrn unter den Toren eines Schlosses, dessen eindrucksvolle Baumassen dem im
schnellen Automobil oder schönen Fuhrwerk ankonimenden Besucher schon sür das edle Innere
dieserkostbarenSchalemit hochgespanntenErwartungen erfüllt haben? DerWagen sährt unter
einer weiträumigen Vorhalle vor; mächtige Pseiler treten weit vor die Fassade des Schlosses
und tragen ein hoch und leicht gespanntes Gewölbe, von dessen Decke prächtige Laternen herab-
hängen, geeignet, bci Dunkelheit eine große Lichtsülle zu verbreiten (Abb. 117 u. 118).
Mit dieser Untersahrt beginnt der Eindruck des Innern, des Persönlichen eines Schlosses aus
den Besucher zu wirken. Ihre Form und Abmessung ist daher sorgfältig zu erwägen. Bei
neueren Schloßanlagen wird oft der Fehler gemacht, die Unterfahrt in zu kleinen Dimensionen
anzulegen oder ganz zu vergessen; sie sollte bei keinem Schloßbau sehlen und geschickt so gelegt
sein, daß sie selbst sür mehrere Fuhrwerke vollständig Raum bietet und für alle Möglichkeiten
bei der Ankunst und Abreise oft vieler Gäste oder bei der An- und Absahrt zahlreicher
Personen, z. B. von Iagdgesellschaften, ausreichend ist. Auch Platz sür die zahlreiche Diener-
schast, die bei solchen Gelegenheiten an den Wagen beschäftigt ist, sollte vorhanden sein

Die ossene Halle muß ferner im Verhältnis zum Innern so angeordnet werden, daß
sie dem dahinter liegenden geschlossenen Vorraum nicht Licht und Luft nimmt. Sic muß
so liegen, daß es möglich ist, in schneller Fahrt bis unter ihren Schutz zu gelangen, auch soll sie
möglichst nicht an der Wetterseite angeordnet werden, wodurch ost nötig wird, sie nach-
träglich mchr oder weniger zu schließen.

Verläßt der Gast in der Anterfahrt den Wagen, so sollen ihn einige wenige Stufen in
den ersten Vorraum, die eigentliche Vorhalle des Schlosses bringen. Dieser geschlossene Raum
ist nur sür den Empfang der Menschcn bcstimmt und zur Not sür das kleinste Handgepäck, das
diese bei sich sühren. Alle größeren Gepäckstücke sollten nach einem besonderen Eingang geschasst
werden, über den noch zu sprechen sein wird, und von dort durch Aufzüge oder Neben-
treppen in die Räume der Besucher geschasft werden.

Die Vorhallc gibt dem Schloßherrn Gelegenheit, seine Gäste in würdiger Amgebung zu
bewillkommnen. In diesem Raum soll also schon dic Repräsentation zu Worte kömmen. Ie
nach der Art des Schlosses, dem Alter des Baues und seinem Charakter wird die Halle daher
reicher geschmückt sein.

Die Gotik und die noch srühere Zeit der romanischen Baukunst schmückten ihre Hallen,
soweit wir überhaupt unterrichtet sind, durch das Aufhängen von Wehr und Wassen, von
Geweihen und Iagdtrophäen, durch Anbringen von großen Fackelhaltern und durch riesen-
haste Kamine. Ähnliche Mittel werden sich heute mit künstlerischem Erfolge schon in den Vor-
hallen verwenden lassen, die mittelalterlich gestaltet sind. Die Renaissance- und Barockzeit ver-
wandte hier gern große Säulenstellungen, mächtige Treppenanlagen, Statuen und andere
Anlagen von mehr klassischem Charakter.

Der Eindruck, den solche Hallc auf den Ankommenden macht, ist jedenfalls sür seine
Beurteilung der ganzen Lebenshaltung des Schloßherrn und der Bedeutung des Baues von
großer Wichtigkeit. Nach langer kalter Fahrt, womöglich durch Dunkelheit, wird er gern in
einen schönen, erhellten und weiträumigen Vorraum eintreten. Anangemeldete Besucher
und unverhosft Ankommende, die gezwungen sind, auf eine Begrüßung zu warten, werden
mit Muße die Schönheiten des Raumes in sich ausnehmen.
 
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