Helene Perdriat
II KL B NH
l'KKDRIAT
»JUNGES
MÄDCHEN«
umwoben. Und indem sie die geliebten Früchte
als Symbol, als Wappen ihres Leibes, des Jubels
voll, uns darbringt, stempelt sie sie zur Ver-
körperung des Gesamt-Weiblichen.
Ihre Gestalten, die von scharfen Konturen
umrissen sind, malt sie aus, scheinbar grell, mit
ihrem Zinnober und Rot, mit ihrem ganz eignem
Grünblau und Malachit, und stimmt sie dennoch
ab zu einer süßen, ganz französischen Musik.
So kommt es, daß Helene Perdriat nichts als
ein Abbild ihrer ureignen Physiognomie geben
will und gerade dadurch ein Stück französi-
schen Geistes gibt!............p. b.
★
Wir Deutschen sind durch Goethes Wort
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
doch grün des Lebens goldner Baum" zur Ge-
nüge vor der durchscheinenden Unzulänglich-
keit von aus dem Wesen abgezogenen Denk-
systemen gewarnt. Wenn wir uns trotzdem
immer wieder Theorien erschaffen, so geschieht
dies wohl aus einem natürlichen Hang, und wohl
auch aus der Erkenntnis, daß sich mittels der
Theorie Verhältnisse leicht lesen lassen. Ge-
rade in Dingen der Kunst wird bei uns eifrig
spintisiert, obgleich vor dem farbigen, blutvollen
Wesen künstlerischer Tat das nachtgesponnene
Werk des Menschenhirns noch fahler und ge-
spenstischer erscheint als bei Betrachtung an-
derer Dinge. Die große Gefahr aller Theorie
liegt in der Verwendung und Überschätzung
ersetzender Bezeichnungen, also der Definition.
Es gibt wohl nichts, was die Unzulänglichkeit
der Definition oder Dafürsetzung besser geißelt,
als eine antike Anekdote von Diogenes, dem
einmal Plato den Menschen als „ein zwei-
füßiges, unbefiedertes Tier" definiert hatte. Am
nächsten Tag erschien der bottich-bewohnende
Weise mit einem gerupften Hahn und rief:
„Seht, das ist Piatos Mensch!" Worauf der
Jünger des Sokrates den Zusatz „mit breiten,
flachen Nägeln" machen mußte.....h. sch.
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II KL B NH
l'KKDRIAT
»JUNGES
MÄDCHEN«
umwoben. Und indem sie die geliebten Früchte
als Symbol, als Wappen ihres Leibes, des Jubels
voll, uns darbringt, stempelt sie sie zur Ver-
körperung des Gesamt-Weiblichen.
Ihre Gestalten, die von scharfen Konturen
umrissen sind, malt sie aus, scheinbar grell, mit
ihrem Zinnober und Rot, mit ihrem ganz eignem
Grünblau und Malachit, und stimmt sie dennoch
ab zu einer süßen, ganz französischen Musik.
So kommt es, daß Helene Perdriat nichts als
ein Abbild ihrer ureignen Physiognomie geben
will und gerade dadurch ein Stück französi-
schen Geistes gibt!............p. b.
★
Wir Deutschen sind durch Goethes Wort
„Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
doch grün des Lebens goldner Baum" zur Ge-
nüge vor der durchscheinenden Unzulänglich-
keit von aus dem Wesen abgezogenen Denk-
systemen gewarnt. Wenn wir uns trotzdem
immer wieder Theorien erschaffen, so geschieht
dies wohl aus einem natürlichen Hang, und wohl
auch aus der Erkenntnis, daß sich mittels der
Theorie Verhältnisse leicht lesen lassen. Ge-
rade in Dingen der Kunst wird bei uns eifrig
spintisiert, obgleich vor dem farbigen, blutvollen
Wesen künstlerischer Tat das nachtgesponnene
Werk des Menschenhirns noch fahler und ge-
spenstischer erscheint als bei Betrachtung an-
derer Dinge. Die große Gefahr aller Theorie
liegt in der Verwendung und Überschätzung
ersetzender Bezeichnungen, also der Definition.
Es gibt wohl nichts, was die Unzulänglichkeit
der Definition oder Dafürsetzung besser geißelt,
als eine antike Anekdote von Diogenes, dem
einmal Plato den Menschen als „ein zwei-
füßiges, unbefiedertes Tier" definiert hatte. Am
nächsten Tag erschien der bottich-bewohnende
Weise mit einem gerupften Hahn und rief:
„Seht, das ist Piatos Mensch!" Worauf der
Jünger des Sokrates den Zusatz „mit breiten,
flachen Nägeln" machen mußte.....h. sch.
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