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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 10 (2. Februarheft 1917)
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Witte, Johannes: Weltkrieg und Europa im Urteil der Ostasiaten
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Der Ackermann und der Tod
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0206

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hinderl habe, eine Annäherung unler den Völkern herbeizuführen, die
es kraft seiner Machtfülle hätte herbeiführen können, so daß „die gegen--
wärtige, unmittelbare Verantwortung für diesen Krieg mehr dem deutfchen
Volke zugeschrieben wird als irgend jemand sonst; und warum? Weil
MachL Verantwortung bedeutet."

Vielleicht, daß Ku tzung Ming, wenn nach dem Kriege alle Kriegs«
fragen klarer dargelegt werden können, darin sein Arteil doch noch mehr
zu unsern Gunsten ändert. kmj Iohannes Witte

Der Ackermann und der Tod

^A^er Tod als Würger schreitet wie!d.er durch die Menschheit, und so
^wie der furchtbare Geiger heute die Seelensaiten vieler deutscher Dich«
ter anreißt, daß fie erklingen und sagen müssen, was ihre tzerzen
leiden, so ist es schon vor einem halben Iahrtausend einem deutschen
Dichtergemüte ergangen. Damals hat Iohannes von Saaz das kraftvollste
Streitgedicht gegen den Tod geschrieben, das durch Iährhunderte in deut--
schen Landen gelebt hat. Es heißt „Der Ackermann und der Tod", ist
in Prosa verfaßt und „die erste Blüte und zugleich die schönste Frucht
der geistigen Erhebung des Wenschen aus der Enge des Mittelalters".
Wie ein großartiges Finale zu dem mit Pestgestöhn und Geißlerliedern
erfüllten Iahrhundert und ein frühlinghaftes Vorsprel zur deutschen
Renaissance mutet uns dieses Werk mit seinem tapfer gehammerten Dia»
log an. Schon Gottsched hat es eigenhändig abgeschrieben, auch Lessing
hat es beachtet, Gervinus hat es „das vollkommenste Stück Prosa unserer
älteren Literatur" genannt. Iohannes, der vermutlich ein gelehrter Schrei-
ber in der Egerstadr Saaz wari verlor feine junge Frau Margarete,
die im Kindbette starb. Im Schmerz um sie klagt er gegen den Tod vor
Gott. In wuchtiger Rede und Gegenrede, gehärtet durch deutsche Rauheit
und deutsches Leid, geweitet durch die Kenntnis des Altertums, wird
uns der Kampf des Menschen gegen das rätselvolle Grauen und die
tyrannische Majestät des Todes vorgeführt, bis Wensch und Tod vor
Gott, ihrem Höchsten Richter, enden. Ietzt liegt der Dialog in neuem
Deutsch von Alois Bernt vor, die Insel-Bücherei bringt das Stück. Unsre
paar Proben daraus können nur einen Teileindruck geben. Mögen sie
anregen, das Ganze in dieser starken Abertragung und später im Artext
zu lesen, den Konrad Burdach mit Bernt bei Weidmann in Berlin schon
herausgegeben hat. Die Zeit der deutschen Renaissance ist überreich
an noch ungehobenem edlen Gestein, dran sich nicht bloß ein paar Literar-
historiker erfreuen sollten. tz.

Der Kläger

„Grimmiger Tilger aller Leute, schädlicher Verfolger aller Welt, schreck»
licher Mörder aller Menschen, Ihr Tod, Euch sei geflucht! GoLL, der Euch
schuf, hasse Euch; Anheils Häufung Lreffe Luch; Anglück hause bei Euch
mrt Macht: ganz entehret bleibet für immer!

Angst, Not und Iammer gehe nicht von Euch, wo immer Ihr weilet;
Leid, Betrübnis und Kummer begleite Euch auf allen Wegen; bittere
Anfechtung, schandvolle Erwartung und schmähliche Leidenschaft drücke
Euch schwer zu aller Zeit: tzimmel, Erde, Sonne, Mond und Gestirne,
Meer und Wässer, Berg und Feld, Tal und Au, der Abgrund der Hölle
 
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