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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0091

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teren Auflage des Universallexikons nicht durch das allmälig nothwendig wer-
dende Erscheinen einer neuen in Nachtheil gerathen oder gezwungen sind, die
neue ebenfalls anzuschaffen, um sie vielleicht in wenig Jahren abermals ver-
altet zn sehen. Aber dies ist nur die eine Seite; die andere, wesentlichere
besteht in der verschiedenartigen, mehr in Form von Abhandlungen auftreten-
den Behaudlungsweise der Gegenstände und in dem mit den Ereignissen der
Zeit selbst fortschreitenden Erscheinen des Werkes. Die „Jahrbücher" stellen
flch, wie schon der Prospekt besagt, die Aufgabe, dem Publikum künftig in
jährlichen Publikationen ein Universal-Lexikon des letztvcrgangenen Jahres zu
liefern, und zwar dadurch, daß sie alljährlich für das ebenfalls abgelaufene
Jahr einen über alle nur irgend erheblichen geschichtlichen Ereignisse, über
alle in allen Wissenschaften, Künsten und Gewerben, im allgemeinen Kultur-
leben, wie im Leben der einzelnen Völker und Staaten neu hervorgetretenen
wichtigen Erscheinungen sich gleichmäßig verbreitenden Ueberblick in systema-
tischer Form geben. Sie sollen sich dabei in Betreff des jährlich zu liefern-
den Stoffes ganz an die bisherige Grundlage des Universal-Lexikons an-
schließen. Tie Ordnung der Rubriken wird eine stehende bleiben, so daß die
allgemeinen Wissenschaften beginnen, diesen die Fachwissenschaften sich anreihen,
dann die Künste und Gewerbe folgen und Nekrologien und Biographien für
alle Rubriken den Beschluß machen. Endlich soll — um das Nachschlagen
zu erleichtern — jedem Jahrgange am Schlüsse ein umfassendes und voll-
ständiges Sach- und Personenregister beigegeben werden, welches in den
Stand setzt, auch über jeden speciellen Gegenstand sofort die betreffenden No-
tizen aufzufinden.

Auch in Betreff dieses Ergänzungswerls werden wir, sobald unser spe-
cielles Gebiet berührt wird, nicht unterlassen, auf die einschlägigen Artikel
näher einzugehen. Bis jetzt ist dieser Fall noch nicht eingetreten, so daß wir
uns vorläufig nur mit obiger allgemeiner Charakteristik begnügen müssen.

__ — ? —

II. Album.

Cnuer-Album. Abbildungen der plastischen Werke von Emil,
Karl und Robert Caucr. Section l. Märchengestalten. — Verlag
von Theodor Fischer in Cassel.

Ueber die Aufgabe der modernen Plastik herrschen verschiedene, mehr
oder weniger unklare Ansichten, namentlich unter den Künstlern. Lassen wir
die ornamentale Plastik, worunter wir im weitesten Sinne des Worts nicht
nur das Relief, welches sich seiner Natur nach wie das Fresko in der Malerei
an die Wand anlehnt, die es schmücken soll, sondern auch die zur Ausschmückung
architektonischer Räume, Balcons, Treppen, Ballnstraden u. s. f. dienenden
Rundfiguren, bei denen natürlich der ornamentalen Symbolik ein weiter Spiel-
raum geöffnet ist, bei Seite, um nur die selbstständige Plastik in's Auge zu
fassen, so scheinen uns für dieselbe nur zwei völlig entgegengesetzte Wege denk-
bar, ans denen wahrhaft künstlerische Aufgaben gefunden werden können. Der
eine führt — wie in der Malerei die religiöse Kunst nothwendig zu einer An-
lehnung an die Tradition der großen Meister des 15. und 16. Jahrhunderts —
s° zu einer Anlehnung an die klassische Antike. Aber wenn dieser Weg zu
wirklich fruchtbaren Resultaten leiten soll, so darf man nicht in den Wider-
spruch verfallen, blos die antike Formengebung zu kopiren und sie auf das
Gebiet einer modernen Symbolik zu übertragen, sondern man muß mit der
antiken Form auch den antiken Inhalt aufnehmen. Es ist dies eine edle

Renaissance der Antike, welche z. B. Thorwaldsen zu seinen herrlichsten Ge-
stalten begeisterte. Die klassische Plastik hat eben als solche das Höchste er-
reicht, was in der Plastik überhaupt zu erreichen war, und das heutige Stre-
ben, zu derselben Höhe sich anfzuschwingen, kann immer nur ein Nachstreben
bleiben. —

Anders der zweite Weg. Auf ihm wird nicht nur die antike Ideen-
welt, sondern auch die strenge Klassicität verlassen, um moderne Ideen und
Gestalten in einer diesem modernen Charakter entsprechenden Form zur Dar-
stellung zu bringen. Auch hier ist die Parallele mit der Malerei wohl zu-
treffend. Wie nach der historischen Stylstrenge der großen Meister des 15.
und 16. Jahrhunderts das Streben nach realistischer Prägnanz, wenn man
will: nach genrehafter Unmittelbarkeit der Erscheinung zu seiner eigentlichen
Entwicklung gelangt, so scheint es, daß die Aufgabe der „modernen" Plastik
im eigentlichen Sinne dieses Worts, gegenüber der strengen und kalten Klassi-
cität der Antike, das Seelenhafte der Erscheinungen des Lebens, das empfin-
dende Innere, überhaupt die Innerlichkeit und Innigkeit in einer entsprechen-
den empfindnngsvolleren Gestaltnngsform zum Ausdruck und zur Anschauung
zu bringen habe. — Ja, man kann wohl sagen, daß der specifisch germanische
Geist im Gegensatz zum antiken ans eine solche empfindungsvolle Genrehaf-
tigkcit hindrängt. Vergleicht man die Gestalten der antiken Mythe mit denen
der germanischen Sagen- und Mährchenwelt, so wird dieser Gegensatz sofort
in die Augen springen. Eine wahrhaft originale Plastik des nachantiken
Geistes ist deshalb nur durch die Uebertragung der allgemeinen Schönheits-
form auf das Gebiet des Malerischen, sowohl im Inhalt der Motive wie
in ihrer Anfsassungsweise, möglich.

Diese für die Anzeige eines „Photographischen Albums" vielleicht etwas
zu principiell gehaltene Einleitung schien uns gleichwohl nöthig, um den
eigenthümlichen Charakter echt germanischer Innigkeit und Lieblichkeit zn kenn-
zeichnen, der die Cauer'schen Mährchengestalten beseelt und sie uns beim
ersten Anschauen so vertraut und anmuthend erscheinen läßt. Weit entfernt,
in dem gewöhnlichen Sinne des Worts „genrehaft" d. h. dem trivialen
Leben der prosaischen Gegenwart entnommen zn sein, zeigen sie bei aller
Wirklichkeit der Erscheinung, bei aller Abwesenheit sowohl eines falschen Pathos
wie eines kalten Formenidealismus, doch eine solche edle Reinheit und naive
Schönheit in Haltung wie im Ausdruck der Figuren, daß man nur eine
wahrhafte Freude und einen Genuß daran empfindet, der ebenso sehr dem
poetischen Inhalt wie der keuschen Innigkeit der Auffassung gilt. Hin und
wieder, wie z. B. in dem „Rolhkäppchen mit dem Wolf" und dem „Ge-
stiefelten Kater" ist auch ein leiser Anflug von Humor zn erkennen, der jede
Empfiudelei beseitigt, ohne der Innigkeit der Empfindung Abbruch zu thun.
— Wir können es daher nur als einen sehr glücklichen Gedanken betrachten,
daß die Verlagshandlung von Theodor Fischer in Cassel sich entschlossen hat,
diese reizenden, echt deutschen Schöpfungen des in diesem Gebiet fast isolirt
dastehenden Meisters durch die Herausgabe des „Cauer-Albums" weiteren
Kreisen zugänglich zu machen. Die Photographie, welche sich ja für Repro-
duction plastischer Werke ungleich mehr eignet, als für die der Malerei, führt
uns so in dieser ersten Serie die reizenden Mährchengestalten Robert Cauer's in
vorzüglichen, mit großer Sorgfalt behandelten Blättern vor Augen; es sind
„Dornröschen", „Aschenbrödel", „Brüderchen und Schwesterchen", „Roth-
käppchen", „Der gestiefelte Kater", „Hansel und Gretel", „Gänsemagd" und
„Schneewittchen". — Sicherlich wird sich das „Cauer-Album" einen großen
Kreis von Freunden erwerben. S.

Zur IHrerbung eingesunäte Werbe der „Iunstliterrüur" mul des „Album«".

Albrecht Dürcr'ö Kleine Passion. Getreu in Holz nach-
gcschnitten von C. Dcis, Kupferstecher uud -kylograph in Stutt-
gart. 2. Lieferung. — Eichstädt und Stuttgart. Verlag der
Krüll'schcn Buchhandlung. 1867.

Lessin<z-Gallcrie. Charaktere aus Lessings Werken. Gezeichnet
von Friedrich Pecht. Dreißig Blätter in Stahlstich, mit er-
läuterndem Text von Friedrich Pecht. Sechs Lieferungen zu
je 5 Blatt nebst Text. — Leipzig. F. A. Brockhaus. 1866—67.

Zwölf Zeichnungen zu I. V. Schcffel's „Frau Aventinre" von
A. v. Werner. Photographie von Kayser n. Co. in Stuttgart.

■— Verlag der I. B. Metzlcr'schen Buchhandl. in Stuttgart. 1867.

Juniperus. Geschichte eines Kreuzfahrers, erzählt von Joseph
Victor Scheffel, illustrirt von Anton von Werner. Mit
28 Holzschnitten aus der xylographischen Anstalt von Cloß und
Ruff. — Stuttgart. Verlag der I. B. Metzlcr'schen Buchhand-
lung. 1867.

Die Anwendung des Sgraffitto für sxn, nden-Deko-
ration. Nach italienischen Originalwerken dargestellt und bear-
beitet von Emil Lange und Joseph Bühlmann, Architekten,
unter Mitwirkung von Ludwig Lauge, Baurath und Professor
an der k. Akademie der Künste zu München. 5 Tafeln nebst Text.
— München 1867. E. A. Fleischmann's Buch- und Kunsthand-
lung. Berlin, Gropius sche Buchhandlung.
 
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