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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 11 (1. Märzheft 1917)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Klinger, die Gegenwart und die Zukunft, [2]: zu Klingers Plastik
DOI Artikel:
Waescher, Johanna; Stapel, Wilhelm: Die deutsche Frauenbewegung und die Erwerbsarbeit der Frau: zwei Meinungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0249

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schlägt gelegentlich sogar tzämrner. Wir kennen auch noch andere Ligen-
schaften dieses Wannes, die zu Versagern führen. Aber was alles
bleibt an ihm!

Er ist ein Einzigartiger. Wir haben heute in Deutschland keinen
zweiten, der bei jeder der drei bildenden Künste in erster Reihe steht,
noch haben wir, meines Wissens, jemals solch einen gehabt. Aber das
macht es noch nicht. Klinger könnte ein vortrefflicher Griffelkünstler, Maler
und Bildhauer zugleich sein, ein Tausendsassa des Könnens, und wäre
dennoch gerade das Beste nicht, was er ist. Auch die Weite des Geistigen,
die Größe dieser Skala der Interessen, von der Antike zur Zukunft, die
Beweglichkeit der Stimmungen vom tzumor zur Tragik, der Reichtum
der Gemütsklänge vom Zartesten bis zum Schroffsten, auch mit solchen
Werten kommt man ihm noch nicht nahe. Sehr wesentlich ist seine Leiden«
schaft zur Sache. Sehr wesentlich ist die nie versagende Vornehmheit und
ist das oft schlechterdings Große seiner ethischen Erfassung. Aber die
„Fülle der Gefichte", die schier unerschöpfliche Phantasie mußte dazu-
kommen, um aus Kringer die mit keinem Lebendigen vergleichbare Er«
scheinung zu machen. „Den Teufel sieht das Völkchen nie, und wenn er
es beim Kragen hätte." „Das Völkchen^ pflegt auch das Genie erst zu
sehen, wenn es wieder weg ist. Das große deutsche Bildnergenie, das von
künftigen Iahrhunderten gesehen alle anderen überragen wird, es wird
vom „Völkchen" immer noch nicht gesehn.

Eben deshalb kann es nichts schaden, wenn der Kunstwart Klingers
Sechzigsten benutzt, um gleich dreimal hintereinander von ihm zu sprechen.
Ansern Gesinnungsgenossen verzeihen wir's schon. Bächstes Mal also
vom Poeten im Maler Klinger. A

Die deutsche Frauenbewegung uud die Erwerbsarbeit

der Frau

Zwei Meinungen

ie Frage, wie „Beruf und Ehe" für die Frau zu vereinigen seien,
in möglichst glücklicher Form zu lösen, ist das aufrichtige Bestreben
der deutschen Frauenbewegung seit Iahrzehnten. Nicht erst die
Frauenbewegung hat die deutsche Frau in die Erwerbsarbeit hineingezogen,
sondern die Verhältnisse unsres Wirtschaftslebens haben dazu geführt.
Die deutsche Frauenbewegung, durchdrungen von dem großen Zwiespalt,
den die Annahme jeder andern Arbeit neben der hausmütterlichen den
Frauen bringt, hat versucht, Mittel und Wege zu finden, um einerseits
die Frauen für die Doppellast zu starken, andrerseits diese Last zu erleich--
Lern. Nicht wie die organisierten Frauen andrer LLnder hat die deutsche
Frauenbewegung, ohne Rücksicht auf die Krafte der Frau, für das Er-
werbsleben genau die gleichen Bedingungen für Mann und Frau auf
dem Arbeitsmarkt gefordert. Sie ist vielmehr für ein Arbeiterinnen-
schutzgesetz eingetreten, um zu verhüten, daß die Frauenkraft in zu hohem
Maße ausgebeutet wird, uNd sie hat das selbst auf die Gefahr hin getan,
daß durch die größere Rücksichtnahme möglicherweise die Frauenarbeit
in der Industrie zugunsten der Männerarbeit eingeschränkt würde. Diese
Tätrgkeit der deutschen Frauenbewegung für den Arbeiterinnenschutz be-
deutet aber nur einen Teilausschnitt aus der großen Frage. Der Grund.

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