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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 9 (1. Februarheft 1917)
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Wolzogen, Hans von: ABC für Theateridealisten
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Mahrholz, Werner: Von dem, was der neuen Baukunst am meisten not tut: zu Tessenows Buch "Hausbau und dergleichen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0142

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Allererste! Für die Oper heißt's: „Lernt erst singen", für das Schauspiel:
„Lernt erst sprechen!" Das ist das ABC. Nur unter diesem Zeichen
geht der Weg zum Siege des Theateridealismus:

^d Lonam Oornoediarn!

Bayreuth Hans von Wolzogen

Von dem, was der neuen Baukunst am meisten not tut

Zu Teffenows Buch „Hausbau und dergleichen"

ein tüchtiger Mensch mit Erfahrungen und Kenntnissen von
^F v Hseinem Beruf erzählt, so entsteht immer ein Buch, das den Leser
belehrt und bereichert mit Einsichten, mit Erfahrungen, mit Sittlich--
keit. Wenn ein solcher Mensch über seinen Beruf, dessen Möglichkeiten und
Voraussetzungen nachdenkt, so wird er immer irgendwo auf die Grundlagen
und einfachsten Begriffe seines Berufes und darüber hinaus auf das
Symptomatische des gegenwärtigen Weltzustandes stoßen. So ist es tz e in -
rich Tessenow, dem Erbauer der Bildungsanstalt tzellerau bei Dresden,
ergangen, als er sein Buch „tzausbau und dergleichen" (Verlag
B. Eassirer, Berlin M6) schrieb: er sah klar, daß beim tzausbau das
tzandwerkliche vor aller Kunst, vor allem Schmuck und vor allem Ornament
kommt; er sah klar, welche grundsätzlichen Voraussetzungen gesellschaftlicher
und sittlicher Natur notwendig sind, um zu einer Gesundung der Baukunst
zu gelangen; er sah klar, wo die moderne Baukunst steht: daß sie ein An-
fang und kein Ende, daß sie ein Tasten und Suchen, aber kein gefestigter
Stil ist. Und weil Tessenow ein schöpferischer Mensch ist, vermag er auch
Wege in die Zukunft zu weisen und rechtfertigt so durch eigene schöpfe-
rische Tätigkeit seine Kritik des Bestehenden, seine Einsichten und Grund-
sätze. So ist das Buch vom tzausbau in dreifacher tzinsicht sehr beachtens-
wert: als Symptom der Aeit, als Mittel zur Klärung der Begriffe, als
Ausdruck einer schöpserischen Persönlichkeit. Von allen dreien sei nach-
einander die Rede.

Die Grundstimmung des Buches ist ein edler Optimismus; aus jeder
Zeile fast spricht ein starkes Gefühl dafür, daß wir Deutschen am Anfange
einer neuen Entwicklung stehen. Mcht ohne leichten tzumor spricht Tesse-
now von dem Chaos der Stilverwirrung, das heute, leicht überdeckt zwar,
aber im Grunde doch immer noch herrscht. Er vergleicht die Versuche des
modernen Menschen zum Stil zu kommen, mit dem Spiel von Kindern,
welche nur Schöpfungen von Augenblickswert hervorbringen; jetzt aber, da
wir Deutschen uns dem Mannesalter nähern, müssen wir auch anfangen,
männlich zu denken und zu empfinden, das heißt weitschauend, zuverlässig,
sachlich, um die Zukunft besorgt zu sein. Vernünftigkeit in einem sehr hohen
Sinne dieses Wortes ist die Forderung der Zeit: eine weise, planmäßige
Anordnung der Kräfte, so daß eine jede zu ihrem Recht und an ihrem
Orte zu einer vollen, das harmonische Ganze fördernden Auswirkung
kommt. Mit Tessenows Worten: Man darf das Gewerbliche, tzandwerk-
liche weder zu Lief, noch zu hoch einschätzen; beides rächt sich. Aber, da
wir nun einmal noch im Suchen sind und noch nichts gefunden haben, gilt
jedenfalls sein Satz „Die Werkstatt ist wichtiger als das Atelier". Das
will heißen: erst kommt das tzandwerk, dann die Kunst; erst die Konstruktion,
dann das Detail, das Ornament, der Schmuck; erst muß man etwas können,
nnd wenn einem dann noch etwas einfällt, so wird das Können zur Kunst
 
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