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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 7 (1. Januarheft 1917)
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Jesser, Franz: Nach Kaiser Franz Josephs Tod
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Unerwartete Geschichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0041

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In den letzten Iahren liefen jedoch die Wege wieder zusarnrnen. Das
hat die immer drohender werdende Gefahr einer blutigen Probe auf
die Lebenskraft des Staates zustande gebracht. Das deutsche Volk er-
kannte die untrennbare Verknüpfung seines Schicksales mit dem der
Monarchie und der Dynastie, der Monarch aber wurde durch die inner«
politischen Vorgänge in seiner Aberzeugung bestärkt, daß nur das Bündnis
mit dem Deutschen Reiche den ungeschmälerten Bestand und die volle
Selbstbestimmung der Donaumonarchie verbürge. Er wußte, daß die An-
wendung des Bationalstaatprinzipes weder von Deutschland noch von
den österreichischen Deutschen gefordert werde. Der letzte Rest des be-
greiflichen Mißtrauens, das die Ereignisse des Iahres hervorgerufen
hatten, war verschwunden.

So trat denn die dynastische und staatliche Unersetzlichkeit des Deutsch--
tums wieder klar zutage.

Lhe noch der verewigte Monarch die politischen Folgerungen aus
dieser weitgehenden Abereinstimmung der staatlichen Ideale ziehen konnte,
brach die Schicksalsstunde für Staat, Dynastie und deutsches Volk an.
Das furchtbare Ringen mit der erdrückenden Abermacht unsrer Feinde
machte uns Deutschen in Osterreich den Kaiser noch teurer; denn ihm
allein danken wir es, daß Deutschlands Heere unsern Heimatboden ver--
teidigen helfen. Er, der einst Primus inter pares der deutschen Fürsten
gewesen, dessen Ahnen die deutsche Kaiserkrone getragen, hat allen Lockun-
gen widerstanden, die verlorene Vormachtstellung mit ausländischer Hilfe
und auf Kosten des Deutschen Reiches wieder zu gewinnen. Er blieb
ein deutscher Fürst nicht nur Napoleon gegenüber, er war es auch, als
Eduard von Lngland ihm einen hohen Preis für die Lösung des Bünd-
nisses mit dem Deutschen Reiche bot. Er hielt dem Bundesgenossen
die Treue, trotzdem er wußte, daß auch sein Reich als Beute der Ein--
kreisungsmächte ausersehen war. An seiner Bahre haben ihm alle vater--
ländisch gesinnten Österreicher für die Selbstüberwindung gedankt, mit
der er dem Feinde von einst die Freundeshand gereicht hat.

Mit seinem Regierungsantritte beginnt die Krise der Monarchie, mit
seinem Tode nähert sie sich ihrem Ende. Von der Revolution bis
zum Weltkriege wird einst die Geschichte die Abergangsperiode von Alt«
österreich zu Reuösterreich-Angarn datieren. Sie wird das Leben und
Wirken des Kaisers unbeeinflußt von den politischen Strömungen seiner
Mitwelt beurteilen. Sie wird ihre Kritik nicht an einzelne Regierungs-
handlungen knüpfen. Sie wird sein tzandeln als ein Gesamtwerk aus
den Bedingungen einer unruhigen Abergangszeit zu begreifen suchen.
Sie wird seinem edeln selbstlosen politischen Streben ebenso gerecht wer--
den, wie wir Lebenden sein vornehmes Menschentum längst anerkannt
haben. Franz Iesser

Llnerwartete Geschichten

^^-rinnern sich unsre älteren Leser noch antzermannLosch? Er
L^hat lange nichts mehr veröffentlicht. Wer ist das denn? A: ein
„Sonderling", B: ein Schwabe, C: keiner von der Zunft, sondern
ein älterer hoher Beamter. Ein Gelegenheits--Skizzenkünstler, wenn's
ihn mal drängt: ridendo dicere verum. Seine Sachen, die damals vor
einem Iahrzehnt im Kunstwart und in andern Blättern Aufsehen erregten,

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