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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0189

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bas würden Sie gewiß gethan haben, wenn Sie bereits gewußt hätten, daß
der auch von Ihnen hoch geschätzte Ernst Förster im letzten der zwölf
Bände seiner vielleicht nicht bis zu Ihnen gedrungenen „Denkmale der dent-
scheu Kunst" unserem Dom eine Stelle angewiesen und ihm neben mehreren
meiner Monographie entlehnten Abbildungen auch eine malerische, wenn auch
perspektivisch etwas unrichtige Ansicht der Westseite gewidmet hat. Und wenn
Sie gelesen hätten, was er dort über den Zustand und die schon seit Decen-
nien dauernde einträgliche Verwendung sowohl der östlichen, als der westlichen
Krypta sagt, — die man beide hier zu Lande nur „Keller" nennt, — so
würden Sie mit mir ihm ebenso beigestimmt haben, wie ich Ihnen in Be-
zug auf den Kreuzgang. Ich nannte diese Verwendung früher nur eine Pro-
fanation, Kugler nannte sie eine Herabwürdigung zu gemeinem Frohndienst,
Förster aber sagt: „daß alles Tageslicht in diesen Theil der Kirche (in die
östliche Krypta) jetzt nur durch den einen Eingang an der Ostseite eindringen
kann, in welchen sich ein Fenster verwandelt hat, daß dagegen die beiden
anderen Fenster vermauert sind, das sei vielleicht geschehen, um die Profa-
nation zu verdecken, die — sicher, wie es scheint, von der Geißel, die einst
den Tempel zu Jerusalem reinigte — ein Wein- und Tabakslager daraus
gemacht." Bon der westlichen, weniger tiefen Krypta sagt er natürlich, daß
sie gleich ihrer größeren östlichen Schwester dem Handelsstande in Bremen
zu denselben weltlichen Zwecken diene, wobei er hinzufügt: „Schon Goethe
sagte zu einem frommen Kaufmann: Ja, Gottes Wort ist zu manchen Dingen
nutze! worauf dieser in aller Unschuld antwortete: Excellenz, zu allen!"

Meinen Sie nicht aber auch, lieber Freund, daß man hier statt „Gottes
Wort" sagen könnte „Gottes Haus"? Denn hier ist Gottes Haus in der
Thal zu Etwas nütze, was seiner Bestimmung gänzlich fern liegt. Als die
Krypten, die s. g. Keller, die auch unser Kunsthistoriker „Theile der Kirche"
nennt, noch vor wenigen Jahren Weinlager waren — denn seit einiger Zeit
ist an die Stelle des Weines der weniger geistige Tabak getreten — besich-
tigte ich eines Tages mit einem münchener Maler den Dom, und nachdem
wir die östliche Krypta durchwandert und uns an ihren architektonischen Eigen-
thümlichkeiten eben so sehr erfreut, wie an ihrer Entweihung geärgert hatten,
gelangten wir auch an die westliche Krypta, in welche gerade — wollte es
der Zufall so? — eine Anzahl voller Weinfässer vom Wagen herab durch
Arbeiter hineingeschafft wurden. Als der fremde Künstler dies erblickte, rich-
tete er kopfschüttelnd seine Augen auf die über der Thür befindlichen Gestalten
des kreuztragenden und des gekreuzigten Christus und sagte nach einigen Augen-
blicken stummen Nachdenkens, er habe wohl Lust, diesen Anblick zum Motive
eines Oelbildes zu machen, und es mit dem Titel „Ich bin der Weinstock,
ihr seid die Reben" hieher aus die nächste große Ausstellung zu senden. Ans
Gründen, die Sie leicht errathen können, rieth ich ihm von der Ausführung
eines so tief einschneidenden Motivs und Titels ab, und bat ihn statt dessen,
wenn er ein solches Bild wirklich ausführen wolle, woran ich ihn natürlich
nicht hindern könne, ihm lieber den weniger schmerzenden, aber ehrlicheren
Titel zu geben „Machet nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus", weil
diese Worte doch weiter nichts als ein klares Verbot enthalten, und Jeder-
mann weiß, daß das „Kaufhaus" des Johannes von den drei anderen Evan-
gelisten „Mördergrube" genannt wird.

In Jacken üer ilhlaml

Sehr geehrter Herr Redacteur!

Aus Gründen, die ich hier nicht näher erörtern will, sandte ich meinen,
bereits im Septbr. v. I. vollendeten Entwurf eines Uhland-Denk-
mals bis jetzt nicht nach Berlin. Vom Konkurse zurückgetreten, habe ich
gegen Niemand eine Verpflichtung als gegen Sie, geehrter Herr, der Sie
meiner Differenz mit dem „Verein für Uhlands-Denkmal" einen Raum in
Ihrer geschätzten Kunstzeitung gewährten. Dieser Verpflichtung glaube ich
am besten dadurch genügen zu können, daß ich Ihnen über den Abschluß
meiner Differenz mit dem Vereine Mittheilung mache. Dieselbe ist, da Herr
Prof. vr. Leibnitz seit Decbr. v. I. mich nicht mit einer erbetenen Ant-
wort beehrt hat, beendigt. Ich bat einfach, der Herr Professor möchte seine
und meine Briefe in einer württembergischen Zeitung veröffentlichen, da es
für das schwäbische Volk doch gewiß von Interesse sein dürfte, einige Mo-
mente aus der Entstehung des Denkmales kennen zu lernen; auch mir ein
Exemplar der Zeitung zuzuschicken. Ferner ersuchte ich, die zwischen mir und
dem Comitb des Uhland-Denlmals schwebende Streitfrage, namentlich in Be-
treff der einseitigen Berechtigung zu einer Verlängerung des

Wenn ich also gerade so, wie Sie die Restauration des Kreuzganges
und die Reinigung des Krenzgartens angeregt haben, zugleich auf die gänz-
liche Räumung und Restauration der beiden Krypten unseres Domes dringen
möchte und oft gedrungen habe, so weiß ich recht wohl, daß nicht Sie, son-
dern Andere mir einwenden werden: Was schadet es denn aber dem Innern
des Gotteshauses oder dem Gottesdienste, daß die davon gänzlich getrennten,
im Innern weder sichtbaren, noch von da zugänglichen halb unterirdischen
Räume als Waarenkeller benutzt werden, also einen hübschen Miethzins ein-
bringen? Stiften sie dadurch nicht mehr Nutzen, als wenn sie unbenutzt
liegen und zu gar Nichts dienen? Zu irgend etwas müssen diese Kirchen-
keller doch dienen und haben auch gewiß gedient. Ich antworte zunächst
darauf, so paradox es auch klingen mag: eine Kirche nützt überhaupt gar
nicht, denn sie ist kein Nlltzlichkeitsban, sondern viel mehr als dieses. Die
kirchlichen Räume haben daher nicht uns zu dienen, sondern wir haben ihnen
zu dienen. Und zweitens: Kirchenkeller sind es nicht; keine Kirche hat jemals
unter dem Chore einen Keller gehabt, d. h. einen Raum für irgend welche
profanen Vorräthe. Was wir unter dem östlichen, häufig auch (wie es hier
der Fall ist) unter dem westlichen Chore der romanischen Kirchen erblicken,
ist eine Krypta, die einst das Grab eines Märtyrers oder auch des Kirchen-
heiligen enthielt. Die Entstehung der Krypten stammt ja aus der Zeit, in
welcher das Christenthum noch im Kampfe gegen das Heidenthum stand, und
viele Christen für ihren Glauben den Märtyrertod starben. Ueber dem Grabe
eines solchen Märtyrers, also gleichsam auf der Grundlage seines christlichen
Bekenntnisses Pflegte, weil Johannes es also im Gesichte sah (Apocal. 6, 9)
der Altartisch aufgestellt zu werden, also der eigentliche Mittelpunkt, die Opfer-
stätte des christlichen Kultus. —

Verzeihen Sie, lieber Allmers, den doctrinären Ton, in den ich so eben
verfallen bin; das Gesagte wissen Sie längst ebenso gut wie ich; ich sagte
es nur um derer willen, die in der Krypta keinen integrirenden Theil der
Kirche erblicken, der seinen rein kirchlichen, wenn auch jetzt außer Gebrauch
gekommenen Zweck hat. Sie werden es daher ganz begreiflich finden, wenn
ich, wie Sie in Bezug auf den Kreuzgang, schon wegen der kirchlichen Be-
deutung der Krypten, ganz abgesehen von ihrem architektonischen Werthe,
daraus dringe, daß jede Prosanalion, Entstellung und Herabwürdigung von
ihnen entfernt gehalten werde, und daß, wo eine solche im Laufe der Zeit
sich eingeschlichen und eingenistet hat, sie wieder hinausgetrieben werde, wie
einst die Wechsler und Taubenkrämer ans dem Tempel zu Jerusalem. Ihrem
ursprünglichen Zwecke können sie denn freilich nicht zurllckgegeben werden,
aber doch wenigstens einem nicht profanirenden, sondern etwa einem wissen-
schaftlichen. Sie errathen gewiß, daß ich dabei an unseren „Verein für bre-
mische Geschichte und Alterthümer" denke, also wenigstens die östliche, größere
Krypta zu einem Museum unserer bremischen Alterthümer machen möchte.

Ich schlage Ihnen also vor, verehrter Freund, daß wir gemeinschaftliche
Sache machen und das Verlangen nach Säuberung und Restauration des
Kreuzganges und seines Gartens und beider Krypten zu unserem Ceterum
censeo erheben; nur mit dem Unterschiede von dem des Cato, daß dieser
Zerstörung, wir dagegen Erhaltung und Wiederherstellung predigen.

Bremen, 3. Mai 1868. H. A. Müller.

- Denkmal -Konkurrent.

Termins zum Nachtheil der rechtzeitig angcmeldeten Konkurrenten, vor
eine außerpreußische und außerwürttembergische juristische Fakultät oder vor
die deutsche Kunstgenossenschaft zur Entscheidung zu bringen.*) Bis heute er-
hielt ich keine Antwort. Mit ausgezeichnetster Hochachtung

St. Petersburg, 2. Mai 1868. E. Mchncrt, Bildhauer.

*) Wir glauben, daß jene Ausschließung der preußischen und württem-
bergischen Fakultäten durchaus nicht nöthig gewesen wäre. Jeder deutsche
Gerichtshof hätte in einer so klaren, sich als einfacher KontraktSbrnch quali-
ficirenden Sache nur ein Urtheil fällen können. Was die deutsche Kunst-
genossenschaft betrifft, so ist sie für das Comitö des Uhland-Denkmals wohl
keine formelle Instanz. Eine andere Frage freilich ist die, ob die deutsche
Kunstgenossenschaft, in deren „Kongressen" ja so viele schöne Reden vom
„Schutz des künstlerischen Eigenthums" gehalten worden sind, nicht in dem
vorliegenden Falle die moralische V e r p f l i ch t n n g hatte, die Initiative gegen den
Verein zu ergreifen und die Sache des geschädigten und mit bemerkenswerther
Rücksichtslosigkeit behandelten Künstlers zu der ihrigen zu machen. D. R.

Hrn. -5 in Wien. Wir bitten dringend um den Maibericht. Uebrigcns
haben wir in einem höflichen Schreiben dem „Comito für die dritte allge-
meine deutsche Kunstausstellung" unsere Willfährigkeit, die Angelegenheit in
jeder Weise fördern zu wollen, bezeugt, indessen nicht einmal eine Antwort
erhalten. Wir haben also durchaus keine Veranlassung zu der Annahme, daß
das Counts auf unsere Unterstützung einen besonderen Werth legt. D. R.

Hrn. * in Bremen. Schluß erhalten. Die gewünschten Mchrabdrücke
werden Sie erhalten. ' D. Red.

Hrn. □ in St. Petersburg. Unsre Briefe haben sich gekreuzt,
daher erwarten wir zunächst Antwort. (Eben erhalten!) Die Beschreibung
der Skizze haben wir vorläufig zurückgelegt bis zur Ausstellung. D. Red.

Hrn. E. B. in Breslau. Besten Dank! D. Red.

Kommissions-Verlag der Nicolai'scheu Verlags-Buchhandlung (A. Effert <L L. Lind ln er) in Berlin. — Druck von H. Theinhardt in Berlin.
 
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