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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 8 (2. Januarheft 1917)
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Avenarius, Ferd.: Nach meinem Sechzigsten
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0123

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Nach meinem Sechzigsten

/^^^^^it mehr als tausend Sendungen bin iH diesmal zum Geburts--
^V^/^tage beglückwünscht worden. („Glück" ist das rechte Wort —

viel weniger Erfolge hätt' ich bei gleicher Leistung haben
können!) Einzeln danken kann ich nicht dafür. Iknd all den mir persön»
lich bekannten und unbekannten Grüßern und Gebern gemeinsam danken —
ja, geht denn das?

Ich trete vor das große Geschenk dieses „Sechziger-Schreins^, für den
sich Denker, Dichter, Bildner, Politiker und sonstige Kulturarbeiter zu
einem Spenden aus eigenem Geist und mit eigener Hand vereinigt haben,
und aus den ernsten und heitern Worten, Bildern, Noten wird mir
ein Menschenalter der Arbeit unmittelbare Gegenwart. Aber was mein
Teil daran anbelangt, so kann ich's nicht feierlich nehmen. Ich habe
meine Nüsse immer mit großem Vergnügen geknackt, ich muß wohl noch
älter werden, bis ich mir bei dieser Tätigkeit „monumental" vorkomme. Mein
Vergnügen jedoch, das kam und das kommt aus der Freude an dieser
Welt, die doch wohl das Stormsche „rechte Herz" haben muß, das „gar
nicht umzubringen" ist. Wie hat sie uns alle, die wir zusammengehören,
allmählich doch auch zueinander gebracht! Aus wie vielen Studierstuben
und Lehr-- und Werkstätten, aus Kirchen und aus Fabriken, von Turm-
warten herunter, aus Bergwerken herauf, von Feldern und Wäldern, von
einsamen Matten und einsamen Inseln und aus der Zerstreuung unter
kaltem oder feindlichem Volk überall her aus der runden Welt! Ich war
einer der Zusammenrufer und Wegbauer dabei — es ist ja gleichgültig,
was ich dabei war. Wichtig ist: auch uns Alternden erscheint diese Welt
noch jung. Blühend jung, quellend an allen Enden.

An all dem Köstlichen, das mir geschenkt worden ist, will ich mich
wieder und wieder wie am tzändedruck und am Augenblick lieber Menschen
erfreuen. Vor keinem Lobe will ich vergessen, daß mich der Lober wohl für
gescheit genug hielt, schon selber das Nötige abzuziehn. Von dem vielen
Klugen, das mir gesagt worden ist, will ich lernen, indem ich ihm nach-
denke. Aber, da ich's nicht einzeln kann, allen miteinander danken?
Der Tag hat mir beglückend, ja fast erschütternd gezeigt, wie vielen und
wie Tüchtigen ich im Streben Genosse bin. Allen gemeinsam kann ich
nur damit danken, daß ich nach bestem Gewissen weiter diene.

Dresden-Blasewitz Ferd. Avenarius

Ansre Bilder und Noten

^^nsre heutigen Bilderbeilagen sind unter vier Gesichtspunkten ge^-

n wählt.

^^Erstens: das von E. D. Wiegandt, „Löwe an der Tränke", hat
den Anspruch darauf, als Kunstblatt zu gelten, während die Atzung
von Schönlebers „Quinto al mare" kein Kunstblatt, sondern nur eine
gute Wiedergabe ist. Wen's interessiert, der wolle über den grundsätz--

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