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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

DOI issue:
Heft 11 (1. Märzheft 1917)
DOI article:
Schairer, Erich: Inseratenmonopol
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0244

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angesetzt werden dürfen. Die staatlichen Inseratenblätter — Kreisblätter,
Provinzblätter und Neichsblatt — würden auch abgesehen vom Monopol-
zwang eine beträchtliche Anziehungskraft auf Inserate ausüben können,
wenn für rhre Verbreitung unter anderem durch einen äußerst nied-
rigen Bezugspreis gesorgt würde und vielleicht auch ihr Inhalt durch
Aufnahme des offiziösen Nachrichtendienstes (Wolfftelegramme) belebt
würde; der politischen Meinungsäußerung müßten sie wohl entsagen, die
der privaten Presse vorbehalten bliebe. Außerdem kämen für die Staats-
kasse die Vermittlungsgebühren für die Anzeigen in privaten Organen
in Betracht, deren tzöhe mit der (908 berechneten Steuersumme von
33 Millionen Mark veranschlagt werden mag. Das staatliche Anzeigen-
vermittlungsmonopol ist ohne Zweifel die einzig gangbare Form einer
Inseratenbesteuerung. ^

^um dritten: auf dem Wege einer solchen staatlichen Regelung wäre end-
Älich auch einmal die Beseitigung des Schund- und Schwindel-
inserats möglich, gegen das bisher immer vergeblich gekämpft worden
ist. Der „Deutsche Wille" hat im 2. Ianuarheft vorigen Iahres eine
Blütenlese derartiger Anzeigen zusammengestellt; es wäre eine Kleinig-
keit, sie ums Zehnfache zu vermehren. Schon Schmölder hat es damals,
vor mehr als einem Menschenalter, als ein Ergebnis seiner Rntersuchun-
gen angeführt, „daß jeglicher unmoralische Eigennutz, daß alle Auredlich-
keiten, welche der Staat, solange er noch ausschließlicher Verwalter des
Marktregals war, vermittelst seiner Marktordnungen und Marktmeister
vom Marktverkehr fernzuhalten wußte, unter der Verwaltung der Zei-
tungsverleger wie aus der geöffneten Pandorabüchse emporgeschnellt sind".
Seither hat die Schwindel- und Schmutzanzeige üppig weitergewuchert
und sich auch in dem Sinne als „schlüpfrig" erwiesen, daß man sie weder
strafgesetzlich noch moralisch hat packen und aus der Welt schaffen können.
Selbst „anständige" Zeitungen bringen es oft nicht über sich, ihr die
Spalten zu verschließen. Was durch sie bei der ungeheuren Verbreitung
bedruckten Papiers an unserem Volk schon für Schädigungen angerichtet
worden sind, läßt sich schwer bemessen. Nur eine radikale Zensur, wie
sie mit einem staatlichen Monopol verbunden werden könnte, kann ihr
ernstlich zu Leibe rücken. Schmölder hat es zu einem Motto seiner Schrift
gemacht: Ouae medicamenta non sanant, ferrum sanat; quae ferrum non
sanat, ignis sanat. ^

^ie private Presse würde durch ein Staatsmonopol der geschilderten
-^Art zwar die Inserate und die Einnahmen aus den Inseraten nicht
verlieren, aber immerhin würde sie mit einem Rückgang zu rechnen haben.
Besonders gewisse Blätter würden wohl eine fühlbare geschäftliche Ein-
buße erleiden oder gar ihren Betrieb einstellen müssen. Iedenfalls
müßte der geschäftliche Aufbau zahlreicher Zeitungsunternehmungen unter
Erhöhung der Bezugspreise in der Richtung geändert werden, daß die
Inserateneinnahmen nicht mehr die ausschlaggebende Rolle für Betriebs-
erhaltung und Betriebsgewinn spielen würden. Eine derartige Locke-
rung des scheinbar unauflöslichen Verhältnisses der
Verbindung von Nachrichten- und Anzeigenteil würde
aber in Wirklichkeit unserem Z eitungsw esen nur zum
Segen gereichen und es vielleicht wieder auf die geistige tzöhe führen

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