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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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A. P.: Neue Arbeiten von Fritz August Breuhaus
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B., F.: Um Münchens Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0197

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Neue . Xrbeiten von Fritz August Breuhaus

gene Verwendung von Muschelkalk, den Rhyth-
mus der Fenster unterstreichend. Gelagerter
Baukörper, jede Linie abgewogen und alles aus
dem Innenraum, der Seele des Hauses geboren.
Schwarzes, flaches Schieferdach, stolze Panther-
plastiken auf versetztem Hauptgesims. Das Por-
tal betont, fast feierlich. Nach der Gartenfront
atmen die Räume durch Rundbogentüren zur
Terrasse; diese wird flankiert vom Wintergarten
und dem überdeckten Sitzplatz. Oben große
Terrassen für die Eltern, für die Kinder; in der
Mitte ein kapriziöser Balkon in Schmiedeeisen.
Das Ganze ein Bild eines vornehmen Landhauses.

Haus S. in Essen war ein Um- und Anbau,
in dem Fritz August Breuhaus in der Ge-
staltung von Innenräumen seine meisterliche
Kunst beweisen konnte. Der Wintergarten,
für ihn primitivster Ausdruck. Der Sinn, hier
Licht und Gartenblick zu behalten und zu ban-
nen, ist glänzend erreicht. Bronzefenster, Wand-
putz mit raffiniert verteiltem Mosaik in Blau
und Gelb, der Boden polierte Solnhofener Plat-
ten, die Möbel pastellblau lackiertes Holz mit

etwas dunkler getönten Bezügen. Die Licht-
träger eigenartig und wintergärtnerisch. Rei-
zende Plätze für viele Kakteen. Das Herren-
zimmer Palisanderholz in großen, weiten Flä-
chen; die Balkendecke mit leicht vergoldetem
Stab; Zwischenfelder terrakottafarbig in mattem
Lack und wie der Spannteppich getönt. Die
Möbel eigenartig und bequem. Das Schlaf-
zimmer der Kinder graziöse Primitivität in
feingestimmten Pastellfarben, lichtblau, licht-
grün. Das Kinderspielzimmer ein Zauberschloß
für die Kleinen. Schränke, Borden, Tafel und
Rechenmaschine, unendlicheMöglichkeiten jüng-
sten Lebens. Holzarten in verschiedenen Tönen
harmonisch gestaffelt geben dem Raum die Note.
Die Küche, wie alle Arbeitsräume, sachlich,
zweckmäßig in ihrer ureigensten Form.

Es ist erstaunlich wie Fritz August Breu-
haus, ungetrübt durch härteste Schulen, mit glei-
chem Elan Häuser, Innenräume, Straßenbahn-
wagen, Tapeten und Kleiderstoffe erdenkt, und
aus allen seinen Arbeiten spricht Lebenslust
und Lebensfreude........... dr. p. a.

UM MÜNCHENS KUNST

Professor Fritz Behn hat in den M.N.N. einen
offenen Brief an das Kultusministerium ge-
richtet, worin er dem verantwortlichen Minister
die Ursachen des Rückgangs der Münchener
bildenden Kunst darzulegen sucht.

Zum Schluß machte er folgende Vorschläge:

1. Man soll dem freien Künstler wieder eine
geachtete, moralische Stellung im Staat geben.
Das kann man, indem die offiziellen Stellen sich
persönlich für ihn interessieren, ihn im Atelier
aufsuchen, sich öffentlich für ihn einsetzen, ihn
um seine Meinung fragen usw.

2. Man soll dem Künstler wieder eine Instanz
geben, an die er sich in allen wichtigen, öffent-
lichen und privaten künstlerischen Fragen wen-
den kann, wo er Gehör und Unterstützung
findet, wo er seine Anregungen und Wünsche
anbringen kann.

3. Diese Instanz kann nicht ein einzelner,
unterstellter Beamter sein, wie es jetzt der Fall
ist, der eigentlich nur zufällig als „Ressort" mit
Kunst zu tun hat, der darum einseitig und oft
ohne Kunstverständnis seines Amtes waltet,
sondern eine verantwortliche, künstlerische und
umfassende Persönlichkeit, die als Autorität von
den Künstlern anerkannt und geachtet ist.

4. Der ältere anerkannte Künstler muß mehr
Aufträge bekommen, der jüngere Nachwuchs
eine bessere, sachgemäßere Ausbildung erhal-
ten. Es müssen wie im Mittelalter Lehrzeiten

für den jungen Künstler in privaten Meister-
ateliers eingeführt werden, wo er sich praktisch
in allen Techniken betätigen kann und dem
Meister ein interessierter und billiger Gehilfe ist.

5. Es müssen wieder für diejenigen Privat-
personen Auszeichnungen und Titel zu haben
sein, die für die Kunst größere Geldmittel zur
Verfügung stellen. So wird man unter den
neuenReichen ein neues Mäcenatentum anregen.

6. Es muß mehr Geld für die freie bildende
Kunst vom Staate bewilligt werden. Denn
Kunst ist mindestens ebenso wichtig für ein
Volk wie alle anderen staaterhaltenden Be-
triebe. Der Künstler ist kulturell weit wichtiger
als andere, für die alles geschieht. Wenn für
das Staatstheater in München jährlich fast zwei
Millionen ausgegeben werden, so hat die bil-
dende Kunst dasselbe Recht darauf.

Solange aber die bildende Kunst gewisser-
maßen nur geduldet ist im Staat, nur vom
Standpunkt des Luxus behandelt wird, oder
höchstens vom Standpunkt des Beamten aus,
solange die Kunst nicht die gleiche Rolle spielt,
wie alle staaterhaltenden Einrichtungen, so-
lange der Künstler nicht ernst genommen wird
und weniger Recht und Schutz hat als jeder
Handarbeiter, solange wird es mit der Kultur
eines Volkes bergab gehen und Münchens
Kunst, einst so berühmt, ja München selbst da-
mit wird weiter sterben..........prqf f b
 
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