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Heidelberger Zeitung — 1861(Juli bis Dezember)

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Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2815#0001

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Uridtll'trgtr Itilung.

R» L »Ä ^'^"^s°"LSch°'^ Dienstag, 2. Zuli

Mit dem 1. Zuli beginnt auf -ie
„ Heidelberger Zeituna" ein neues
Abonnement; wir erisuchen unfere
Leser, ihre Bestellunge« frühzeitig
zu machen.

Deutfchlgnd.

Karlsruhe, 26. Ju»i. Nach der „Karlsr.
Ztg." ,st der wcsentlichk Jnhalt ter Diskus-
sion in der Generalspnodc folgender. Man
erkannte allgemein an, daß seit dem 9. Oct.
1860 vie bisherige evangelische Kirchenver-
faffung unhaltbar gewvrden sei und ctwas
Anveres an ihre Stclle tretcn miiffe. Die
Minorität hiclt nun eine an das Vorhandene
sich genau anschließende Fortbildung für ge-
nügend und wollte das episkopale und pres-
bpteriale Spstcm mit den Zeitvcrhältnissen
clitsprccheiider Modificatiou nnd Berschmelzung
aufrecht erhalten wiffen. Auf Seiten der
Majorität wnrden für die ncuc Zeit um so
mchr neue Znstltiitiviieii verlangt, als das
episkopale und presbpteriale Sxstem schon in
der Unionsurkunve nicht mehr neben einander
bestanden habe, sondcrn ebe» durch die Union
in der Weise mit einander verbunden wordcn
sci, taß cs dic zu einer wcitcrn Entwitklung >
drängenden Keime in sich trug, die ihm nun
in dcm Entwurf als kirchlicher Constitutio-
nalismus zu Theil geworden. Daß ein Bruch
mit dcr Vergangenhcit stattgefunden, wurde
entschieden widersprochen. Vielmehr suchte cin
Redner nachzuweisen, daß die neue Verfaffung,
ungcachtet sie nicht aufdemWege der Forthitbung
entstanden, sondcrn gleichsam eine neue Schö-
pfung sci, dvch im Einklang mit dcr bishe-
rigen Verfaffung stehe und nur da weiter
gehe, wo die f r ü h e r e » B c st i m m u n g e n
dem geänderten Bedürfnisse nicht
mchr genügten. Wir hörten mehrere Red-
ncr ihre Freude äußern, daß eigcntlich Nie-
mand seine Stellung außcrhalb des Entwurfs
genommen habe, sondern daS Princip dcffelben
(bas uns jeboch verschieden aufgefaßt zu wer-
ben schcint) allgemeine Anerkennung sinde.

Karlsruhe, 27. Juni. (Generalsynode.)
Nachbcm den Spnodalmitgliedern der zweikc
Druckbogen dcs CommissionSberlchts zugestellt
worden war, kamcn die §§. 1 bis 18 des
Verfaffungsentwurfs zur Bkrathung. Sänimt-
lichc Paragraphen wurdcn mit den wenigcn
Zusätzen vder Abänderungen, wie sie der Com-
missionsbericht beantragt, mit großer Mehr-
hcit angenvmmen, dagegen fielen aüe von der
klerikalen Seite beliebten Anträge in ber Art

dnrch, daß in der Regel dem Antragsteller nnr
seinc cigeiie Stimme krcn verblieb. (B.st.)

Karlsruhe, 29. Zuni. Es stehk sest, daß
di'e badischc Regiernng durchgreifciide Ver-
ändernngcn in ihrein biplomatischen Personal
beabsichkigk. Dir Ernennung des Herrn v.
Edelshcim ziim Gesandtcn in Wien wi'rd
schon hcute odcr msrgen bekannt gcgeben
werden. Herr v. Rüdt, ber bisherige Gc-
sandie, soll pensionirt sein. Auch ist beschlos-
sen, nach kurzem Zuwarten, den Antrag auf
Aufhebnng Ler frühdrn Bundesbkschlüffe i'n der
kurhessischen BerfaffungSsache zu siellen. — Der
König von Prenßen soll Montag hier eintref-
fen auf seiiikm Wege nach Baden-Baden. (F.J.)

Mannheim, 28. Jiini. Der Mittheilnng
vvn der Verlobnng des Prinzen Wilhelm von
Baden init der Prinzessin von keuchteiiberg
schlicßt sich das durch mancherlei Umstände
Bestätigung gcwlnnende Gerücht an, daß dcr-
selbc nach seiner Vcrmählung Mannhcim zur
Residcnz iichmcn werdc, wozu die von der
verstorbenen Großherzvgin Stcphanie friiher
iunegehabte Abtheilung des großh. Schloffes
bezcichnet wird. (Fr. Z.)

Aus Baden, 28. Juni. Das Hand-
lungshans Dreifufi nnd Söhne von Bascl
hat die bedeutendc GrundherrsÄaft Ncuweier
zum Preise von 390,000 fl. käuflich an sich
gebracht, und wurde dcr Kanf am gestrigen
Tagc abgeschloffen.

Bruchsal, LK.Juni. (Schwurgericht.) Ein sonst
schr gul beleumundeles, erst 20 Jahre altes, hübscheS
Mädchen, Rosine Stöher vou Bruchhausen, Amls-
-gerichlS Eltliugen, stand heute v°r den Schrauken des
GerichtS unter der Anklage, ihr neugebornes Kind vor-
sätzlich getödtet zu haben. Wahreud die Angetlagtc in
dcr Voruntersuchung die Hauplsache geläuguet yatte, legte
sie heute daS ossenc, riumüthige Geständnjß ab, daß sie
am 6. Februar l. I-, Nachmittags, im Eltlinger Ge-
meindewald ihr Kind umgebrachl, indcm sie ihm cinen
großen Psrops von Moo« und GraS in den Mund
stoxfte, es sodann im Boden verscharric und einen schwe-
ren Ast darauf legte. Wenn der heutige Fall mitunter
das Gesühl deS Mitleidens bervorruscn konnte, so machte
doch mit Recht der großh. StaatSanwalt H aaß in seiner
Anklagebegrüudung darauf aufmerksam, daß daS Bct- s
brecheu deS KindSmordS seit einigcn Jahren in er-
schreckender Weise zunehme, wie denn im Mittelrheiukreis
ailein während deS letzten HalbjahreS scchs Fälle von
KindSmvrd vorgekommen seieu. Dcr Vertheidiger, Herr
Rechtsamvalt Levisohn, machte vorzugsweise geltend,
daß dic Angeklagte durch Furcht und Berzweiflung zur
That getriebcn worden und deßhalb ihre Zurechnungs-
sähigkett beschräukt gewesen sei. — Als Bcitrag zur Sit-
tengeschichte verdient Erwähnung, daß die Mutter der
Augeklagien 12 natürliche Kinder gchadt hat, von denen
noch S Svhne uud 2 Töchter aru Leben sind. — Rach
cinem kurzen Schlußvortrage des Schwurgcrichtsxräst-
denten, Herrn Hosgerichts-Raths H ild ebrandt, zogeu
sich die Geschworueu in ihr BerathungSzimmer zurück,
erschienen jedoch bald wieder und verkündeten den im

JasertionSgibllhieil für die Zspaktige Petit. M D

zeilewerdeaIllit 2kr., bezw. Zkr. berecknet.

Sinne der Anklage ergangenen Wahrspruch, worauf der
Gcrichtshof die Angcklagte wegen Klndsmords zu 4 Jah-
ren ZnchthauS verurtheilte. (K. Z.)

Die „Darmstädltschc Zettung" crklärt stch,
wte zu crwurteii war, von ker Ansicht des
Köntgs von Württemberg, daß das „franzö-
sische Kaiscrthum" dcr preußtschen Central-
gewalt vorzuztehen set, vollkommen befrtedtgt.
„Dtes muß jedein Verständtgcn — sagt sie —
wohl etnleuchtcn." Auch dte Augsburgertn fin-
del tn der köntglichen Theorle Iilchts Verfäng-
liches.

Berlin, 24. Juni. Jnterpretation des
Amnestiegesetzes hat unsern Landrälhen und
übrigen Verwaltungsmännern bekannklich vtel
Kopfzerbrechungen gekostet. Endllch hat ein
anerkannler praktlscher Zurtst den Nagel
auf den Kopf getroffen und tm Staatc der
Zntclltgenz anderen Köpfen etn Ltcht ange-
stcckt, tndem er sich dahtn ausgcsprochcn, daß
dte Forderung der Amnesttrten nnv Begnadtg-
ten auf Anerkennung ihrcr Hetmathsrcchte
berechtigt unv völltg begrünvet set, da es sich
aus Gründen des etnfachsten Menschenver-
standes tn vem Gcsetze doch unmögltch um
dle Amnesttrung vvn Ausländern gehandelt
h°be. (F. Pz.)

Berlin, 28. Juni'. Patzke hai der gegen
l'hn tn Berltn herrschenden Aufrcgung wcgen,
dte gesainmten Berliner Gefchworenen (zum
Voraus?) perhvrescirt. So meloet die „Ger.»
Zeitnng."

Berlin, 29»Juiit. Nachdem dte Bestäti-
gung bcS Urthetls tn dcr Duell-Angelegenheit
des Generaluiajors v. Manleuffel unv ves
Stadtgertchtsraihes Twesten, durch welches
crstercr zu etncm vrctinonatltchen Fcstungs-
arrcste verurihetlt wurve, erfolgt tst, hat sich
ver Herr v. Manteuffcl gcstern zur Antretung
bes Arrestcs nach Magveburg brgebeu.

München, 27. Zuni. Das heute über-
all umlausenvc Gerücht, tm herzogltchen Pa-
lats set ctn Telegramm mtt der Nachrtcht vom
Tode der Kaisertn vvn Oesterreich eingklaufcn,
ist uiibcgrüiivet; doch abcr jo vtel wahr, daß
dte lctzten Nachrichte» dteses Eretgniß kägltch
befürchten laffen.

München, 28. Junl. Dte „Südd. Z«g."
schretbt: Bekannlitch hat dte prcußische Rc-
gicrung vor einiger Zeit der baperischcn ihre
Bcreitwilligkett erklärt, zur eveiituellen Ver-
theidigung des Obcrrhcins miizuwtrken. Wte
wir aus etner sonst sehr glaubwürdtgen Quclle
erfahrcn, gtng dte bicsfclitge Erwldcruug im
Wesentlicheu dahtn, mau konnc jcner Zusage
kctncii cnkschetdeliben Werlh betlegcii, well die

Durch Nacht zum Licht.

Lebensbild von Joseph Rank.

(Kortsetzung).

Oft, «ährend eine Thränc seineS Auges die ärm-
liche Umgcbung seiner Wohnung fpiegelte, dcr rohe
Lärm sctner Quartiergenoffen an sein Ohr schlug
und übcr scine keivcnde Micnc dcr grimmige Blick
der stcts vcrstimmtcn Pflcgerin streiste, ging Eduard's
Gcist in den hellen duftigen Raumcn der Eltcrn-
Wohnung träumerisch umher, vernahm die Stimme
dcr svrgsamcn Muttcr, den Ruf dcr spielrndcn Schwe-
stcrn, öffnete sachtc die kostbalcn Schränkc, gefüllt
mit Allem, was zum Wohl und Bchagcn dcs Da-
setnS beitrug — und gedachte cr dann der Speisen,
die er im Elternhause genoffen, der Geschenke, dic
er erhalten, der Klcivung sclbst, die seine Gestalt
einst schützte und schmücktc, da schwebtcn ihm dicsc
Dinge wie höhere, für immcr uncrreichbarc Gcgen-
ständc vvr. Wcnn cr dann aus solchen Bctrach-
tungen crwachte, die düstcrcn RLumlichkeitcn be-
trachtetc, welche ihn umgaben, zu Tisch gerufcn
wurde, um unschmackhafte, kaum verdauliche Spei-
sen zu sich zu nehmcn, wenn er an seiner Kleidung,

sciner wöchcntlich nur einmal gewcchselten Wäsche
den schwercn Fall scincs Lußcren Glückes rccht hand-
greiflich gewahrte: dann kam cr sich vor «ie Einer,
der von unsichtbaren HLnden erfaßt in eine Ticfe
gcstoßen und rettungslvs den Leidcn und Entbehr-
ungen des Lebcns prcisgegeben sci!

Aber diesc Lage des Gemüthes bildet für Men-
schen, die cin verlorenes Glück zu bctrauern haben,
den Wendepunkt für zwei cntgegcngesctzte LcbenS-
wcge.

Dic Einen, im Behagen des Glückes erschlafft und
ohne fruchtbaren Grundsatz im Herzcn, verfallen
immer einer «eichlichen nutzlosen Trauer und ver-
schärfen und vcrewigen so nur ihrUnglück; die An-
dercn raffen stch mitten im Schmerz über ihr vcr-
lorcnes Glück mit dem Vorsatze auf, das Verlorcnc
wieder zu erobcrn ober wenigstcns einem noch tie-
fcren Falle vorzubeugcn; ihr ehrbar standhafteS
Gewiffen hat durch gutc Erziehung Keimc von
Grundsätzen cmpfangcn, die jetzt rasch zu nützlichen
Entschließungen und Handlungen treibcn.

Zu diesen Letztercn zählle, drs zeigtc fich bald,
trotz seiner jungen Jahrc anch Eduard.

Das wackere Beispiel, «elcheS ihm sein practischer

Vater gegebcn, ünd die wenig zahlrcichen, abcr um
so bestimmtcrcn Lehren, dic thm dcrselbc einst in
das kindliche Gemüth gcscnkt, trugen jctzt in dcm
Waisenknaben ihre reichliche Frucht.

Eines TagcS, wo ihm dcr scit langc «iedcr etn-
mal zum Vorschein kommcndc Vorinunv die Nach-
richt brachte, daß die bishcrigc Untcrstützung ihr
Ende erreicht und «ohl nichts mehr nbrtg blciben
wcrdc, als kurzwcg das Studiren scin zu laffen nnd
sich als Lehrling eineS Handwcrks einc Stelle zu
suchcn, da nahm sich Eduard ein Hcrz zu cntgegnen,
daß et sich hiezu nicht entschließcn und den Wcg zu
höhercr Bildung undStcllung im Leben nichtver-
laffen könne.

„Wcnn mich", fnhr er fort, „wohlthätige Men-
schcn nicht mchr stützen wollcn, so «ill ich dcm Bri-
spiel meincs Vaters folgen, der auch von armen
Eltern stammte und durch Studium und Fleiß zu
etwas gekommcn ist. Machen Sie stch keinr Sor-
gcn mchr mit mtr, Herr Vormund, aber zichen
Sie Jhr« Hand nicht ganz von mir, damit ich in
der Lußersten Noth, wenn mir mcin Bestrebcn nicht
gclingt, doch noch Zemand habc, dcr mir guten
Rath erthcilt."
 
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