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Albrecht, Heike [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 26,1): Landkreis Stade: ohne die Städte Stade und Buxtehude — Braunschweig, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44441#0182
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lieh datierte Balken die Jahreszahlen 1715 im
Haupthaus und 1648 in der ehemaligen, zu
Wohnraum ausgebauten Scheune an. Als wei-
terer Bestandteil der Gruppe ist das Altenteiler-
haus Am Deich 32, ein reetgedeckter Fach-
werkbau mit teilweise massiv erneuerten
Außenwänden aus der 1. Hälfte des 19.Jh. zu
nennen.
Auch der traufständig angeordnete Zweistän-
derbau Twielenflether Chaussee 62 mit
straßenbildprägender Funktion enthält ein älte-
res Innengerüst, als die um 1850 erneuerten
Fachwerkaußenwände vermuten lassen. So
wurden in beiden Giebeln unterhalb der Vorkra-
gungen mit nur schwach vorgesetzten, an der
Unterkante profilierten Schwellen die alten, ver-
mutlich der Vorgängerfassade entstammenden
Knaggen angebracht, welche stilistisch in das
18.Jh., wenn nicht sogar 17.Jh. weisen. Das
Ergebnis eines Umbaus im 20.Jh. ist der vertieft
liegende Eingang.

Einen Point-de-vue bildet am südlichen Ende
der Twielenflether Chaussee die Windmühle, bei
der es sich sowohl um den ältesten Galerie-
holländer als auch um die einzige noch gewerb-
lich genutzte Getreidemühle des Landkreises
handelt. Sie kann heute wahlweise mit Wind
oder Motorkraft betrieben werden (Mühlen-
straße 16). Die Geschichte einer ersten Bock-
windmühle an dieser Stelle läßt sich bis in die
Zeit um 1300 zurückverfolgen. 1818 entstand
eine Holländerwindmühle, welche 1848 nieder-
brannte und durch den heutigen dreistöckigen
Galerieholländer ersetzt worden ist. In den ver-
gangenen Jahren haben an der Mühle umfang-
reiche Renovierungsarbeiten stattgefunden, bei
denen u.a. die Flügel und die Windrose erneu-
ert wurden.
Von ortsgeschichtlicher Bedeutung ist das ehe-
malige Wohnhaus des Müllers, Mühlenstraße
13. Die Errichtung des giebelständigen Fach-
werkbaus mit heute teilweise massiv erneuerten

Außenwänden und Reetdeckung kann wohl für
das 17.Jh. angenommen werden.
Neben der Mühle sind zwei weitere technische
Kulturdenkmale in Twielenfleth überkommen
und von besonderer Bedeutung. Das frühere
Schöpfwerk Am Deich 14 von 1929 ist als Klin-
kerbau mit einem pfannengedeckten Krüppel-
walmdach versehen und zeigt auch in der Fas-
sadengestaltung eine eher traditionelle Archi-
tektur; so liegen die rundbogigen gußeisernen
Sprossenfenster in von Lisenen eingefaßten
Wandfeldern. Die 1893 erbaute, neun Meter
hohe Twielenflether Leuchtbake, die als genie-
tete Eisenkonstruktion errichtet wurde, besteht
aus einem quadratischen Unterbau und run-
dem Oberteil mit Umlauf. Vergleichbare Beispie-
le fanden sich auch an anderen Orten der Kü-
stenregion. 1984 wurde das Leitfeuer elbab-
wärts durch ein modernes Leuchtfeuer ersetzt
und erhielt einen Standort auf der Binnenseite
des Deichs.

HOLLERN-TWIELENFLETH -
BASSENFLETH


Das westlich an Twielenfleth anschließende Ge-
biet der ebenfalls sächsisch besiedelten Ort-
schaft Bassenfleth grenzt an den Mündungsbe-
reich der Schwinge und bildet zugleich den
nördlichen Abschluß des Alten Landes. Mit sei-
ner Siedlungsstruktur, die sich neben einer un-
regelmäßigen Parzellierung vor allem durch die
Ausrichtung der Wirtschaftsgiebel zur nördli-
chen Straße bzw. zum Elbdeich auszeichnet,
hebt sich Bassenfleth deutlich von den im
12.Jh. planmäßig kolonisierten Siedlungen des
Sietlandes ab.
Hervorzuheben ist das älteste datierte Zwei-
ständergerüst des Alten Landes von 1611, das
durch eine seltene Art der Verzimmerung mit
schrägstehenden Ständern gekennzeichnet ist.
Wie alle anderen Außenwände wurde auch der
auf 1763 datierte Giebel komplett erneuert, und
zwar 1950 in nicht ganz strenger Anlehnung an
den Bestand, jedoch unter Verwendung der al-
ten Knaggen (Bassenfleth 19).
Den Eingang zur denkmalwerten Hofanlage Am
Deich 4 markiert eine erneuerte Altländer Pfor-
te. Um den Hofplatz mit stellenweise alter Pfla-
sterung verteilen sich insgesamt drei Bauten,
von denen das auf 1661 datierte Wohnwirt-
schaftsgebäude auch den Rang eines Einzel-
denkmals einnimmt. Unter dem reetgedeckten
Halbwalm zeigt der Giebel kräftige Hauptstän-
der mit je zwei Kopfbändern und mosaikartigen
Steinsetzungen sowie eine Vorkragung auf pro-
filierten Knaggen. Weitere Bestandteile der
Gruppe sind eine giebelständig an die Straße
gerückte, verbreiterte Scheune mit profilierten
Knaggen unter dem reetgedeckten Walmdach,
die im 18.Jh. entstanden sein dürfte und eine
1937 gebaute Backsteinobstscheune. Dieser
Bautypus, der im Alten Land sehr häufig auftritt,
ist durch wenige Öffnungen und ein hohes, stei-
les Pfannendach gekennzeichnet.
Als Beispiele für die im 19.Jh. schlichter wer-
dende Bauweise, bei der die Vorkragungen auf
Brettstärke reduziert und Schmuckformen nicht
mehr verwendet wurden, können die Hallen-

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