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Frankfurter Meß-Relation, das ist: halbjährliche Erzehlungen der neuesten Staats - und Welt-Geschichten — 1788-1794

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https://doi.org/10.11588/diglit.48270#0809

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— O1 —

verlor ſeine bisherige Gleichguͤltigkeit, bey dieſer Anzeige, klogte ſeht, daß er
das Schickſal nicht verdiene, da er immer das Volk geliebt habe, und ver⸗
goß haͤuſige Thraͤnen. Gorſas, der Verfaſſer eines Pariſer Tagblatts und
Mittglied des Convents, verbreitete uoch allerhand Anekdoten, daß der Koͤ⸗
nig naͤmlich nicht habe Speiſe und Trank zu ſich nehmen wollen, und ohne
alle Faſſung ſey, aber alles ohne bewaͤhrte Zuverlaͤßigkeit, wie denn uͤberhaupt
von den Umſtaͤnden des Koͤnigs und der Koͤnigin ſehr viel uuwahres aus—
geſtreut worden iſt. Einige Tage nach jener Notificetion wurde der Koͤnig,/
unter den Augen einer Deputation von der Municipalität in ſein neu zube—
reitetes Geſaͤngniß, einem Zimmer im Thurme des Temple, oder vielmeht
einem ſinſtern Behaͤltniſſe gebracht, oben im dritten Stockwerke, mir eiſernen
Gittern und Fenſterladen verſehen, ſo daß nur durch eine kleine Oefnung
von oben, wie in ein Loch eines Verbrechers, etwas Licht einfaͤllt. Die
Koͤnigin bekam im zweyten, und die andern Koͤnigl. Perſonen bekamen in
unterm Stockwerke, alle einzelne beſonder Zimmer. Die Trennung der
Koͤniglichen Perſonen geſchahe unter Thraͤnen von allen, und der Koͤnig
druͤckte die Hand ſeiner Gemahlin, und ſeiner Schweſter mir ſtarter Bewe⸗
aung. Es wurde ihnen der Gebtauch von Tinte, Federn, Papier, Bley—
ſtift, auch Buͤchern, und allen Inſtrumenten, wodurch man ſich ſelbſt ſcha⸗
den kann, unterſagt. Der Koͤnig weinte und klazte fehr, wie er ſein finſtres
Gefaͤngniß betrat, und ſeine Klagen bewirkten endlich ſo viel, daß er immer
zum Eſſen mit ſeiner Familie zuſammen gebracht wurde/ jedoch immer in Ge⸗
genwart von z Munieipal⸗Bramten, und ohne ſie allein ſprechen, und von—
andern als gleichguͤltigen Dingen reden zu duͤrfen.

Die große Lebensgefahr der Königlichen Perſonen bewogen die verwand⸗
ten Hoͤfe, zu Wien und Nrapel, die Regierungen in London / und im Haag
6u erfuchen, daß in keinem von den Laͤndern jener Regierungen irgend einer
Verſon, die an dergleichen greulichen Werbrechen an dem Schen der Koͤnigl.
Perſonen nur auf irgend eine Weiſe Antheil haben würde weder Schutz
noch ein Zufluchtsort geſtattet werden ſollte, und der Koͤnig von England ſo wie
die Generalſtaaten bewilligten das Geſuch ſogleich, und ließen die Erklaͤrung
der Bewilligung oͤffentiich betannt machen;.

Unterdeſſen war den Haͤuptern der berrſchenden Parthey in Paris ſelbſt
bange geworden. Sie ſuchten ſich, auf den Nothfall, Zufluchtsoͤrter zu
verſchaffen. In dieſer Abſicht datte die diplomatiſche Commißion der Nat.
Verſ. dem an die Ottomanniſche Pforte beſtimmten Geſandten, Herrn von
Semonville, eine gebeime Inſtruction gegeben/ um die Pforte zu einem Krie⸗
88 gegen Rußland und Oeſterreich zu bewegen, und zu dieſer Abſicht ibm?

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