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Die Gartenkunst — 4.1902

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Schenkling-Prévòt, ...: Die Coniferen der Mainau, [2]
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DIE G ARTENKUNST IV, 8

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seines aromatischen Geruches den Namen Ingwertanne
eingebracht.

Auf der Südseite des Schlosses befinde! sich die
Orangerie. Die tropische Vegetation in Verbindung mit der
herrlichen Umgebung zaubert uns die Erinnerung an nord-
italienische Landschaften vor. Orangen- und Zitronenbäume
reifen Iiier frei wachsend ihre Früchte. Myrten, grofs-
blättrige Magnolien, Viburnum tinus, der in den verschie-
densten Spielarten der Blätter (bunt und weifsgerandet)
eine beliebte Zimmer- und Kalthaus-, darum auch wertvolle
Marktpflanze ist, prächtige Palmen, Feigen und Musa,
Fuchsien und Schlingrosen wetteifern mit einander, dem
Besucher das nordische Klima vergessen zu machen — dafs
im Winter ein schützendes Glasdach sie bedeckt, verraten
sie freilich nicht. Untern dieser Gruppe erhebt sich auf
einem Rasenplatz ein prächtiges Exemplar von Araucaria
imbricata Pav. Diese Chile-, Anden- oder Schuppentanne,
welche auf der Andenkette des südlichen Chile grofse
Wälder bildet, wurde 1796 in Europa eingeführt und ist
heute wegen ihrer an Armleuchter erinnernde Astquirle
und ihres pyramidalen Wuchses ein Prachtbaum bezw.
-Bäumchen unserer Ziergärten. Gewächshäuser und Wohn-
zimmer. Da die jungen Triebe der „Zimmer"-Tanne vor
Eintritt des Winters noch nicht gehörig vorholzt sind, ver-
trägt die Pflanze den deutschen W'inter nicht und mufs
während desselben geschützt werden. Auf der Mainau ist
eine Hülle zum Schutze gegen Frost nicht notwendig; die
Schilfbedeckung, welche den Bäumen gegeben wird, soll
lediglich vor Schneedruck schützen. Hinter der Kirche
steht eine prachtvolle Sequoia (Wellingtonia) gigantea Torr.,
ein Vertreter jener Riesenbäume, welche nach Gardeners
Chronicle von dem englischen Reisenden und Pflanzen-
forscher Lobb in Kalifornien auf der Sierra Nevada 5000 Fufs
hoch an den Quellen der Flüsse Stanislaus und San Antonio
entdeckt wurden. Den verschiedenen Berichten nach er-
reicht der „Mammutbaum" eine Höhe von 600—1100 m bei
einem Stanimdurchmesser von 2^—7 m. Die Rinde be-
sitzt Zimtfarbe und innen ein faseriges Gewebe, der Stamm
dagegen ein rötliches, aber weiches und leichtes Holz. Den
Jahresringen nach belief sich das Alter eines ungeheueren
Baumes auf 3000 Jahre, wie Lindley ausrechnete, auf 1885
Jahre, wie Bigelov fand, auf 1000 Jahre, wie Torrey will. Man
hatte die Borke eines dieser Riesen 7 m hoch von dem unteren
Teile vandalisch genug abgelöst und in San Francisco aus-
gestellt. Sie bildete ein mit Teppichen belegtes Zimmer,
von dessen Inhalt man eine Vorstellung gewinnt, wenn
man hört, dafs in selbigem ein Pianoforte nebst Sitzen für
40 Personen aufgestellt werden konnte und 140 Kinder
einmal bequem Platz darin fanden. Die Zweige des Baumes
sind fast wagerecht, hängen etwas herab und ähneln mit
ihren grasfarbigen Blättern der Cypresse. Im Widerstreit
jedoch zu der ungeheuren Höhe des Baumes bringt derselbe
nur 5 6 cm lange Zapfen hervor. Sie gleichen denen der
Weimutskiefer, ohne jedoch mit der Zapfenform eines be-
kannten Nadelholzes übereinzustimmen. Lindley hat ihn
deshalb zu einer eigenen Gattung erhoben und Wellingtonia
gigantea genannt, während zu gleicher Zeit Dr. Randall,
Präsident der kalifornischen Akademie der Naturwissen-

schaften, daraus eine Washingtonia gemacht hatte, welche
nur dadurch die Priorität verlor, dafs die Beschreibung auf
der Landenge von Panama verloren ging, als sie nach
Xew-York gesendet werden sollte. In der Nachbarschaft
der vorerwähnten Wellingtonia steht ein kräftiges Exemplar
des immer rarer werdenden Mespilus germanica L. und
eine prächtige Linde, deren Zweige einen mit einer
Scheffeischen Inschrift versehenen erratischen Block über-
schatten. Von diesem Lieblingsplatz der Grofsherzogin
führt eine Kastanien-Allee zum „Rosengarten", von wo
aus der Blick über den See bis zu den Schneebergen der
Alpen streift. Verschiedene Palmen und Säulencypressen
Kleinasiens (Cupressus sempervirens L. var fastigiata)
zwischem dem prächtigen Rosenflor bilden in dem farben-
bunten Bilde wieder ein Symbol des Friedens.

Der Rosengarten ist rechts und links mit Laubgänüvn
eingefafst. folgt man dem nach rechts führenden, so ge-
langt man erst in das eigentliche Gebiet der ausländischen
Nadelhölzer. Es ist nicht allein die Gröfse und Üppigkeit
der Pflanzen, die wir hier bewundern, auch deren Selten-
heit setzt Fachleute in Entzücken. Dank der milden Winter
und der feuchten Seeluft gedeihen diese Bewohner Nord-
Amerikas, Süd-Sibiriens, Japans und selbst des Himalaja
auf der Mainau ausgezeichnet.

Da steht zunächst eine Pinus Cembra L.. die Zirbel-
nufskiefer der Alpen, deren Samen wie Haselnüsse gegessen
und verkauft werden; rechts davon erhebt sich eine Abies
numidica De Lann. aus Nord-Amerika und links eine Abies
Nordmannia, einer der schönsten Zierbäume, von Nordmann
im Kaukasus entdeckt und erst seit 1848 bei uns kultiviert;
unfern davon steht die griechische Abies cephalonica Lk.,
die nur in den Wräldern des Peloponnes vorkommt. Noch
ein beschränkteres Verbreitungsgebiet als cephalonica hat
ihre Varietät A. Apollinis, die Apollo-Tanne, welcher von
dem Professor der Botanik Theodor v. Heldreich in Athen
zu Ehren der Gemahlin des Königs Otto, der Königin
Amalie von Griechenland, seinerzeit der Name A. reginae
Amaliae gegeben wurde. Sie zeichnet sich durch das den
Nadelhölzern fast ganz versagte Ausschlagsvermögen aus.
so dafs nicht nur verstümmelte Stämme, sondern sogar
die Wurzeln wieder reichlich Triebe machen. Neben ihr
steht eine hohe Thuja gigantea Natt, deren Holz in ihrem
Vaterlande Nord-Amerika als Werk- und Brennholz sehr
geschätzt wird, ferner Picea alba Lk., Cedrus Libani Barrel,
und auch die am Mittelmeer heimische Quercus Hex L.
mit efsbaren Früchten und schwerem, gutem Holze, endlich
Abies Fraseri Ldl., eine kleine nordamerikanische Weifs-
tanne, deren Harz als unechter" Balsam in den Handel
kommt, wie sie schöner in Form bei uns kaum vorkommen
kann. In der Nähe des Gärtnerturmes steht eine Jugend-
form von Cryptomeria japonica, die als solche konstant
geblieben ist und auch Samen ansetzt. Der Botaniker
kennt diese Form unter dem Namen Cr. japonica Don var.
elegans und diese spezielle Bezeichnung kommt dem in
Rede stehenden Exemplare voll und ganz zu. Alte Bäume
dieser Art findet man in Gemeinschaft mit Chamaecyparis
Lawsoniana und Biota orientalis Endl. var. aurea. einer
Art des chinesischen Lebensbaumes, an der Brücke, in
 
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