Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 5.1903-1904

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Haupt, Richard: Von der Ronneburg, [2]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.31827#0046

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
an die Ronneburg legre auch kein Feind die Hand. Noch rvar sie die Rrone, eines der vornehmsten
und wertvollften Besitztümer der Grafschafr, an Ilmfang wie an Luft der -Lage die alre Srammburg
zu Büdingen weit zurücklassend.

Aber selbft in den Zeiren, da allenrhalben die großen Herren die alten Schlösser in den Sradcen
vcrlicßen und sich auf das Land zogen, oft daselbft ihre gan; neuen Residenzen anlegend, wagce man
nicht, dieses Besitzes froh zu werden. Es war wohl unheimlich da ;u wohncn, wo die Geifter der
Ronneburger umgingen. Einmal wollte ein Graf der Isenburg-Wachtersbacher Linie auf ihr Hausung
nehmen; er hielr es aber nur kur;e Zeit aus und ;og nach Gelnhausen. Sie war dem Wachters-

bachischen Aste
1725, bei der
letzten Teilung, ;u-
gefallen.

Aber ;u un-
seren Zeiten pfiegte
der alre Graf
Wachrersbach ;u
sagen, die Vettcrn
hatten mir ihm
übel geceilt: Die
Büdinger hatten
sich den Ivald, die
N7eerhol;er das
Feld genomincn
und ihm das alce
Vleft droben ge-
lassen, damic er
vom Turme aus
guc sehen könnre,
wie er übervor
reilc sei.

DerBesitz lag,
von fremdem Ge-
biere umgcben, ab-
seics vom Wach-
tersbachischen.

Abb. Ronneburg^).

Hause Ronneburg zun: Tor- und Saasbau, und 1(570 gebaut. Rechts hinter der Mauer der

vorhof, dahinter der lange Bau des Grafen keinrich, um 1(573 errichtet; gleichzeitig der Aufbau
des dicken Turmes. Die Gebäude beim dicken Turm sind (87Y teils verdorben, teils zerstört.

V7er sollte ihn
hüten und die
vielen Dacher und
Lenster in Stand
halcen? So ver
fiel man darauf,
in die leeren
Raume, zunachst
der Nnterburg, wo
die Dienerschafc ge-
hauft harre, aller
hand 1?olks auf-
zunehmen Es
fehlte auch nicht
an Leuten, denen
die lufrige Höhe
wohl ansiand, die
an einem Mrte
der Verborgenheir
besser gedeihen
konncen als an-
derswo, wo nach
Herkunfc und Ge-
burt, nach Glau-
bcnund^lahrungs-
;weig und nach
dem Leumund ge

fragt ward. So finden wir denn bald hier oben Gtille im Lande und Lreidenker, Separa-
risien, Inspirierre und gan; besonders Iuden. Menschen aus den verschiedensren Heimaren und
Gegendcn, von den mannigfachsien Berufen und Beschaftigungen, doch meisr armes l?olk und
Gesindel, das man sonsiwo nicht mochte und das auch die Umgegend nicht gerne sich hier oben
sammeln sah. Und es mehrte sich schnelle. Überall in dem großen Gebaudewesen begann man
sich einzuniften, bis in den großen Turm hinauf, und an den unmöglichsten Grten branncen die Herd-
feuerchen. Reichce ein Gemach nichr mehr aus, so schied man es in ;wei durch eine Lchmwand oder
durch einen Rreidestrich. Als die Gemächer voll waren, bis auf ein paar von der Herrschafc vor-
behaltene, und die Türme besitzt, ;u deren manchen man nur auf langer luftiger Wanderung die Wehr-
gange entlang gelangen konnce, bauten sich einige auch wohl ihre Hüttchen an die Felsenwande oder in
die Winkel der Mauern. Und es war ein Gewimmel wie in der Arche l^loah von reinen und be
sonders von unreinen Tieren. Mir erzahlte ein alcer Iude, wehmut im Blicke, in seiner Iugend
seien ihrer vierhunderr gewesen hier oben.

Davon ward das Gchloß nichr besser; freilich auch nicht so vicl schlechcer, als wenn es gan;

') Sämtliche Bilder der Rcmieburg, auch in Nr. 4, sind nach Zeichnungen von prof. Albrecht haupt in hannover hergestellt.
 
Annotationen