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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 12 (2. Märzheft 1917)
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Schwedische Stimmen: Bücher der Zeit 10
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0318

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geh. ( M Hjärne, Die Stimmung in Schweden, s. „Neutrale Stim«
men" im „Büchertisch" dieses Heftes (wo auch (L. tzildebrandts „Schwe-
dische Volkshochschule" ängezeigt wird). Molin, Schweden u. d. Welt«
krieg (Deutsche Verl.«Anstalt, Stuttgart (9^6), geh. 50 Pf.

Bom tzeute fürs Morgen

Zn Sachen: Nationalitäten
und Volkswillen

Einige Fragen an Herrn Profeffor
Wilson

iner der Väter unsres modernen
europäisch-amerikanischen Schul«
wesens — die Amerikaner lagen
damals noch ungeboren im Schoße
Luropas — führt bekanntlich den
Ehrennamen „praeceptor Germa-
niae", Lehrer Deutschlands. Man
hat darüber gestritLen, ob man die-
sen Titel für Wilson in „praeceptor
mundi", Lehrer der Welt, ausweiten
müsse. Ich glaube: nein. Ich habe
nicht den Eindruck, daß er irgend
jemand anders als Deutschland zu
belehren wünscht. Um uns williger
zu machen und nicht zu sehr zu
beschämen, spricht er allgemeiner.
Das ist eine sehr liebenswürdige
pädagogische Anpassung an Emp-
findlichkeiten, die er bei uns vor-
aussetzt. Das kann man verstehen;
und die Entente versteht es auch
ganz gut. Wie dem aber auch sei,
so kommt er auf jeden Fall nur
als Lehrer Deutschlands in Betracht.
Denn nur wir geben uns Mühe,
ihn zu verstehen und von ihm zu
lernen. Sobald seine Lehren auf
die Entente zu gehen scheinen, stößt
er bei ihr auf ein dickes Gelächter.

Besonders lustig klang dieses Ge-
lächter aus Frankreich herüber nach
seiner Botschaft an den amerikani-
schen Senat. Im „Bouvelliste de
Bordeaux" vom 2H. Ianuar zum
Beispiel war von nichts Geringerem
die Rede als von „lächerlicher An«
maßung" eines „Parvenüs", von
einer „Einfalt, die bis zur Dünkel-

haftigkeit getrieben" werde, und es
wurde sehr unverblümt die Mei-
nung laut, daß Amerika doch erst
nur ganz Lußerlich anzivilisiert sei.
Ahnlich aus England. Während
aus Rußland gar eine sehr pein-
liche historische Erinnerung kam.
Zu der Stelle nämlich in Wilsons
Botschaft, daß man Völker „nicht
ohne ihre Zustimmung wie Eigen-
tum abtreten" dürfe, bemerkt der
„Rußkoje Slovo" vom 2^. Ianuar:
es sei doch für eine solche Beleh-
rung zu wenig lange her, daß Ame-
rika selbst durch Kriege gegen Me-
xiko M8) und Spanien

breite Gebiete ohne Zustimmung
der Bevölkerung annektiert habe
(von Mexiko bekanntlich allein ein
Gebiet von mehr als dreimal der
Ausdehnung ganz Deutschlands).
Nach der neuen und nunmehr un-
zweideutig einseitigen Wendung
Wilsons gegen Deutschland freilich
ist nur noch eilfertige Bemühung
lebendig, ihn in dieser Richtung
festzumachen, und aus Frankreich
kommt gar die Feststellung (Gau-
vain im „Iournal des Debats" vom
5. Februar), Wilsons Neutralität
sei stets eine ganz äußerliche ge-
wesen und überhaupt nur zu dem
Zweck angenommen, um die öffent-
liche Meinung Amerikas der En-
Lente ganz ungeteilt zuführen zu
können.

Bei uns hat man ein lautes
Lachen nach Möglichkeit vermieden.
Ganz ist das natürlich nicht, im-
merhin doch einigermaßen gelungen.
Ich Denke von dieser löblichen Sitte
nicht abzugehen, da sich einem Leh-
rer gegenüber unter allen Amstän-

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