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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0323

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lamentshaus in Edinburg bestimmt, ausgestellt war. Ich war
sogar etwas neugierig darauf, als ich weiter erfuhr, daß der Carton
hiefür von Wilhelm von Kaulbach sei, der meines Wissens für
ein Glasgemälde bisher noch keinen Entwurf geliefert hatte. Der
Gegenstand verspricht eben nicht viel; cs handelt sich um eine jener
Staatsactionen, die einen Künstler, der sich nach Leben und Bewe-
gung sehnt, in gelinde Verzweiflung versetzen können. König Jakob V.
eröffnete im Jahre 1532 den Civilgerichtshof in Edinburg, und diesen
Akt hatte uns nun Kaulbach vorzuführen. Hören Sie, wie er sich
aus der Affaire zog. In weiter Halle, welche die den britischen
Inseln eigenthümlichen Formen des gothischen Styls zeigt, erhebt
sich ein reich vergoldeter Thron, auf dem der König im weißen Ge-
wände und violettem Mantel, die Krone auf dem Haupt, Scepter
und Reichsapfel in der Hand, in etwas stark theatralischer Stellung
sitzt. Auf den Stufen des Thrones liegen Blumenkränze; wer sie
dahin gelegt, ist nicht ganz klar, es müßten denn die Bischöfe und
Richter gewesen sein, die dort stehen. Damit doch irgend etwas an
eine Handlung erinnert, läßt Kaulbach den einen Richter knieend eine
Urkunde in der Hand halten, die ein neben ihm stehender Bischof
segnet. Auch an Rittern und Gelehrten fehlt es nicht, natürlich jene
über und über gepanzert und diese in faltige Talare gesteckt. An sie
reihen sich die dii minorum gentium, als da sind Domherren und
dergleichen, an. Kaulbach scheint die ganze Gesellschaft selbst herzlich
langweilig gefunden zu haben und hat deshalb, einem guten Einfälle
Raum gebend, zu beiden Seiten des Thrones Gallerien angebracht
und sie zumeist mit hübschen Weibern besetzt. Da diesen begreiflicher-
weise die ganze Geschichte einschließlich der gesegneten Urkunde gleich-
falls wenig Spaß macht, so sind sie so klug und plaudern gruppen-
weise ganz ungenirt mit einander und mit einigen Hofkavalieren,
denen es in dieser Region auch behaglicher scheint, als unten zwischen
den Herren mit Insul, Barett und Hermelin. Daß die Frauen und
Jungfrauen jene Kaulbach'sche Familienähnlichkeit der Gesichtszüge
zeigen, werden Sie mir auch ohne nieine ausdrückliche Versicherung
glauben, und somit habe ich als gewissenhafter Berichterstatter für
heut meine Pflicht gethan. Was die technische Ausführung betrifft,
so genügt sie allen Anforderungen, welche an diesen Zweig der
bildenden Kunst billigerweise gestellt werden dürfen.

2 Wien, Mitte September. (Einweihung des Künstler-
Hauses und Eröffnung der deutschen allgemeinen Kunst-
Ausstellung; Künstlcrfest und Versammlung der Depu-
tirtcn der Kunstgenossenschaft. Forts.) Nachdem ich Ihnen
kurz den Verlauf deS Künstlerfcstes geschildert, muß ich wieder auf
den ersten Tag der Versammlung zurückgrcisen, um über die Kon-
stituirung derselben sowie über die Verhandlungen zu berichten. Ich
will Ihnen nicht verhehlen, daß — nach den Erfahrungen auf den
Künstlerkotigressen in früheren Jahren — die Künstler selbst sich von
den Verhandlungen wenig praktische Resultate versprachen; dies in
allen sich regende Gefühl von der Nutzlosigkeit solcher von Künstlern
in Scene gesetzten Debatten in mehr oder weniger korrekter parla-
mentarischer Form mochte wohl auch der Grund sein, daß man sich
im Allgemeinen ziemlich kurz faßte und mit einer gewissen Hast dem
Ende zueiltc, was in diesem Falle um so mehr zu bedauern war,
als gerade dadurch der wichtigste Antrag, die Regulirung der Kon-
kurrenzen betreffend, zwar zu einer lebhaften, aber keineswegs in die
Priucipien dieser wichtigen Frage tiefer eingehenden Erörterung ge-
langte. Ich will jedoch als gewissenhafter Berichterstatter vom An-
fang beginnen.

Die konstituirende Plenarsitzung fand am 31. August im kleinen
Redoutcnsaale statt. Professor Selleny eröffnete die Versammlung
mit einer kurzen Ansprache, worauf der Bürgermeister Zclinka

Namens der Stadt Wien und Kultusminister Hasner im Namen
des Staats die Künstler in Oesterreich willkommen hießen, der Letzt-
genannte außerdem über die Bedeutung der Kunst für das Leben und
für die ideale Entwicklung der Menschheit sprach. — Nach diesen
einleitenden Formalitäten wurde das von den Delegirten gewählte
Bureau des Künstlertages verkündet, welches, wie folgt, zusammen-
gesetzt war: Maler Selleny aus Wien, Präsident, Maler von
Blomberg ans Berlin, erster und Bildhauer Knoll aus Mün-
chen, zweiter Vice-Präsident, die Maler Carl Hoff aus Düsseldorf
und Aigner aus Wien, Schriftführer. Als Delegirte waren an-
wesend: Schleich aus München, Malß aus Frankfurt, Math es
aus Leipzig, Steinfurth aus Hamburg, Simonsen aus Dres-
den, Wodick aus Magdeburg, B re hm er aus Breslau, Thu-
mann aus Weimar, Dietz aus Karlsruhe und Friedländer
aus Wien.

Es lagen zwei Anträge vor, welche schon vorher seitens des
Hauptvorstandes den Lokalcomitö's mitgetheilt waren. Der eine, von
der berliner Kunstgenossenschast ausgehend, betraf eine Ergänzung
zum § 8 der Geschäftsordnung, welcher von den Differenzen zwischen
Mitgliedern der Genossenschaft handelt; der zweite, von der bres-
lauer Genossenschaft herrührend, enthielt Bemerkungen zu dem Ent-
wurf eines Statuts der Albrecht Dürer-Stiftung; an ihn schloß sich
ein kürzer Antrag, dahin lautend: „Die deutsche Künstgenossenschaft
möge den Bestrebungen des Architektcuvereins in Berlin wegen Re-
gulirung der Ausschreibung öffentlicher Konkurrenzen näher treten,
eventuell sich mit diesem in Verbindung setzen und mit ihm gemein-
schaftlich handeln." (Bekanntlich hat unser Journal durch ausführ-
liche Erörterung der Frage und durch Mittheilung der vom Archi-
tektenverein gepflogenen Verhandlungen darüber den ersten Anstoß
dazu gegeben. S. d. Leitartikel. D. Red.)

Seitens des Vorsitzenden wurde zunächst der Versammlung er-
öffnet, daß die Delegirten den Beschluß gefaßt, den Antrag Berlins,
betreffend die Assekuranzaugelcgenheit, von der Berathung abzusetzen,
nachdem derselbe nochmals in reifliche Ueberlcgung gezogen werden soll.
Hofmaler Dietz sprach ein warmes Wort für den Unterstützungs-
Verein „Albrecht Dürer-Stiftung" und beantragte, daß die Mit-
glieder der deutschen Künstgenossenschaft auch diesem Vereine ange-
hören und für ihn steuern sollen. In der letzten Künstlerversamm-
lung zu Weimar wurde eine Umarbeitung der Vercinsstatutcn
beschlossen und damit das düsseldorfer Lokalcomitü betraut. Die
Düsseldorfer haben sich dieser Aufgabe unterzogen und die umge-
arbeiteten Statuten sonach an die einzelnen Lokalcomito's zur Be-
gutachtung versendet. Hoff bemerkte als Berichterstatter, daß das
düsseldorfer Lokalcomitü der Ansicht sei, die Stiftung zwar zu för-
dern, jedoch dieselbe mit der deutschen Künstgenossenschaft nicht zu
idcntificircn. In diesem Sinne seien die Statuten ausgearbeitet.
Die Statuten werden verlesen. Zum Schluffe erklärt sich die Ver-
sammlung dafür, zunächst die Aeußerungen der Lokalcomite's abzu-
warten und diese dann einer eigenen Kommission zur Berichterstat-
tung für die nächste Hauptversammlung zu übergeben. (Schluß folgt.)

8«. Würzburg, im Septbr. (Die Etlinger'sche Kunst-
und Antiquitäten-Auction. Schluß.) Für die „Glasma-
lereien" fanden sich ebenfalls viele Käufer. Namentlich erwarb
Herr Kunsthändler I. Spengcl aus München deren eine Menge
zu hohen Preisen. Das einfache Wappen der Voigte von Walden-
burg wurde um 48 Gulden abgegeben. Ein nur ein und ein viertel
Fuß im Quadrat haltendes Glasbild, „Joseph und seine Brüder",
vom Jahre 1649, höchst wahrscheinlich von einem der tüchtigsten
schweizer Glasmaler gefertigt, ward mit 80 Gulden bezahlt. Das
mit Nr. 744 des Katalogs bezeichnete kostbare Glasfeuster, dcsien
 
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