Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 5.1903-1904

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Radinger, Karl von: Schloß Velthurns
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31827#0012

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4

sind dazwischen angebrachr, die gcschnitzren Rosen und die Gesiinsleisren reich vergolder. Die Tür-
unrrahmungen bauen sich aus allen Nlorivcn des Lorinenschatzes der Renaissancc auf. Saulen, Halbsaulen
oder Pilaster rragen die Arrika, über der sich dann crst der reich gegliederte Giebelaufbau init Ronsolcn,
kAischen und bekrönendcn 1?asen erhebr. Die Türen selbst zieren außerft zarce Inrarsien aus dcn
edelften Holzarren. Einfacher ist die Wandtafelung; inehr oder ininder energisch vorftehcnde Pfeiler
reilen sie in einzelne Felder, dic incist als Älcndnifchcn gcdachr sind. Ein Gesims scbließr dann die
gerafclre Wandflache ab. Wandkastchcn wicderholen im Rleinen die Morive der Türumrahinungen,
die Lelder der Wandrafclung kehren in den Erkerverschalungen wieder. Der schmale Wandftreifen,
den der Tischler freigelassen, erhiclr Freskoschmuck von dcr ^and iralienischer kNalcr. pierro Äagnacore
stellce I58Z für 5O0 Goldkronen die Malereien dcr Galaraume her, Michaele und Grazio aus Brcscia
malren l 581 das erfte Grockwcrk aus.

Es sind wcnig ansprechende Werke, rcils biblischen, reils myrhologisch-allegorischen Inhalrcs
wie die sieben Weltwunder^), Personifikarionen von Tugendcn und Lastern, deren einziger Aeiz, das
lebhafre Rolorir, in Lolge der schlechcen Erhalrung ftark bccinrrachrigr wird. Weir geschmackvoller isr
alles rein Dekorarive: dic Erkcrwölbungen, die Umrahmungen dcr Bildfelder mir ihren Ronsolen, Hermen
und Lruchtkranzen ausgcfallen. Auch die Fenster rrugen farbigen Gchmuck; der Augsburger Glasmalcr
Andreas Gilcingcr lieferre 1580 50 in Glas gemalre wappen und Impresen des Bischofs für l 52
Gulden. "l?on alien haben nur zwci Scheiben die Grürme der Zeir überdauerr. Augsburger Arbeir
sind auch die geschmackvollen Türbeschlage und kunstvollen Gchlösser des zweiren Grockwcrkcs, wahrend
alle andere Gchlosserarbeir ans Bripner Werkstarren hervorging. Besonderc Beachrung verdienr der
weiße und blaue Majolikaofcn des cinen Fürstenzimmers; er ruhr auf Eöwen und isr mir biblischen
Gcenen und den bischöfiichen wappcn bemalt, die phanraftische ?Zekrönung würden wir aber gerne
vermissen. Hergestellc wurde cr von dem Bozner Hafner s?ierschdorfer; die übrigen Mfcn aus grün
glasierten Racheln mir Wappen in Relief sind Bripncr Fabrikar. Der Gteinmetzcn Tacigkeir beschrankre
stch auf die >oerstellung des „walschen" Ramincs im oberen Saal und des Wappens am Hofrore.
k?on der ursprünglichen Einrichcung dcr Gemacher: den wappenvcrzierren „^offtühlen" und Becrstacren,
den sammergepolfterren Scsseln und cürkischen Teppichen hat sich nichrs erhalren, verschwunden ist
auch die myrhologische Brunnengruppe, die 1581 dcin ?1ugsburger Erzgießcr Reißinger übertragen
wurde; anderes, wie das scbmicdeeisernc Balkongelander und einige Mfen wurde erst in neuercr Zeic ver
schleppr. Zum Schlusse ware noch des Gchmuckes der Rapclle zu gedenken. Sie wurde auf Äefehl des
Rardinal Andreas von Msterreich 15?? von dem Bripncr Nkaler Hans Gchmid ausgcmalt und durcb
rNeifter Rumpfer aus dem nahen Rlausen mir einem Flügclalrar und eingelegren Rirchcnstühlen aus
gestatrer. Auch davon ist keine Gpur mehr zu finden. Übcrblicken wir das Ganze, so ist der Eindruck,
den wir empfangen, crotz der südlichen Raumverrcilung, den iralienischen Freskomalereien und Stein
arbeiren, doch ein cchr deurschcr. Dazu mag in erster Einie das Übcrwiegen des »Iolzmacerials
beitragcn, das auch den Prunkräumen crwas Anheimelndcs giebc, dann aber die durchwegs origi
nelle vcrwendung der fremdcn Zicrinorive durch die cinheimischcn Runsthandwerker, die hicr gezeigt
haben, welch feinen Gescbinack auch bescheidene Meister kleiner Gradrchcn in jener goldcnen Zeir bcsaßcn.
Durch die Arbeiren diescr Rlcjnmcifter aus Meran, Bripen, Rlausen erhalr aber auch Velrhurns seincn
hohen Werc als Denkmal südtirolischer Runst des ausgehenden sechzehncen Iahrhundercs. Ein solches
Rleinod alrheimischer Runft zum mindeften vor wcitercn 1?erftüininlungcn zu bcwahren, ware
so sollre man glauben — Ehrenpflichr dcs Eandcs. Leider ist dem nichr so.

IlAachdem k?elrhurns I80Z durch die Gakularisierung des geistlichen Lürstentumes Bripen seinen
Herrn verloren, gerier es in die Hande von Besitzern, die es in Nnkennrnis seines werces verwahr
losen ließen. Als es vor crwa Z? Iahren dcr regierende Lürst von -Lichcenstein kauflich erwarb, konnre
man hoffen, daß für das Gchloß bessere Zcit kommen würde. Tarsachlich geschah auch manches für
die Erhalrung, ja man sprach sogar von einer Restaurierung. Da durchlief im heurigen Frühjahre
plöylich dic Tiroler Zeitungen die bAachrichr, daß cs den Bitren einiger Bozner Norabeln gelungen sei,
das Fürstenzimmer von 1?elckurns für das ncu gegründere Museum ihrer Gradc als Geschenk zu

) Die sieben Meltwunder auf dem originellen Brunnen im Alosterhofe von Neustift bei Brixen sind Ropien derselben.
 
Annotationen