Die Gartenkunst — 4.1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0032
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Zimmermann, Wilhelm: Die königlichen Gärten Oberbayerns in kunstgeschichtlicher und kritischer Beleuchtung, [2]
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IV, 2
DIE GARTENKUNST
28
Des Kuriosunis wegen mag das im Plane befindliche
Verzeichnis seiner Bestandteile und Sehenswürdigkeiten
mit der seltsamen Ausdrucksweise des damaligen Hof-
gärtners Stollanus Mayr in einigen auf dem Original
noch leserlichen Zeilen folgen: '
Nr. 8. Zwergl. Parder. (Zwergobstgarten}
Nr. 9. der Perfsu. (Berceau.)
Nr. 12. Das Pafsen. (Bassin.)
Nr. 14. Das erste Kabine! in Englischen Garten mit
einem Pafsen und zwei Verborgne Kanape und lebende
Vorhänge.
Nr. l!t. Eine Zelln oder Margertantler Hütte.
Nr. 18. Ein Casgai mit einer Kroder (Grotte.)
Nr. 28. Ein verlohrnes Kanape mit verborgene Gange.
Nr. 29. Ein Glaufsur mit fexxir Wafser.
Nr. 34. Der bewundrungswirdige Asehbauni.
Fanden wir schon heim Garten von Pürstenried, dafs
dieser trotz des originellen und guten Entwurfes durch
enge Begrenzung und die abgeschiedene Lage nicht von
einer Bedeutung wie Nymphenburg und Schleifsheim sein
kann, so uilt das noch mehr von Dachau, da diese Anlage
ihren jetzigen Zweck, in erster Linie ein Obstgarten zu
sein, schon damals, wenn auch in stilvollerer und eleganterer
Form zu erfüllen bestimmt war.
Es darf diese Vereinigung des Nützlichen mit dem
Schönen nicht besonders Wunder nehmen: vielmehr unter-
blieb die Anpflanzung von Obstbäumen nach holländischem
Muster in unseren übrigen Gärten wohl mehr aus Rück-
sicht auf das rauhe Klima. In Sanssouci iPotsdam) finden
wir aus Pietät für den Erbauer noch heute die Stufen der
grofsen Terrassen mit Zwergobst bepflanzt und die senk-
rechten Mauerteile hinter (das völlig der Obstzucht ge-
widmet, wie es einst König Friedrich angeordnet.
W ir sehen auf dem Plane einen nicht übel eingeteilten,
offenen, geebneten Vorgarten mit den verschnörkelten
Blumenrabatten als „Zwergl. Parder" bezeichnet, mit zahl-
reichen Pormobstbäumen besetzt, der nur auf inner Seite
durch einen niedrigen Laubgang eine unzureichende Be-
grenzung findet. Per jetzige kleine Park enthält noch in
schönen alten Linden die Überreste der einstigen regel-
mäfsigen Baumpflanzungen, soweil in dieser allerlei barocke
Wunderlichkeiten bergenden Anlage von Regelmäfsigkeil
die Rede sein kann.
Ein leitender. dasGanze mit Rücksicht auf das grofsartige
Schlofs beherrschenderHauptplan hat offenbar nie bestanden.
Der Schatz des Gartens war der herrliche Ausblick
über das weite Land zu Fufson. I ber die Türme der
ferne gelegenen Hauptstadl hinweg schweift das Auge
gerne zum alpenumkränzten Horizont ein Reiz, der
noch heute manchen Besucher in den stillen Garten führt.*)
*) Gegenwärtig soll auf item grofsartigeu Sehlofsplatze ein Amts-
geriehtsgefüngnis erbaut werden. Mit vollem Rechte hat sieh die Dachauer
Einwohnerschaft unter scharfem Protest an das Ministerium gewandt, ob
mit Erfolg, ist eine Frage. Die Herausgeber.
4*
DIE GARTENKUNST
28
Des Kuriosunis wegen mag das im Plane befindliche
Verzeichnis seiner Bestandteile und Sehenswürdigkeiten
mit der seltsamen Ausdrucksweise des damaligen Hof-
gärtners Stollanus Mayr in einigen auf dem Original
noch leserlichen Zeilen folgen: '
Nr. 8. Zwergl. Parder. (Zwergobstgarten}
Nr. 9. der Perfsu. (Berceau.)
Nr. 12. Das Pafsen. (Bassin.)
Nr. 14. Das erste Kabine! in Englischen Garten mit
einem Pafsen und zwei Verborgne Kanape und lebende
Vorhänge.
Nr. l!t. Eine Zelln oder Margertantler Hütte.
Nr. 18. Ein Casgai mit einer Kroder (Grotte.)
Nr. 28. Ein verlohrnes Kanape mit verborgene Gange.
Nr. 29. Ein Glaufsur mit fexxir Wafser.
Nr. 34. Der bewundrungswirdige Asehbauni.
Fanden wir schon heim Garten von Pürstenried, dafs
dieser trotz des originellen und guten Entwurfes durch
enge Begrenzung und die abgeschiedene Lage nicht von
einer Bedeutung wie Nymphenburg und Schleifsheim sein
kann, so uilt das noch mehr von Dachau, da diese Anlage
ihren jetzigen Zweck, in erster Linie ein Obstgarten zu
sein, schon damals, wenn auch in stilvollerer und eleganterer
Form zu erfüllen bestimmt war.
Es darf diese Vereinigung des Nützlichen mit dem
Schönen nicht besonders Wunder nehmen: vielmehr unter-
blieb die Anpflanzung von Obstbäumen nach holländischem
Muster in unseren übrigen Gärten wohl mehr aus Rück-
sicht auf das rauhe Klima. In Sanssouci iPotsdam) finden
wir aus Pietät für den Erbauer noch heute die Stufen der
grofsen Terrassen mit Zwergobst bepflanzt und die senk-
rechten Mauerteile hinter (das völlig der Obstzucht ge-
widmet, wie es einst König Friedrich angeordnet.
W ir sehen auf dem Plane einen nicht übel eingeteilten,
offenen, geebneten Vorgarten mit den verschnörkelten
Blumenrabatten als „Zwergl. Parder" bezeichnet, mit zahl-
reichen Pormobstbäumen besetzt, der nur auf inner Seite
durch einen niedrigen Laubgang eine unzureichende Be-
grenzung findet. Per jetzige kleine Park enthält noch in
schönen alten Linden die Überreste der einstigen regel-
mäfsigen Baumpflanzungen, soweil in dieser allerlei barocke
Wunderlichkeiten bergenden Anlage von Regelmäfsigkeil
die Rede sein kann.
Ein leitender. dasGanze mit Rücksicht auf das grofsartige
Schlofs beherrschenderHauptplan hat offenbar nie bestanden.
Der Schatz des Gartens war der herrliche Ausblick
über das weite Land zu Fufson. I ber die Türme der
ferne gelegenen Hauptstadl hinweg schweift das Auge
gerne zum alpenumkränzten Horizont ein Reiz, der
noch heute manchen Besucher in den stillen Garten führt.*)
*) Gegenwärtig soll auf item grofsartigeu Sehlofsplatze ein Amts-
geriehtsgefüngnis erbaut werden. Mit vollem Rechte hat sieh die Dachauer
Einwohnerschaft unter scharfem Protest an das Ministerium gewandt, ob
mit Erfolg, ist eine Frage. Die Herausgeber.
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