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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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Schiebelhuth, Hans: Ironie und Sachlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0024

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Ironie und Sächlichkeit

HELEN!
PER D K1 AT.
ERWACHEN
19 2 2

IRONIE UND SACHLICHKEIT

Der Mensch tritt den sachlichen Bestand der
Welt in jedem Augenblick an und mißt
sich mit ihm. In den archaischen Zeiten hat die
Erde das gütige Gesicht der Demeter, mit Tau-
mel und „Rausch" zieht Bacchus durch die
Natur, der Wanderer durchs Leben erschrickt
vor dem fürchtbar götzenhaften Bild der Astarte.
Mit der Unschuld des Mythus ist es vorbei, so-
bald die Sophisten die „Vernunft" entdeckt
haben, oder genauer in dem Augenblick, in dem
sie durch Sokrates in die Mitte der Welt-
anschauung diktatorisch eingesetzt wird. Die
Kirchenväter kommen mit dem Primat des
„Logos". Die Welt lebt der Vernunft nach, die
Menschen richten ihr Leben demgemäß ein. Die

Vernunft wird durch Jahrhunderte hindurch die
Herrin des Denkens. Wir haben es mit der
ersten Form der „Ironie" zu tun, — der ratio-
nalistischen. Die Welt in ihrem Bestand und
das Leben in seinem geschöpflichen Ablauf
werden von Seiten der Vernunft ironisiert.

Die irdischen Lebensmächte, die Bodengei-
ster, oder mit Hölderlin zu reden „die unge-
lehrigen Geniuskräfte" schlafen nicht. Im acht-
zehnten Jahrhundert brechen sie mit vollem
Anspruch ins Denken ein. Ihr gesehenster An-
walt ist Rousseau. Der Rationalismus hatte
seit 1700 (Leibniz) eigentlich nichts anders mehr
entdeckt als die Unzulänglichkeit der Vernunft.
Mit dem Naturdenken, dem durch Einzelne
 
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