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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 11 (1. Märzheft 1917)
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Schairer, Erich: Inseratenmonopol
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Avenarius, Ferdinand: Klinger, die Gegenwart und die Zukunft, [2]: zu Klingers Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0245

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können, die es vor hundert und rnehr Iahren eingenommen hat. Wer
sich eine der äußerlich so bescheidenen Oktavzeitungen von Anno dazumal
(oder eine der inseratenlosen Feldzeitungen unsres Heeres!) vornimmt und
sie mit einem heutigen „Generalanzeiger^ vergleicht, der bekommt einen
fast erschütternden Eindruck von dem qualitativen Medergang der Presse
seit jener Verquickung mit dem Inseratenwesen. „Von einer gewissen
Grenze ab", schreibt tzermann Diez in seiner trefflichen Monographie über
das Zeitungswesen, „wird ein vielgelesenes Blatt mit Notwendigkeit
schlecht, weil es nicht mehr an die Wichtigkeit der Dinge, ja nicht einmal
mehr an die Wünsche und Bedürfnisse der Leser, sondern lediglich an die
Inserenten und an die Papierpreise denkt". Ia schon bis an diese Grenze
hin, mag hinzugefügt werden, besteht die Rücksicht auf den Leser oft ledig»
lich darin, daß die Zeitung der Oberflächlichkeit, dem Sensationsbedürfnis
und anderen wenig erfreulichen Instinkten entgegenkommt, um als Grund«
lage der Inseratengewinnung möglichst rasch die Auflage zu steigern. Die
Abhängigkeit von den Inseraten, in die ein beträchtlicher Teil unserer
Zeitungen Hineingeraten ist, hat das vielzitierte Wort von der „Freiheit
der Presse" zu einer Ironie werden lassen. Von einer solchen kann keine
Rede sein, solange die Zeitung ein Geschäftsunternehmen ist, das vom Er-
trag der Inserate lebt und mit dem Bücherschen Wort „seine Leser an die
Inserenten verkauft". Erich Schairer

Klinger, die Gegenwart und die Zukunft. 2

Zu Klingers Plastik

^^v^-as Klinger zum Plastiker gemacht hat und was ihm also das
^U vHZiel bestimmt, ist nicht, wie bei Bildhauern gewöhnlich, ein
überwiegendes Interesse. Da sind mehrere, von denen jedes ihn
mit Klingerscher Leidenschaft erregt, und die miteinander sich hier ver-
bünden, dort um den Vorrang streiten. Die literarische Amschreibung
solcher Interessen, solcher Triebe mit dem Wort führt letzten Endes immer
zu einer willkürlichen Begrenzung, zu einer begriffabrizierenden Ein-
zwängerei. Bennen wir trotzdem ein paar, so unter der ausdrücklichen
Erinnerung daran, daß sich's auch hier nur um tzilfskonstrukLionen han»
delt. tzaben diese ihren kleinen. Zweck erfüllt, so soll man sie bald«
möglichst wieder von der Tafel wischen.

Lrstes Interesse: das am Menschenleib als einem Fein- und Stark-
mechanismus vor allem statischer Äatur.

Zweites Interesse: das daran, daß der Mechanismus zugleich ein
Organismus ist, ein Mikrokosmos von ununterbrochen tätigen Be»
ziehungen untereinartder. Also: daß dieser Menschenkörper lebt.

Drittes Interesse daran: daß in ihm eine Se e le wohnt, die auch
ein Leben für sich hat, es aber durch Leibesformen ausdrückt.

Viertes Interesse, ganz andrer Art: das am Material. Am Stein
oder am Metall, das hart oder weich, schmiegsam oder spröde, Lrans»
parent oder opak, weiß oder farbig, einheitlich oder mannigfalt, häßlich
oder schön sein, das Eigenreize der verschiedensten Art haben kann.

Fünftes Interesse: eins, das aus irgend etwas Geistigem im Künst-
ler entspringt, das durch das Mittel dieser plastischen Gestaltungen sich
ausdrücken will.

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