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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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Gomoll, Wilhelm Conrad: Kieler Kunst-Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0403

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KIELER KUNST-KERAMIK A.G.

-KERAMISCHE VASEN«

KIELER KUNST-KERAMIK

VON WILHELM CONRAD GOMOLL

Seit einigen Jahren kann man auf den großen
Ausstellungen, die der Kunst, dem Kunst-
gewerbe und der Kunstpflege gewidmet sind,
immer wieder wundervollen Fayencen begegnen,
die dem Sachkundigen inmitten der Fülle des
Gebotenen auffallen. Es sind das Arbeiten,
die aus den noch jungen und doch schon so er-
folgreichen Werkstätten der Kieler Kunstkera-
mik A.G. stammen, die sich dank der ihnen
eigenen Werte schnell einen Weg bereiten konn-
ten ; einen Weg, der nicht nur durch Deutsch-
land, sondern auch über seine Grenzen und
nach Übersee hinausführte. Seit den ersten Aus-
stellungen haben wir von Jahr zu Jahr eine Stei-
gerung der Leistungsfähigkeit dieser Werkstät-
ten feststellen können, der denn auch das stetig
steigende Interesse der Öffentlichkeit entsprach.
In gleichem Maße sind ihre Formen und Farben
den Augen wohltuend, und ihre Zweckmäßig-
keit tritt so überzeugend klar neben die edle
Art ihrer Materialbeschaffenheit, daß ein Über-
sehen völlig unmöglich wird.

Wodurch entstand diese Wirkung? Der Er-
folg wurde durch das rückhaltlose Bekenntnis
zum Wertarbeitsgedanken erreicht, der mit
jedem Stück in ausgesprochen klarer Formung
betont wird. Wohl hat man auch in Kiel auf
dem für Schleswig-Holstein traditionskräftigen
Boden der alten Kellinghusener Töpferkunst
aufgebaut, die in den Museen der Nordmark,
besonders in Flensburg und Kiel, in hervor-
ragenden alten Stücken bewundert werden
kann; man hat sich aber dadurch keineswegs
in eine Abhängigkeit begeben, sondern ent-

wickelte vielmehr etwas völlig Neues, so daß
der Betrachter überrascht vor den Produkten
dieser Werkstätten steht und gern bereit ist,
ihre kulturelle und geschmackserzieherische Be-
deutung anzuerkennen. Es handelt sich dabei
mit diesem „Neuen" nicht um das Betonen
irgendwelcher Sensationen oder um das Auf-
werfen besonderer Formen- und Farbenpro-
bleme, die zu bestechen versuchten, sondern
um eine rein schöpferische Kunstleistung, die
bestrebt ist, dem schlichten Tonscherben zu
neuen Erscheinungsmöglichkeiten zu verhelfen
und ihm durch sorgfältig erprobte Glasurtech-
niken einen Ausdruck zu verleihen, wie wir
ihn bisher nicht gekannt haben. Es kam auf
dem Gebiete der alten Töpferkunst eine neue
Verbindung von Materialechtheit und bewußt
gestaltendem künstlerischem Willen zustande,
der wir nun im besten Sinne ein keramisches
Edelprodukt verdanken.

Man verwendet in Kiel zur Herstellung die-
ser Fayencen das schon in alter Zeit verarbei-
tete Material des roten Elmschenhagener Tones,
veredelt es aber, indem man ihm einen Zusatz
von mitteldeutscher Meißener Erde gibt. Die
Mischung, zu feinstem Mahlgut verarbeitet,
läuft nun durch die Hände der Former, die nach
alter Handwerkerweise vor der Drehscheibe
sitzen und mit den Fingern gestalten. Es wird
also die alte Art gepflegt, und der schaffende
Arbeiter muß neben Übung und Geschicklich-
keit auch über gutausgebildeten Formen- und
Farbensinn verfügen, wenn das unter seinen
Händen entstehende Stück dem von Künstler-
 
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