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Die Gartenkunst — 4.1902

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Encke, Fritz: Betrachtungen über den gärtnerischen Fortbildungsunterricht, [2]
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22266#0190

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IV, 10 DIE GARTENKUNST 185

mengen werden unter Benutzung der an Ort und Stelle
aufgemerkten Pflanzweite ermittelt u. s. w.

Ein richtig geleiteter Unterricht wird, wie gezeigt,
sein Hauptaugenmerk darauf richten, die in dem Schüler
schlummernden Kräfte selbstthätig zu entfalten, ihn zu
zielbewufster Arbeit zu erziehen. Kr wird aber nach meinen
Vorschlägen auch ein grofses Quantum Wissen vermitteln,
welches ohne weiteres in der Gehilfenstellung des Schülers
zur Anwendung kommt. Ich verweise auf das, was ich
als Lehrstoff z. B. für die Landschaftsgärtnerei aufgestellt
habe. Ist das nicht gerade das Arbeitsfeld des Gehilfen
eines Landschaftsgärtners'? Was er so vielleicht mühselig
mechanisch in der Praxis auf Kosten seines Arbeitgebers
erlernt, versteht er infolge genossenen Portbildungsunter-
richtes von selbst. Seine Thätigkeit im Beruf ist gleichzeitig
eine Weiterentwickelung des schulmäfsig Gelernten. Man
vergleiche damit den Wert jener schülerhaften Gartenpläne
für die geistige Entwickelung des Schülers, wie auch hin-
sichtlich ihrer praktischen Verwendung. Ich kenne keinen
gartentechnischen Betrieb, der seine Pläne von derartigen
Gehilfen zeichnen liefse.

Freilich zur Durchführung eines Lehrprogrammes be-
darf es geeigneter Lehrkräfte. Ich zweifle aber nicht daran,
dafs es nur der Anregung und vielleicht eines Leitfadens
für die Hand des Lehrers bedarf, um diejenigen zum Unter-
richten mit Freudigkeit und Erfolg zu bringen, welche
heute mühsam Kenntnisse vermitteln, die, weil nie voll-
ständig vom Schüler aufgenommen, toter Ballast bleiben
und eine Zeitverschwendung bedeuten.

Kleine Mitteilungen.

Über die Pflanzenwelt in der modernen Kunst hielt
kürzlieh im städtischen Pflanzengarten zu Köln Herr Architekt
Gentzsch einen interessanten Vortrag, worüber wir der Köln.
Volksztg. folgendes entnehmen: Die Verwendung der Pflanze
in der Kunst ist in den verschiedenen Zeiten verschieden ge-
wesen. Grofses Naturgefühl besafs die Frühgotik, während
die Spätgotik eine Zeit des Verfalles bezeichnet. Die Orna-
mentik eines Jacopo Sansovino, des Schöpfers der Loggetta
am früheren Markusturm zu Venedig, zeugt hinwiederum von
dem feinen Naturstudium der Hochrenaissance; im Barock und
Rokoko schwindet dasselbe immer mehr, so dafs zu Beginn des
19. Jahrhunderts eine stillose Zeit eintritt. Aus der charakter-
losen Stilperiode der drei letzten Dezennien des verflossenen
Jahrhunderts zeigten die Erzeugnisse der japanesischen Kunst,
die sich seit langem die Nachahmung der Natur vorgesetzt
hatte, der abendländischen Kunst den Weg; die sklavische
Kopierung der verschiedenen Stilperioden tritt nun mehr zu-
rück. Das englische Kunstgewerbe verarbeitete die japanischen
Anregungen zuerst; dann wurden auch Frankreich, Deutsch-
land und die anderen Länder in der Flächendekoration, der
Gefäfsformation, der Textilkunst von ihnen beeinfluist. Diese
Verwendung der Pflanzenwelt bewegt sich in vier Bichtungen.
Zunächst wirkt der Aufbau der Pflanzen vorbildfich. So wird
das Bild, welches der Geweihfarn dem Auge bietet, durch die
dekorative Kunst wiedergegeben, desgleichen das Wegebreit,
der Löwenzahn u. a. oder die Bewegung der Mohn- und
Knoblauchstengel dient in ihren Hauptzügen als Motiv. Der
pflanzliche Aufbau beeinfluist auch in ausgedehntem Mafse
die Entwickelung von Geräten; so sind die Blüten der Tulpe,

des Frauenschuhes als Leuchtermotiv sehr geeignet, nicht
minder die Stengel und Fruchtbildung der Storchschnabelarten,
und welch herrliche Muster bieten nicht die Bildung der Distel
und der Königskerze. Ferner dient für die Entwickelung mo-
derner Gefäfsformen der Blüten- und Kelchschnitt als Vorbild.
Beispiele sind die Blüten der Kornrade. Schlüsselblume, Trom-
petennarzisse, Seifenkraut, die Mohnkapsel, die Distelblüte.
Der Schnitt durch den Kelch des Tabaks oder der Marien-
distel giebt uns eine schöne Krugform, Sonnenblumen und
Anemone deuten auf Schalenbildungen hin. Auch die Vorder-
ansicht der Blüte, die sogenannte Silhonette, wird verwandt,
so bei der Teichrose, der aufgeklappten Heckenrose, der Distel
u. a. Im Fries giebt eine schöne Wirkung die Abwechselung
von Blatt und Blüte des Aronstabes. Das moderne Kunst-
schmiedehandwerk verwendet die Pflanze entweder ganz natura-
listisch oder in gewisse Formen gezwängt wie bei der Sonnen-
blume, wobei es allerdings meistens aus räumlichen und prak-
tischen Gründen nur auf die Verwendung in der Länge und
Breite beschränkt ist, so bei der Distel. An dritter Stelle ist
die Entstehung der modernen Linie zu nennen, welche der
Beobachtung der Natureinflüsse auf Pflanzen wie Schilf und
Gras ihr Entstehen verdankt. Die Japaner haben hierfür ihre
Muster sich am Weiher und am Flusse gesucht; so ahmt auch
der" moderne Künstler nach, wie der Wind sich in einer Schilf*
pflanze bricht oder er zeigt das phantasievolle Wogen eines
Getreidefeldes, das von Kornblumen durchsetzt ist. Schon die
Kunst der alten Ägypter verwandte das Motiv der Lotusblume
in Verbindung mit der Wogenlinie des Wassers in ähnlicher
Weise. Als viertes Ergebnis ist noch die direkte Übertragung
der Naturfarben und Formen in der Textilkunst hervorzuheben.
Nach der Meinung des Redners übertrifft die Verwendung der
Farbenkontraste in der modernen Textilkunst, die auf die ge-
naue Naturbetrachtung zurückzuführen ist, selbst die vorzüg-
lichen Arbeiten, welche Gotik und Renaissance auf diesem
Gebiete geschaffen haben. Beispiele bieten die Verwendung
des Flieders auf braunem Untergrunde und die der Fetthenne
und Kamille auf rotem Grunde; ähnliche Kontraste und Zeich-
nungen zeigen die neueren Muster der Seidenindustrie, von denen
der Vortragende eine Reihe prächtiger Muster vorführte. Hei
einer solchen konsequent durchgeführten Naturnachahmung ist
die früher allgemein geübte Pflanzensymbolik mehr zurück-
getreten; heutzutage mufs der einzelne Künstler selbst sich
die Träger seiner Symbole aus der Natur erwählen. Der Vortrag
klang aus in eine warme Empfehlung des Zeichnens nach der
Natur; dafs dadurch der Sinn für das ästhetisch Schöne geweckt
werde, sei vom erzieherischen Standpunkte sehr zu begrül'sen.

Das Naturstudium findet auch an der Köfner Kunst-
gewerbeschule dank der Umsicht der Leitung derselben
eine gesunde Entwickelung. sowohl was zeichnerische, als auch
was praktische Arbeiten betrifft. Hiervon geben u. a. die in
Düsseldorf ausgestellten Arbeiten der hiesigen Kunstgewerbe-
schüler schönes Zeugnis. Die Grundlage für solche Leistungen
findet die Schule in den reichen Pflanzenschätzen des hiesigen
Pflanzengartens. Es ist ein hoch anzuerkennendes Werk
des Schöpfers und Leiters dieses Gartens Herrn Dr. Esser,
auch für die Bedürfnisse des Kunstgewerbes reichhaltiges
passendes Material herbeigeschafft zu haben. Auch nach dieser
Richtung hin ist der Garten eine Musteranstalt; für Unter-
richtszwecke wissenschaftlicher Richtung steht er anerkannt er-
maisen unerreicht da.

Die Gärten Berlins sind zwar nicht sehr zahlreich, aber
sie sind doch noch zahlreicher, als in der Hegel angenommen
wird. Eine Zählung der Gärten hat in Berlin, wie die Preis.
Ztg. mitteilt, zuerst bei den Bevölkerungsaufnahmen von 1871
 
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