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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,2.1917

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Heft 10 (2. Februarheft 1917)
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Meissner, E.: Typenbildung - eine nationale Notwendigkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.14296#0196

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die Meinungen jedoch auseinander. Während wohl der großere Teil
des Volkes als das sicherste Mittel eine straffe Organisation ansieht, meinen
andere, daß der freie Wettbewerb das höchste Maß der Kraftanstrengung
verbürge.

Grundbedingung aber ist unter allen Amständen, daß alle Ar-
beit auf die höchstmögliche Leistung hin durchdacht wird.
Wer unser heutiges wirtschaftliches und kulturelles Leben verfolgt, der
weiß, eine wie bedeutende Steigerung unserer nationalen Leistungsfährg-
keit zu erzielen wäre, wenn an allen Punkten eine geistige Arbeit ein»
setzen würde, um das Wesentliche, Charakteristische rn jedem Problem
herauszuarbeiten, gleichviel, ob es sich um gewerbliche, wissenschaftlrche
und künstlerische Produktion oder um organisatorische und Verwaltungs--
fragen handelt.

Die Engländer haben rn ihrem Bemühen, die Deutschen vom Weltmarkt
zu verdrängen, dieses Mrttel zur Steigerung der Leistung bereits erkannt.
In den SchrifLen, in denen sie unter amtlicher Anterstützung zur Grün«
dung eines ^Kunst-- und Industrieverbandes^ genau nach dem Vorbilde
des Deutschen Werkbundes aufrufen, heißt es: „Der Fabrikant muß sich
oft den Kopf darüber zerbrechen, was „gehen" wird, und das mutz wirk--
lich eine Aufgabe zum Wahnsinnigwerden sein; aber er möge doch lieber
die Frage dahin umformen: was ist gut, was ist das Beste, was ich zu
einem gegebenen Preise zu liefern vermag?" „Gibt es eine Gewähr, daß
das Gute besseren Absatz finden wird als das anspruchsvolle Schlechte?
Wahrscheinlich nicht, solangeBeuheit der tzauptgrund der Nachfrage ist; aber
das Gute hat sicher eine dauernde Macht. Das beste Zweirad
zu niedrigem Preise wird wahrscheinlich das sein, das am besten verkauft
wird. Wenn wir nun das vollendetste Metallbett, den besten dichtschlie-
ßenden staubfreien Bücherschrank, den zweckmäßigsten Kohlenkasten, alles
zu niedrigsten Durchschnittspreisen, herstellen könnten, wäre da nicht die
Wahrscheinlichkeit, daß sie Absatz fänden wie das beste billige Zweirad?
Ein guter Gedanke für die tzerstellung irgendeines dieser Gegenstände
sollte durchaus als ein wertvoller Besitz betrachtet werden. Ein solches
Bett oder Bücherspind müßte andauernd in seinen Einzelheiten ver--
bessert werden, wie man das Iweirad verbessert hat^. „Gewöhnlich war
es die beste Art der künstlerischen Vervollkommnung, an einem vor--
handenen Muster Punkt für Punkt fortlaufende Verbesserungen vorzu--
nehmen; ein vollendeter Tisch oder SLuhl oder ein vollendetes Buch ist
ein Ding, das eine sehr wohl bedachte Fürsorge erfahren hat." *

Diese letzten Sätze aus den Schriften des nach deutschem Vorbilde
gegründeten und mit deutschen Gedanken arbeitenden englischen Bun--
des geben bereits den Weg an, auf dem die höchste Leistungsfähigkeit
zu erreichen ist: durch fortdauernde Verbesserung einmal als entwicklungs--
fähig erkannter Warenformen, durch Typenbildung. Auch das geht
auf deutsche Denkarbeit zurück.

Der Typus ist auf allen Gebieten die auf das Bestmög-
lichehinzielende, charakteristische, von allem Zufälligen

* Englands Kunst--Industrie und der Deutsche Werkbund. Abersetzungen
von Begründungs-- und Werbeschriften der englischen Gesellschaft „Design
and Industries Association". Hrsg. v. Deutschen Werkbund. 2. Aufl. Mün--
chen, Brucknrann,
 
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