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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 11 (1. Märzheft 1917)
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Schumann, Wolfgang: Musik als Kritik
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Herter, Hans: Zur Entwicklung der höheren Schulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0258

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noch lebensfähigen Gesellschaft, deven Wahrnehmungskräfte sie nun zur
letzten, höchsten Entfaltung brachten."

Vielleicht scheidet dies das Genie am stärksten von der schöpferischen
Persönlichkeit, daß es welt» und kulturgestaltend wirkt, daß sein Schasfen
so wenig wieder aus der Entwicklung der Welt ausgelöscht erscheinen kann,
wie ein großer Krieg oder eine grundlegende Erfindung. Auch das Genie,
das wie Bach oder Mozart nicht umgestaltend, sondern kulturdarstellend
wirkt, dessen Werke höchster Ausdruck einer Kultur sind, erhebt die höchsten
Werte eben dieser Kultur in die Sphäre des Unvergänglichen. Daß es
unsrer Zeit an solchem Genie mangelt, ist einer ihrer bestimmenden Züge.

Es wäre reizvoll, dem Gedanken der Musik als Kritik weiter nachzu«
gehen. Fragen drängen sich genug auf. In welcher Richtung bewegt sich
die musikalische Kritik zumeist? Was bedeutet sie, vom Kunstleben ab-
gesehen, für das soziale, das internationale und nationale Leben? Wie
entsteht sie im Innern des Schasfenden und wie erscheint die Psychologie
des Schaffens also durch sie bestimmt? Doch mögen für diesmal die Um«
risse einer Zergliederung der heutigen Musik unter dem Gesichtspunkt
ihres Wertes als Kritik genügen, die oben gegeben wurden. Rnd mögen
sie vor allem auf die bedeutsame Fruchtbarkeit des Bekkerschen Werkes
hinweisen, dem sie ihr Dasein verdanken. Wolfgang Schumann

Zur Entwicklung der höheren Schulen

^^ie öffentliche Erörterung unsres Schulwesens ist durch den Krieg in
^einer Weise belebt worden, die noch vor wenigen Iahren kaum
vorauszusehen war. Alle alten Wünsche, mochten sie Lehrinhalt,
Lehrweise, Bildungsziel, Organisation insgesamt oder nur Einzelheiten
daraus betreffen, sind im Laufe dieser Zeit der inneren Rmwälzungen
wieder wach geworden, und neue haben sich zu ihnen gefunden.* Neben
den Fragen der Gesamtschulorganisation steht da der Kampf um die höhere
Schule, vor allem um das Gymnasium, dauernd im Vordergrund. Der
stärkste Gegensatz lautet wohl: hier humanistisches Bildungziel und tzoch-
schätzung der alten Sprachen, Verteidigung des Bestehenden — dort welt-
Wirtschaftlich-politisch gefaßtes Erziehungziel und die Forderung nach
einer irgendwie neuzeitlich ausgerichteten, auf Deutschtum gegründeten
höheren Schule. Viele andre, meist mehr organisatorische Forderungen
und Gegenforderungen verbinden sich mit solchen Grundanschauungen zu
den mannigfaltigsten Kombinationen.

Den stärksten Verteidiger hat das Gymnasium in M. tz. Boehm
gefunden. In seiner Schrift „Der Sinn der humanistischen Bil-
dung" (G. Reimer, Berlin, s,50) geht er „kulturphilosophisch" an die
Frage heran. Als Forderung der Stunde erscheint ihm die Äotwendigkeit,
die „Synthese von tzumanismus und Bationalismus im deutschen Gym«

* Entsprechend unsrer Bemerkung im (. Dezemberheft dieses Iahrgangs
(S. 223) wollen wir zu diesen Strömungen jetzt nur ausnahmeweise durch Auf-
sätze über einzelne Fragen Stellung nehmen. Statt dessen gedenken wir in
zusammenfassenden Abersichten die wichtigsten Äußerungen über Schulfragen
unsern Lesern mitzuteilen. Ein erster Bericht dieser Art erschien im s. März»
heft W6. Auch im Büchertisch des Kunstwarts teilen wir gelegentlich
etwas über die Schulreform--Literatur mit. K.--L.

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