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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 58.1926

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Schürer, Oskar: Heimliche Romantik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9181#0388

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Heimliche Romantik

bogen, der über das Ganze gespannt ist, sei als
zwar äußerliches, aber recht drastisches Zeichen
dessen angeführt. Also hinaus aus diesem
Schrecklich-Wirklichen, fort von den Tatsachen,
hinauf in die Illusion! Ist das nicht romantisch?
Daß mit dieser kurzen Feststellung das Problem
Dix nicht erledigt ist, bedarf keiner besonderen
Beteuerung. Daß aber viel eher in dem „Veri-
sten" Dix eine heimliche Romantik treibt, als
in den sogenannten „Neuen Romantikern", das
spüren wir, wenn wir in aquarellierten Blättern
der echten Romantiker auf erstaunlich ähnliche
Gesamtkomposition und Farbenstimmung sto-
ßen wie bei dem Kriegsbild von Dix, — aller-
dings dort ohne die „veristische" Version der
Spannung zur Detailfüllung. Das spüren wir
aber auch, wenn wir andere Werke von Dix
ansehen, namentlich die neuesten, aus denen
nun eine unverkennbare Hinwendung zu for-
malen Problemen der Romantik nach 1800 in
ganz ausgesprochenem Sinn deutlich wird. Eine
Beobachtung, die wir nun wieder den Propa-

gatoren der „neuen Sachlichkeit" mit freund-
lichem Augenzwinkernins Stammbuch schreiben.

Heimliche Romantik treibt also sehr wohl in
unserer Zeit. Aber wohlgemerkt, nicht als
Kernkraft, sondern als Reaktion, — im Falle
Dix als Reaktion gegen Zeiterscheinungen wie
gegen persönliche Gebundenheiten. Diese heim-
liche Romantik aufzudecken, ist sicher ver-
dienstvoll. Man darf sie aber heute nur als
Unterströmung werten, deren Erkenntnis und
Bewußtmachung die Hauptströmung — die
realistische in einem sehr modernen Sinn! —
als eigentliche Ursache begreifen läßt. Solches
Unterfangen würde allerdings viel mehr Raum
bedürfen, als diesem erneuten Versuch der
„Schlagwortzertrümmerung" an dieser Stelle
zugestanden werden darf. . . dr. oskar schürer.
*

Der Künstler, der nicht versinken will im Un-
sichern und in der Nachahmung, darf nur
das Leben lieben, das er selbst lebt, und die
Luft, die er atmet............ marinetti.
 
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