Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1917)
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Ein Kampf der Moralen?, [2]
DOI Artikel:
Hübner, Friedrich Markus: Berichten und Ausdrücken
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
D

er Redner spricht gelegentlich davon, daß dre Völker gern allgemein
geistrge Güter für srch nronopolrsiert denken, und findet, daß man be»
sonders den Deutschen das nachsagen könne. Unser Fehler hat wohl bis«
her eher nach der andern Seite gelegen. Der Redner selbst, der ja für
die deutsche Schweiz spricht, legt davon ein beredtes Zeugnis ab. Wenn
wir jetzt versuchen, uns unsrer Eigenart mehr bewußt zu werden als
bisher, so scheint mir das zum größten Teil erst die Folge davon, daß man
uns allgenrein aus dem Verband der Nationen hinauszuphilosophieren
sucht. Wundert man sich, daß, wenn wir hinaussollen, wir dann lieber
schon den Weg nach oben als nach unten wahlen? Wir haben uns diese
Sonderstellung nicht ausgesucht; sind wir aber, wie die Feinde finden,
und dieser Neutrale bestätigt, durch unsre Entwicklung, durch das Wieder«
erwachen wohl gar des Geists unsrer stolzesten Zeit — das trifft Katho«
liken wie Protestanten: der Geist, der in Luther war, war auch in seinen
Gegnern, nicht nur in den Anhängern — in diese Ausnahmestellung ge-
raten, so wird der Redner es uns nicht verdenken, wenn wir voll Dankes
diese Entwicklung in dem studieren, was sie Aufwärtsführendes enthält.

Deshalb muß ich an dem im Nachwort zu meiner „Religion als
Wille^ Gesagten festhalten: „Die Welt ist überein gekommen, daß wir
anders sind als alle andern Völker. Wir sind, scheint es, ein Neues
für sie. Etwas Barbarisches, das das Haupt erhebt, um eine Iahr-
tausende alte Kultur zu zertrümmern. Wir haben das nicht glauben
wollen. Aber wir werden uns gegen die Äbereinstimmung im Urteil aller
Völker nicht wehren können. Vielleicht sind wir tatsächlich im Tiefsten
ein Neues mit diesem Willen, den ich auszulegen versuchte, und der in
uns allen gleichmäßig lebt, wenn auch mit mehr oder weniger Bewußt-
sein der Einzelnen. ^ Artur Bonus

Berichten und Ausdrücken

es von einem Kunstwerke heißt, es sei ohne Rest zu Gestaltung
^HNund Ausdruck aufgelöst, so gibt es kein höheres Lob, das ihm,
diesem Kunstwerke sich nachsagen ließe. Die Worte bedeuten

deswegen so viel, weil damit die betreffende Schöpfung aus Menschen-
händen unmittelbar neben ein Ding der lebendigen Natur gerückt wird.
Die Natur ist das Gestaltete und sich Ausdrückende schlechthin. Sie schafft
den Begriff täglich mit ihrem Zustande. Von ihm wird sie eingeschlossen.
Hier endet, hier beginnt sie. Die Natur „unausgedrückt" zu denken ist
keinem möglich.

Aber viele Kunst ist möglich, die hinter dem reinen Ausdruck mehr
oder minder zurückbleibt. Seine Stelle vertritt jetzt der Bericht, die
Erörterung, das Flickwerk des Erläuterns und Beiseitesprechens. Der
organische Schwerpunkt wird vorgetäuscht. In Wahrheit liegt er für
alle Zeit außerhalb: Beim vergänglichen Verfasser, der nicht vermochte,
in die ganze Einheit der Leistung sein privates Ich einzufügen.

Selbst die Meisterwerke können Absätze enthalten, wo flugs eine Leere,
ein plötzliches Nichtmehrweiterschwingen ist. So kommt bei Goethe vor,
daß er eine Zeile schreibt hloß des nötigen Reimes wegen oder um nur für
den Verstand des Lesers einen Gedankengang auch recht abzurunden. Oder
man trifft in einem Äuartett Mozarts auf gewisse Takte, die nur das
Vorausgehende nochmals hervorheben sollen, die aus theoretischer Be-
 
Annotationen