Den Impuls für die Entstehung eines Wohn-
quartieres um die Geyso- und Nordstraße ab
Mitte der achtziger Jahre des 19.Jh. gab die
Verwaltung der ehemaligen Braunschweiger
Landeseisenbahn mit ihrer Entscheidung, im
Norden der Stadt einen weiteren Bahnhof zu
errichten und den Personenverkehr in Richtung
Fallersleben auf einer ebenfalls neuen Strecke
von hier aus abzuwickeln. 1886 war beides fer-
tiggestellt, und es gab vom Nordbahnhof aus
(Am Nordbahnhof 1) bis in die dreißiger Jahre
dieses Jahrhunderts Personenverkehr auf die-
ser Strecke. In westlicher Richtung war der
Nordbahnhof über die Ringbahn mit dem
Hauptbahnhof und den übrigen Strecken ver-
bunden. Das Empfangsgebäude selbst ist ein
gestufter, symmetrisch entworfener Ziegelbau,
dessen äußeres Erscheinungsbild von überwie-
gend rundbogigen Fensteröffnungen und einem
mehrfarbigen Ziegelmauerwerk in vielfältiger,
den Bau gliedernder Verarbeitung, geprägt ist.
Den zweigeschossigen Mittelbau flankieren
zweieinhalbgeschossige, lisenengegliederte Flü-
gelbauten, die durch flache Dreieckgiebel ak-
zentuiert und durch ein mehrstufiges Kranzge-
sims mit dem Mittelbau optisch zusammenge-
bunden sind. Eingeschossige, dreiachsige
Endbauten unter flachgeneigten Satteldächern
fassen den Komplex auf beiden Seiten ein.
Straßen- und Bahnseite sind identisch ausgebil-
det. Nach Einstellung des Personenverkehrs ist
in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Welt-
krieg nur noch ein Durchfahrgleis erhalten wor-
den, über das u.a. das städtische Heizkraftwerk
mit Kohle versorgt wurde. Das Bahnhofsgebäu-
de gehört heute der Stadt, die es 1988 restau-
rieren und zu einem Büro- und Tagungsgebäu-
de umbauen ließ.
Auf der Stadtseite des Nordbahnhofes liegen
zwei weitere, von der Braunschweigischen Lan-
deseisenbahn - Gesellschaft in Auftrag gege-
bene Gebäude, die durch ihre identische Ge-
staltung auffallen und die stadträumliche Situa-
tion auf der gegenüberliegenden Seite des
Bahnhofes einfassen (Am Nordbahnhof 8
und 10). Es sind zwei von J. Kölling 1924 ent-
worfene, verputzte Einfamilienhäuser, einge-
schossig und mit wuchtigen, ausgebauten
Mansarddächern. Mittige Zwerchhäuser, halb-
runde seitliche Ausbauten und ebenfalls abge-
rundete, mit Säulen bestandene Terrassen auf
den Gartenseiten sind neubarocke Architektur-
formen, die in den zwanziger Jahren dieses
Jahrhunderts weit verbreitet waren, in Braun-
schweig aber nur mit einigen wenigen Beispie-
len vertreten sind.
Jenseits der Trasse der ehemaligen Ringbahn
ist das Stadtgebiet zwischen Hamburger
Straße und Bienroder Weg auch heute noch
locker bebaut. Kleinere Industriebetriebe, einige
wenige Wohnhäuser und Kleingartenkolonien
bestimmen das Bild, ehe noch weiter im Nor-
den Siedlungsbau einsetzt, der in den zwanzi-
ger Jahren mit dem Siegfriedviertel begann und
in den dreißiger Jahren von dort nach Westen
ausgriff und bis an die Hamburger Straße her-
angeführt wurde.
Architektur aus der Jahrhundertwende und
dem Beginn des 20.Jh. findet sich nur in der
Ludwigstraße, einer jenseits der ehemaligen
Bahntrasse entlangführende Querverbindung
zwischen Hamburger Straße und dem die nörd-
lichen Siedlungen an die Innenstadt anbinden-
den Mittelweg. Hier liegt mit der Nr. 15 das Ge-
bäude des ehemaligen Luisenstifts, eines 1906
gebauten Kinderheimes, errichtet in einer in
Braunschweig eher selten auftretenden neuba-
rocken Architektursprache. Der Bau wurde von
G. Lübke, damals Professor an der Techni-
schen Hochschule Braunschweig, entworfen,
einem Architekten der sich unterschiedlicher
Stilrichtungen bediente und auch im Stadtzen-
trum bedeutende Bauaufträge ausführte (s. Teil
1, Garküche 3). Das langgestreckte zweige-
schossige Gebäude steht mit der Schmalseite
zur Straße und hat seine mit weit vortretendem
Mittelrisalit stark betonte Schauseite über Gar-
tengelände hinweg zum Mittelweg. Das ganze
Gebäude ruht auf einem hohen, in Kalkwerk-
stein gemauerten Souterrainsockel, so daß die
auf beiden Seiten des Mittelrisalites hoch lie-
genden Eingänge über großzügig angelegte,
ebenfalls in Werkstein ausgeführte Freitreppen
erschlossen sind. Rundbogig geöffnete Wind-
fänge in den Zwickeln zwischen Risalit und
Haupttrakt setzen hier zusätzliche Akzente. Der
großvolumige Baukörper mit seiner nach Osten
gerichteten Schaufassade ist auf eine gewisse
Fernwirkung hin konzipiert, die durch einen
heute nicht mehr vorhandenen zentralen
Dachreiter zusätzlich unterstrichen war.
Seit Mitte der dreißiger Jahre dieses Jahrhun-
derts entstand zwischen dem Siegfriedviertel
und der Hamburger Straße eine Siedlung, für
die auch ein neuer Kirchenbau errichtet wurde.
Er steht auf der höchsten Erhebung des hier
nach Süden sanft abfallenden Siedlungsgelän-
des, das den Flurnamen „der hinterste Wein-
berg“ trug. Die evang. Kirche St. Georg (Donner-
burgweg 36) ist einer jener schlichten Saalbau-
ten, bei denen sich modernes Bauen,
klassizistische Formelemente und eine boden-
ständige Baugesinnung zu einer nüchternen,
ausgedünnten Architektur verbinden, die für
den Kirchenbau der Zeit durchaus typisch ist.
A. Pramann entwarf den Bau 1936 im Auftrag
des Stadtkirchenausschusses. Der Geländeab-
Am Nordbahnhof 1, ehern. Empfangsgebäude, 1886
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quartieres um die Geyso- und Nordstraße ab
Mitte der achtziger Jahre des 19.Jh. gab die
Verwaltung der ehemaligen Braunschweiger
Landeseisenbahn mit ihrer Entscheidung, im
Norden der Stadt einen weiteren Bahnhof zu
errichten und den Personenverkehr in Richtung
Fallersleben auf einer ebenfalls neuen Strecke
von hier aus abzuwickeln. 1886 war beides fer-
tiggestellt, und es gab vom Nordbahnhof aus
(Am Nordbahnhof 1) bis in die dreißiger Jahre
dieses Jahrhunderts Personenverkehr auf die-
ser Strecke. In westlicher Richtung war der
Nordbahnhof über die Ringbahn mit dem
Hauptbahnhof und den übrigen Strecken ver-
bunden. Das Empfangsgebäude selbst ist ein
gestufter, symmetrisch entworfener Ziegelbau,
dessen äußeres Erscheinungsbild von überwie-
gend rundbogigen Fensteröffnungen und einem
mehrfarbigen Ziegelmauerwerk in vielfältiger,
den Bau gliedernder Verarbeitung, geprägt ist.
Den zweigeschossigen Mittelbau flankieren
zweieinhalbgeschossige, lisenengegliederte Flü-
gelbauten, die durch flache Dreieckgiebel ak-
zentuiert und durch ein mehrstufiges Kranzge-
sims mit dem Mittelbau optisch zusammenge-
bunden sind. Eingeschossige, dreiachsige
Endbauten unter flachgeneigten Satteldächern
fassen den Komplex auf beiden Seiten ein.
Straßen- und Bahnseite sind identisch ausgebil-
det. Nach Einstellung des Personenverkehrs ist
in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Welt-
krieg nur noch ein Durchfahrgleis erhalten wor-
den, über das u.a. das städtische Heizkraftwerk
mit Kohle versorgt wurde. Das Bahnhofsgebäu-
de gehört heute der Stadt, die es 1988 restau-
rieren und zu einem Büro- und Tagungsgebäu-
de umbauen ließ.
Auf der Stadtseite des Nordbahnhofes liegen
zwei weitere, von der Braunschweigischen Lan-
deseisenbahn - Gesellschaft in Auftrag gege-
bene Gebäude, die durch ihre identische Ge-
staltung auffallen und die stadträumliche Situa-
tion auf der gegenüberliegenden Seite des
Bahnhofes einfassen (Am Nordbahnhof 8
und 10). Es sind zwei von J. Kölling 1924 ent-
worfene, verputzte Einfamilienhäuser, einge-
schossig und mit wuchtigen, ausgebauten
Mansarddächern. Mittige Zwerchhäuser, halb-
runde seitliche Ausbauten und ebenfalls abge-
rundete, mit Säulen bestandene Terrassen auf
den Gartenseiten sind neubarocke Architektur-
formen, die in den zwanziger Jahren dieses
Jahrhunderts weit verbreitet waren, in Braun-
schweig aber nur mit einigen wenigen Beispie-
len vertreten sind.
Jenseits der Trasse der ehemaligen Ringbahn
ist das Stadtgebiet zwischen Hamburger
Straße und Bienroder Weg auch heute noch
locker bebaut. Kleinere Industriebetriebe, einige
wenige Wohnhäuser und Kleingartenkolonien
bestimmen das Bild, ehe noch weiter im Nor-
den Siedlungsbau einsetzt, der in den zwanzi-
ger Jahren mit dem Siegfriedviertel begann und
in den dreißiger Jahren von dort nach Westen
ausgriff und bis an die Hamburger Straße her-
angeführt wurde.
Architektur aus der Jahrhundertwende und
dem Beginn des 20.Jh. findet sich nur in der
Ludwigstraße, einer jenseits der ehemaligen
Bahntrasse entlangführende Querverbindung
zwischen Hamburger Straße und dem die nörd-
lichen Siedlungen an die Innenstadt anbinden-
den Mittelweg. Hier liegt mit der Nr. 15 das Ge-
bäude des ehemaligen Luisenstifts, eines 1906
gebauten Kinderheimes, errichtet in einer in
Braunschweig eher selten auftretenden neuba-
rocken Architektursprache. Der Bau wurde von
G. Lübke, damals Professor an der Techni-
schen Hochschule Braunschweig, entworfen,
einem Architekten der sich unterschiedlicher
Stilrichtungen bediente und auch im Stadtzen-
trum bedeutende Bauaufträge ausführte (s. Teil
1, Garküche 3). Das langgestreckte zweige-
schossige Gebäude steht mit der Schmalseite
zur Straße und hat seine mit weit vortretendem
Mittelrisalit stark betonte Schauseite über Gar-
tengelände hinweg zum Mittelweg. Das ganze
Gebäude ruht auf einem hohen, in Kalkwerk-
stein gemauerten Souterrainsockel, so daß die
auf beiden Seiten des Mittelrisalites hoch lie-
genden Eingänge über großzügig angelegte,
ebenfalls in Werkstein ausgeführte Freitreppen
erschlossen sind. Rundbogig geöffnete Wind-
fänge in den Zwickeln zwischen Risalit und
Haupttrakt setzen hier zusätzliche Akzente. Der
großvolumige Baukörper mit seiner nach Osten
gerichteten Schaufassade ist auf eine gewisse
Fernwirkung hin konzipiert, die durch einen
heute nicht mehr vorhandenen zentralen
Dachreiter zusätzlich unterstrichen war.
Seit Mitte der dreißiger Jahre dieses Jahrhun-
derts entstand zwischen dem Siegfriedviertel
und der Hamburger Straße eine Siedlung, für
die auch ein neuer Kirchenbau errichtet wurde.
Er steht auf der höchsten Erhebung des hier
nach Süden sanft abfallenden Siedlungsgelän-
des, das den Flurnamen „der hinterste Wein-
berg“ trug. Die evang. Kirche St. Georg (Donner-
burgweg 36) ist einer jener schlichten Saalbau-
ten, bei denen sich modernes Bauen,
klassizistische Formelemente und eine boden-
ständige Baugesinnung zu einer nüchternen,
ausgedünnten Architektur verbinden, die für
den Kirchenbau der Zeit durchaus typisch ist.
A. Pramann entwarf den Bau 1936 im Auftrag
des Stadtkirchenausschusses. Der Geländeab-
Am Nordbahnhof 1, ehern. Empfangsgebäude, 1886
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