Abb. 2. Ronneburg, Ansichr von Norden.
lecr gcstanden hätte. Es blieb doch in Dach und Lach, es gab eine Fürsorgc irgend welcher Arc dafür,
Schutzgeld und Abgaben hatten das rrauernde, verschmutzte alre Gebaude zu einem werteren Besitze
gcmacht, als es den ^erren in dcn Zeitcn des Glanzes je gewesen sein konnre. Lür eine Arc bürger-
licher Grdnung sorgten die Bewohner selbst; was darüber yinaus nötig war und die Wakrnehinung
der Rechre der Herrschafr, ward durch einen graflichen Aintinann bewirkt*).
Darüber vergingen die Iahrc und die alte Zeir, und das heilige Reich sank dahin init der alren
Zeir. Und der Wclsche kam und der Rheinbund ward gegründer, die Louversinile der Rrichsstande
enrdcckr. Der Fürst von Isenburg zu Birslcin aber^*), der bei seiner Erhebung in den Rcichsfürsten-
stand durch Raiser Rarl VI. das Wappen Antons erhalten harce, ward ein Gberherr auch über seine
Vecrern. Da er nachher noch erwas fester und langer an dem welschen Imperator hing als Andere,
ward wieder seine Souveranitat von den Anderen unter die Lüße gecreten, und die Iuden auf der
Ronneburg wachten an einem schönen Morgen des Iahres 1816, nachdem sie vorher als (obwohl schon
seir 1815 sequestrierre) isenburgische Schutzjuden schlafen gegangen warcn, als großherzoglich hessische
Graatsbürger auf.
Hefsendarmstadr war mir dein ganzen Ungestüm des enrschlossenen Rheinbundstaares in die
neue Zeit hereingerückt. Die Ronneburg ward damit eine Gemeinde, mit einem Bürgermeister und
Gemeinderac; denn das arme Gevögel da droben, das in seinen Gchlagen sonst aus und ein geflogen
war, weil es nirgends ;u Hause war, war nun auf einmal da zu Hause, mit Heimacrecht und Uncer-
stützungswohnsitz, Anreil an der Verreidigung des Varerlandes und Aussicht auf demnachstigen Anreil
an seiner konsritutionellen Regierung. Ropfsteuer, Schutzgeld und andere Überliefcrungen des finsteren
Mittelalters waren vergangene Dinge.
Und nun beginnt die wahre Eeidenszeit der Burg. Man suchce sich der Leuce zu entledigen
auf alle weise. Vielfach ging das jetzt leichr, denn die Meisten zogen gern an einen anderen, bequemer
gelcgenen Vrt, wenn man sie nur da aufnahm. Es ward nichr ermangelc, die Vkeigung zur Ab-
wanderung oder der Aufnahme durch Miccel der Freundlichkeit, des Zuredens und auch des Gegenteils
zu befördern. Die Leure los zu werden ward jetzt die wichtigste und cndlich die einzige Aufgabe ihrer
Lürsorger, und es war vorceilhafcer, einem das Einzugsgeld für die Vliederlafsung an anderem Grre
bar hinzuzahlen oder wenigstens vorzustreckcn, als ihn zu behalten. Die Vurg aber büßte es. Vci
einem Besuche um 1862 fand ich den Oberstock eines Turmes (des südlichsten) abgecragen. Einem
Iuden, der nach Diebach ziehen wollce, war überlassen worden, sich daraus dorr ein ^auschen zu bauen.
So ward das Gchloß leerer; bald sah man hier nur noch einige Alte, Rranke und verlassene, die sonst
nirgend Nntcrkunft hatten, auch wohl einige Zahe, die nicht wichen und die sterbcn wollten, wo sie
jung gewesen waren. Iin Iahre 1885 schloß sich das Tor hinrer dem letzten und in der Brunnen
stube, gleich rechtö hinrcr dem Tore der Vorburg, blieb das Rad stehen und konnre zerfallen, das
hunderre von Iahren lang mit seiner Welle aus der grundloscn Tiefe die Eimer voll des reinsten
Wasscrs gezogen hacre.
?1ber inzwischen war schon wieder eine neuere Zeir hier oben eingezogen. Im Iahre 18^2
*) Bekannt ist, daß sich auf der Ronneburg auch Graf Iinzendorf kurze Ieit aufgehalten hat. Gtto Glaubrecht hat in
seinem fchönen Buche „Zinzendorf in der lvetterau" von dem Treiben, das damals hier oben geherrscht hat, ein lebendiges
Bild gegeben.
"*) <Ls sei hier bemerkt, daß sich das haus sogleich im Jahrhundert wieder gespalten hatte, zunächst in die Birsteiner
und Büdinger Linie, dann letztere wieder in vier Äste, deren drei gegenwärtig noch bestehen.