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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 7 (1. Januarheft 1917)
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Unterstandsbau
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Corbach, Otto: Auf dem Wege zur Latifundienwirtschaft?
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0036

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mal nicht alles für seine Wohnung bloß gekauft, hier hat es einmal
jahrelang in seiner Wohnung mitgearbeitet. Die Schützengraben«
Wohnung bedeutet ein zwei Iahre langes Praktikum für Millionen.
Form und Zweck, Material und Schönheit, Gestalt und Putz, in all dem
haben die Feldgrauen etwas gelernt, soweit sie zum Lernen überhaupt das
Zeug hatten. Mögen sie's nutzen! ^ Lin Offizier von der Front

! ^

Auf dem Wege zur Lattfuudienwirtschaft?

^^e länger der Krieg dauert, desto mehr schwillt der Chor jener Stim«
^^men an, die England für den Feind erklären, für den Hauptfeind,
^Fgegenüber dem die übrigen Feinde wenig bedeuteten, um so weniger,
als es ihnen doch längst nur Englands wirtschaftliche Unterstützung er*
mögliche, weiterzukämpfen. In dieser Beziehung richtig, ändert das daran
nichts: daß wir, gerade um England zu überwinden, Englands Freunde
schlagen müssen, und zwar so gründlich, daß der Ruf unsrer Stärke schließ*
lich andre Völker die Lust verlieren läßt, für Englands Weltherrschaft zu
bluten. Die Uneinigkeit und damit die Ohnmacht der übrigen Europäer
war von jeher die Voraussetzung für die Entsaltung und die Ausnützung
der Seeherrschaft der Engländer. Gelingt es uns, die von England
gegen uns aufgestachelten Völker zu zwingen, sich auch mit uns über
die Zukunft unsres Erdteils zu verständigen, so kann das englische Welt-
reich nur mehr bestehen, wenn es die europäischen Völker nicht beherrschen
und ausbeuten will. Dieser Zusammenhang wird von den vielen nicht
bedacht, für die das Wort von England als dem Feinde die einzige und
ganze Wahrheit bedeutet. Am allerwenigsten aber überlegt man sich in
diesen Kreisen, daß wir die englische Weltwirtschaft am wirksamsten unter-
graben, wenn wir uns selbst von englischem Einflusse und der englischen
Suggestion befreien und frei halten. Solchem Einflusse folgte und folgt
bei uns aber alles, was uns in eine ähnliche Vahn wirtschaftlicher Ent-
wickelung drängt, wie die Englands.

Wieviel besser noch könnten wir der englischen Aushungerungspolitik
widerstehen, wenn wir vor dem Kriege nicht schon viel zu sehr einem
Kommerzialismus englischer Art erlegen wären und darunter die Ver-
wertung unsrer heimatlichen Kräfte vernachlässigt hätten!

Zu den schlimmen Folgen dieser Entwicklung gehörte, daß das städtische,
industrielle Kapital angefangen hatte, das platte Land zu überfluten, wie
das in England schon seiL IahrhunderLen zum Verderben der Land-
bevölkerung geschieht. „Anser städtischer Reichtum", sagte Sering hier-
über in einem wenige Monate vor Beginn des Krieges auf der Konfe-
renz zur Förderung der Inneren Kolonisation gehaltenen Vortrage, „hat
allmählich an immer mehr Stellen einen Amfang erreicht, daß, ganz wie
es früher in Italien, in England, in allen Staaten mit hochkapitalistischer
Entwicklung der Fall gewesen ist, die reichen Leute ihr Kapital nicht mehr
lediglich in sehr gewinnbringenden, aber auch sehr riskanten Anterneh*
mungen anlegen, sondern große Teile zum Erwerb des einzigen Ver*
mögensbestandteiles benutzen, der unzerstörbar ist, zum Erwerb von Grund«
besitz. Gefördert wird biese Bewegung, die bekanntlich in England zur
völligen Ausrottung der Bauernschaft geführt hat, in engem Zusammen*
hang mit dem Aufbau des britischen Weltreiches — das war die Kehr*
seite — durch das Verlangen der reichen Leute, die tzerrschaftsposition

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