MELA MUTER
Europa ist nicht nur trockener geographischer
Begriff, es bedeutet eine eigene Lebens-
gemeinschaft; und eine Kunst ist im Entstehen,
die, mehr auf menschlichen als formalen Quali-
täten aufgebaut, europäisch genannt werden
muß, weil sie, Errungenschaften verschiedener
Völker in sich verarbeitend, Nationales nur
noch als Ingredienz aufweist.
Paris ist das Zentrum dieser Kunstbewegung;
osteuropäische, politisch noch im Ausreifen be-
griffene Länder stellen das größte Kontingent
hierzu.
Mela Muter ist Polin, in Paris künstlerisch
geschult und ansässig, ihrem Wesen nach aber
Europäerin. Sie denkt europäisch, sie malt
europäisch, für Europäer. Eine Künstlerin von
weit hinreichendem Intellekt, von einer beson-
deren psychologischen Eindringlichkeit. Van
Goghsche Ausdruckssteigerung hat sie am mei-
sten berührt, im Grunde aber hat sie ihre
eigene Malweise, dem Sinn entsprechend, den
sie aus den Dingen und Menschen herausholt.
Neben einem extrem sich vorwagenden Moder-
nen scheint sie akademisch anzumuten, neben
einem tatsächlich akademischen Bild aber wirkt
sie ganz frei. Mela Muter steht über den Rich-
tungen, mitten im Menschlichen.
Ihre Malerei hat etwas von dem pflugaufge-
wühlten Acker. Der tief aufgeschürfte Mensch
mit seiner Bereitschaft zur Konflagration ist ihr
Thema, das irgendwie auch in ihren Landschaf-
ten und Stilleben abgewandelt ist. Seltsam,
daß diese Frau, der ein Antlitz von mondsanfter
Schönheit beschieden war, sich von Anfang an
in ihrer Kunst so stark zur Wiedergabe aller
Art Stigmen hingezogen fühlte, mit Vorliebe
körperliche oder seelische Entstellungen malte!
Es sieht so aus, als ob man nicht ungestraft die
saturnischen Mächte aufstöbern, das Schick-
sal herausfordern kann. Bald überfluteten die
heraufbeschworenen Schatten Mela Muters ei-
genes Leben. Es gelang ihr sich dagegen zu
halten, die zerstörerischen Kräfte in Schaffens-
energie umzuwandeln. Erst jetzt, wie Edel-
metall eingeschmolzen und entschlackt, wuchs
sie gleichsam in die Berechtigung hinein, Um-
233
Europa ist nicht nur trockener geographischer
Begriff, es bedeutet eine eigene Lebens-
gemeinschaft; und eine Kunst ist im Entstehen,
die, mehr auf menschlichen als formalen Quali-
täten aufgebaut, europäisch genannt werden
muß, weil sie, Errungenschaften verschiedener
Völker in sich verarbeitend, Nationales nur
noch als Ingredienz aufweist.
Paris ist das Zentrum dieser Kunstbewegung;
osteuropäische, politisch noch im Ausreifen be-
griffene Länder stellen das größte Kontingent
hierzu.
Mela Muter ist Polin, in Paris künstlerisch
geschult und ansässig, ihrem Wesen nach aber
Europäerin. Sie denkt europäisch, sie malt
europäisch, für Europäer. Eine Künstlerin von
weit hinreichendem Intellekt, von einer beson-
deren psychologischen Eindringlichkeit. Van
Goghsche Ausdruckssteigerung hat sie am mei-
sten berührt, im Grunde aber hat sie ihre
eigene Malweise, dem Sinn entsprechend, den
sie aus den Dingen und Menschen herausholt.
Neben einem extrem sich vorwagenden Moder-
nen scheint sie akademisch anzumuten, neben
einem tatsächlich akademischen Bild aber wirkt
sie ganz frei. Mela Muter steht über den Rich-
tungen, mitten im Menschlichen.
Ihre Malerei hat etwas von dem pflugaufge-
wühlten Acker. Der tief aufgeschürfte Mensch
mit seiner Bereitschaft zur Konflagration ist ihr
Thema, das irgendwie auch in ihren Landschaf-
ten und Stilleben abgewandelt ist. Seltsam,
daß diese Frau, der ein Antlitz von mondsanfter
Schönheit beschieden war, sich von Anfang an
in ihrer Kunst so stark zur Wiedergabe aller
Art Stigmen hingezogen fühlte, mit Vorliebe
körperliche oder seelische Entstellungen malte!
Es sieht so aus, als ob man nicht ungestraft die
saturnischen Mächte aufstöbern, das Schick-
sal herausfordern kann. Bald überfluteten die
heraufbeschworenen Schatten Mela Muters ei-
genes Leben. Es gelang ihr sich dagegen zu
halten, die zerstörerischen Kräfte in Schaffens-
energie umzuwandeln. Erst jetzt, wie Edel-
metall eingeschmolzen und entschlackt, wuchs
sie gleichsam in die Berechtigung hinein, Um-
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