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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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Dreyfus, Albert: Helmut vom Hügel
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0179

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h. v. hügel.
»der esser«
SAMMLUNG
LAURENCIN

HELMUT VOM HÜGEL

Vom Hügel knüpft an die große einfache
Form Manets, an seine breit hingesetzten,
gehaltenen, noch nicht mit Licht explodierenden
Töne an, nicht aus antiquarischem Interesse,
sondern aus wesentlichem Bedürfnis nach Dis-
ziplin, nach Einfangen von sonst Zerflattern-
dem. Unter den modernen Franzosen hat ihn
am meisten Braque ergriffen. Auch dieser kon-
struiert nicht mit Hell und Dunkel, sondern
mit Tönen. Weiß ist ihm die hellste Farbigkeit
wie den alten Holländern; weiß ist ihm Licht-
faktor, vor allem aber Kompositionsmittel.
Diese Tradition setzt vom Hügel fort.

Manet, Braque bestimmen noch Kolle's Mal-
weise, aber seine Sensibilität, besser Sensuali-
tät ist eine eigene. Man spürt an seinen Bildern,
sie sind noch stärker erlebt als gestaltet. Die
Stimme ist da, aber noch nicht ganz das Wort.

Vom Hügel's Kunst ist, wenn sie sich auch
an Manet zu orientieren sucht, nicht museal,
sie speist sich aus dem Leben. Man trifft ihn
in Paris in Velodromen, auf Rennbahnen, wo er
das Stoffliche zu seinen Bildern greift und stu-
diert, und spät oft zu Hause im Quatier Latin,
in einem Hofzimmer, das so winzig ist, daß er
kaum vor dem Bild zurücktreten kann, und so

wenig Licht hat, daß er besser bei elektrischem
Licht arbeitet; dort bringt er, ungehemmt von
solchen äußeren Unzulänglichkeiten, seine Vi-
sionen auf großformatige Leinwände mit hell-
seherischer Freudigkeit, wie sie allein Paris,
die Stimmung von Paris verleihen kann,

Wird Helmut vom Hügel zum Ziel gelangen?
Er hat viel Weiches, eine den Formwillen ge-
legentlich überflutende Sinnlichkeit, aber sein
Blick ist scharf; und etwas Schlankeres, Be-
henderes ist in ihm lebendig, als die großen,
dicken, genießerischen Hände einstweilen be-
kunden, die er, das Griffige vernachlässigend,
ganz auf Tonwert hin malt. Man spürt durch
alle Lässigkeit hindurch einen eigenen Charme
und Rhythmus.

Er hat einen guten Start in Paris, aber noch
sind die Hindernisse nicht genommen. Im
vorigen Jahr zeigte er in der Galerie Pierre
frühere und neue Arbeiten. Die erste Kon-
frontation des Eigenen und Fremden. Marie
Laurencin, Jean Cocteau und ihr Kreis spen-
deten entzückt Beifall, der freilich noch nicht
schlüssig ist. Gültig muß vom Hügel erst zum
Ausdruck bringen, was ihn von Paris sondert:
sich selbst........... albert dreyfus.

XXIX. Joni 1926. S
 
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