Deütschlan-
KarlSruhc, 15. Nov. Zvfolg- höchftn Eotschltxßvng
»om 12. d. M. wurde Oberceremontcumelstck und Chef
de« Oberstkammerheirn- nnd dcS Oberceremonionmetftcr-
nmtS. Frhr. Karl von Retschach. zum Ob-rstkam-
wcrberrn, und der Jntendaut der Großhcrzogltchcn Hof-
domänen. Oberschloßhauptmann Frhr. von Kettncr,
unter vollftändtgcr Belafsung tn seinem dcrmaltgen amt-
ltchen WirkungSkretse, zum Oberstjägermeister ernannt.
Kartsruhe, 14. Nov. Z«r Statistlk der
zweiten Kammer ist, außer dem bereits Be»
kanntcn, hinstchtlich des religiösen Glanbens-
bckenntniffes noch von Antereffc, daß 32 Ka-
tholiken, 30 Protestanten und 1 Lsraclite unter
den 63 Mitgliedern stch befinden; auf dem
lctzten Landtagc waren es 36 Katholiken und
27 Protestanten.
Karlsruhe, 13. Nov. Einige Tage vor
der Wahl aufgefordcrt, sich über seine Grund-
sätze auszusprcchen, nach denen cr im Faü dcr
Wahl i» der Kammer zu handeln gedenke, hat
Hr. Obergerichtsadvokat Kusel im Wesent-
lichen Fvlgenbes erklärt: Die Nolhwendigkeit,
Dcutschland aus eincm gcographischen Begriff
zu ciner politischen Großmacht zu 'erhcbcn,
erkenne er an. Freilich gingen seine Wünsche
hier weiter als seine Hoffnungen. Er glaube,
daß nur das MLgliche, Erreichbare ins Auge
zu faffen fti, und könne daher sich Denjenigen
nicht anschließcn, welche nvch an eine Verwirk-
lichung dcr Reichsverfaffung von 1849 dächten.
Umbildung des Staatenbundes in cinen Bun-
besstaat, Errichtung ciner Centralgewalt z«r
Leitung aller wilitärischen und diplomatischen
Angelcgcnheiten Deutschlands mit Beibehaltung
der Verfaffungen der-einzelnen Staaten, sei
Das, was vorerst auf ruhigem unb gesetzlichem
Wege geschehen könne. Er erklärt sich für
dic oberste Lcitung Prcußens, aus bekannten
Gründen, aber zugleich für inniges Bündniß
mit dem deutschen Oesterreich. Trias und
Directorium vcrwirft er als ungcnügende Mit-
telwcge unb halbe Maßregeln. Neben dcr
Ceutralgewalt müffe eine deutsche Volksver-
tretung stehen und auf einheitliche Gcscßgebung
hinwirken. An Badens Verfaffung solle
prinziell nichts geändert wcrden, unbeschadet
der Reformen im inneren Aufbaue. Als solchc
seien zu bezeichnen: Oefsentlichkeit und Münd-
lichkeit des gerichtlichen Verfahrcns, sowohl
in Strafsachen, als in bürgerlichen RechtS-
streitigkeiten, Ernführung von Bezirksgcrichten,
Umgestaltung ber Verwaltungsorganisation
auf Grundlage größercr Betheiligung Les
Volks und Bcschränkung des bureaukratischen
Spstems; ferner cin Polizeistrafgesctz, cin frei-
sinnigeres Preß- und VcreinSgesetz, ein Ge-
werbegesetz, das noch etwas weiter gehe, als
der Enlwurf; ferner möglichst gleichmäßige
Besteuerung, inncrhalb dcr Schranken des
Nothwendigen, ohne ängstliche Sparsamkeit in
Dingen unb Einrichtungen znr Förderung ma-
terieller und geistiger unb politischer Zntereffen
des cngeren und weiteren Vaterlandes. Eine
erhebliche Meinungsverschiedenheit zwifchen
diesen Forderungen und dem Aprilprogramm
des Ministeriums wcrdc sich nicht ergeben;
doch halte er es für Pflicht eines Abgevrbnc-
teu, sich nach keiner Seite zu binden und auch
diesem Miuisterium gegenüber seine volle Un-
abhängigkeit zu wahren. Zn lokale» Jntcreffen
der Stadt Karlsruhe werde er Alles fördern,
was vcreinbar sei mit dem Wohle des ganzcn
Landes. — Das ist der wesentlichste Znhalt
der abgegebenen gedruckten Erklärung. Es
ist nichts in ihr enthalten, was nicht jeder
Freund gcsetzlicher Freiheit unterschreiben
könnte.
Karlsruhe, 13. Nov. Die „Karlsr. Z."
(Rcgicrungs-Organ) bringt heute cinen Leit-
artikel über die WahIbewcgung in
Preußen, worin sie die altconservativc
Partei gehörsg abfertigt und sich warm für
das Prvgramm der deutschen Fvrtschrittspartei
ausspricht.
Bruchsal, 15. Nov. Hcuke früh 9 Uhr
wurde dem wegen Raubmords zum Tode ver-
urthcilten Michael Braun von Herzthal
das Todesurtheil verkündet, wclches nächsten
Moutag mittelst des Fallbeils vollzogen werden
wird. (K. A.)
Pforzheim, 14. Nsv. Wic das „F. Z."
vernimmt, wuß sich Profeffor Lamcp wegen
Formfchlcr eincr neuen Wahl, deren Ausgang
indeffcn nicht zweifelhaft sein kann, unter-
werfen.
Frankfurt, 14. Nov. Zn der heutigen
Bundestagsfltzung kam von Kurheffen eine
sehr umsangreichc Erklärung zur Verlesung,
wvrin sich daffelbc von dem bishcrigen Stand-
punkt dcr Regierung aus sehr entschieden ge-
gen den bekatinten badischen Antrag (auf Wie-
dcrherstellungder 1831r Verfaffung) ausspricht.
Frankfurt erklärte sich zur Einführung gleichen
Maaßes und Gewichtes bereit, wcnn von den
Nachbarstsaten ein Gleiches gcschehe. Hierauf
Neuwahlen in die Ausschüffe, denen der vcr-
storbene Münch - Bellinghausen angehört hat.
Der neue Gesandte für das Grvßherz. Heffen
wurbe wieder in dcn Militärausschuß gewählt.
Württemberg zeigte an, daß cs einen Kom-
miffär. zu der Bundeskommiffivn für Regelung
ber Heimathsverhältniffe schicken werde. Sonst
Rechnungsprüfungen der Festungsbehörden rc.,
welche sofort erlcdigt wurden. Bapern ver-
trat den K. sächsischen, Kurheffen den hcffen-
darmstävtischcn Gesandten.
Stirttgart- Der Beobachter vom 13.
Novbr. gibt für die bevorstchenden Wahlen
die Parole aus: „Weg mit diesem Mini-
sterium!"
Stuttgart, 12. Nov. Der Berscht der
staatsrechtlichen Commiffion über den Gesetz-
entwurf betrcffend die Adelsentschädigung ist
erschienen. Der Antrag der Commiffion lau-
tet: die Kammer wolle 1) aussprechen, daß
die Uebcreinkunft, geschtoffcn zwischcn der Re-
gicrung und dem standeshcrrlichen Consortium
am 22. März 1855, den Rechtcn und Jnte-
reffen des Landes nicht entspreche; 2) dcn
Gesetzentwurf zu Ergänzung der Besttmmungen
über Gefäll und Zchntablösung «u bloo ver-
werfen ; 3) dic Regiernng bitken, den Ansprü-
chen der Standesherrn gegenüber dic Giltig-
keit derAblösungsgcsetze aufrecht zu crhakten;
4) gegcn die vom BundeStag in Anspruch
genvmmene Compctenz svwie gcgcn das ein-
scitige Borgehen dcr Regicrung dic Rechte
der Verfaffnng und des Landes vcrwahrcn.
Stuttgart, 12. Nov. Die Abgeordnetcn-
kammer hat bezüglich ves Hopf'schen Antrags
Ivegen Entfernung der Geistlrchkeit aus dcn
Schulen, schließlich den Mchrheitsantrag anf
Tagesortznung mit 50 gcgcn 24 Stimmen zum
Beschluß erhoben.
München, 12. Rov. Jn dcr letzten Zeit
ist eine höchste Entschließung ergangcn, dcrzu-
folge Kinbcr von Angehörigcn der deutsch-ka-
tholischen und frcigcmeinblichen Gcnoffcnschaft
nicht zwangsweise zur TheilnahMe am katho-
lifchen oder protcstantischen Religionsunterricht
an denjcnigen Schulen, welchen stc zuqewiesen
stnd, angehalten werden dürfen, so ferne sie
nicht mit Znstimmung ihrer Eltern sich frei-
willig an demselben betheiligen wollen.
Coburg, 13. Nov. Unscre Rcgierung sst
in ihrem cinheitlichen Streben jetzt noch einen
Schritt weiter gegangen, indem sie in Verhanv-
lungen mit der preußischen zu dem Zwecke ein-
getreten, den dieffeitigcn Lehrcrn an den Gym-
nasien und Rcalschulcn in ähnltcher Wcise den
Eintritt in dcn prcußischen Schuldienst z«
sichern, wie durch die Militärcvnvention den
dieffeitigen Offiziercn ben Einlritt in den preu-
ßischen Militärbienst. (N. F. Z.)
Berlin, 13. November Die „Bossifche
Zeitung" berichtet über dcn Empfang des
Königs in Sorau und theilt die kurzc Rede
mit, welche der König an den Bürgermcister
Die Bettlerin an der Rialtobriicke oder vcne-
tiauische Justiz.
Novelle von Feodor Wehl.
(Kortsetzung.)
Für diese AuScinandersepung dankend, ergriff
Zean d'Aubigny anf'S Nene den Arm scines Freun-
dcs und zog ihn gegcn die Bettlcrin htn, dte un-
beweglich wie ein Marmorbild fitzen geblieben war.
AlS die Freunde sich ihr nähcrten, bemerkten fie
trotz dcr spärlichen Latcrnenbclenchtung ein feinge-
formtcs Untergeficht nnd cinen von der MaSkc ntcht
ganz verdcckten rcizendxn Mund. Dic Augen, wclche
zu Bodcn geschlagen und aus diesem Grundc bei-
nahc vvllftändig von dichten, langen, seidenen Wim-
pern verdeckt warcn, schtcnen dcnnoch etuen wnn-
derbaren Glanz anSznstrahlcn und groß nnd dunkel
zu sein.
Da man, während man diese Einzelheiten, so
gut eS ging, mustertc, der Almosensuchendcn zicm-
lich nahe gckommen, griff der Fürst von Lraon tn
die Tasche, um ein Gcldstück auf den Tcller niedcr- I
znwerfcn. Aber Jean d'Aubign«, der das inne ^
wurde, hinderte ihn daran, tndem er ihm die Biitc ^
zuflüsterte, ih« für dies Mal die AuStheilung cincr
Spendc allein überlaffen zu wollcn. Gleich darauf
ließ cr leise, im Vorübcrgehen bci der Bittenden
sich zum Tellcr niederbeugend, dret Dukaien tn den-
selben hineingleitrn. Als die Bettlerin daS blin-
kende Gold gewahrte, erröthete fic, «te man trotz
der Larve wahrzunehmen vermochte, und ihrc Augen
ein wenig in die Höhc richtend, warf sie dem frei-
gebigen Franzoscn eincn Blick voll so innigen Dan-
kcS und warmer Erkenntlichkeit zu, daß dieser, wie
gcblcndet davon, stchen blieb und nichl ohnc große
Anstrcngung von seincm Freundc weiter gcdrängt
werden konntc. Kaum aber, daß auf diese Weise
hundcrt Schritte gemacht worden, so hielt Jcan
b'Aubigny piötzlich an, und dem Fürsten v. Eraon
um dcn HalS sallcnd, crsuchte er ihn unter einem
Strom heftig auSgestoßener Wbrte an Ort und
Stelle zu blciben und zu warten, bis die Bettlcrin
sich erhcben und man schen würde, wohin fie kämc.
„Jch kann Dir uicht sagen, theurer Frcund", rics
cr aus, „welch' etne» mächtigen Eindruck diese aben-
teucrlichc Erscheinung auf mich gcmacht! Das dunkle
Auge, dcr feurige Blick dieser vcrhüllten maSkirten
Geftalt, die mit ihrem mhsteriösrn Unglück so sym-
pathctisch zum Herzcn spricht, hat auf cinmal die
lebhaftesten Empfindungen in mcinem Jnnern auf-
gcregt. Es zieht und drängt mich ein mir ganz
unbekanntes EtwaS mit magischer Gewalt so zwin-
gend zu ihr hin, daß mir ist, als «Lr' ich in thr
dem Schicksal meines Lebens begegnet!"
„Sei nicht närrisch", entgegnete sein ruhiger Bc-
gleiter, indcm cr ihn am Arme schüttelte, wie wenn
er ihn aus cinem Traume erwecken wollte. „Diese
Bettlerin ist ohne Zweifel eine ganz gewöhnlich«
Person, die Nichts, als Etwas von jcner Raffinirt-
heit hat, wclche den Südländern so cigen ist und
sic auch der trivialsten Misöre dcn tragischen Fal-
tcnwurf etncs großen WißgeschickeS so geschickt über
die Schultern werfen läßt, daß der Fremde, be-
troffen davon gemacht, zum aufopscrndsten Beileid
hingcriffen wird. — Thu' mir dcn Gefallen", fügte
er bei, „und laff' Dich nicht gar so lctcht täuschcn.
Genug, dqß Dv Dcine drct Dukaten weggeworscn
hast; laff' Dich nun nicht noch obendrein um Deine
Ruhe bringen."
„Du hast den Adel ihres WescnS", sagte Jean
d'Aubignh, „den rührenden Dank und die stolze
Beschämung nicht gesehen, wclche t« dem Bilck deS
KarlSruhc, 15. Nov. Zvfolg- höchftn Eotschltxßvng
»om 12. d. M. wurde Oberceremontcumelstck und Chef
de« Oberstkammerheirn- nnd dcS Oberceremonionmetftcr-
nmtS. Frhr. Karl von Retschach. zum Ob-rstkam-
wcrberrn, und der Jntendaut der Großhcrzogltchcn Hof-
domänen. Oberschloßhauptmann Frhr. von Kettncr,
unter vollftändtgcr Belafsung tn seinem dcrmaltgen amt-
ltchen WirkungSkretse, zum Oberstjägermeister ernannt.
Kartsruhe, 14. Nov. Z«r Statistlk der
zweiten Kammer ist, außer dem bereits Be»
kanntcn, hinstchtlich des religiösen Glanbens-
bckenntniffes noch von Antereffc, daß 32 Ka-
tholiken, 30 Protestanten und 1 Lsraclite unter
den 63 Mitgliedern stch befinden; auf dem
lctzten Landtagc waren es 36 Katholiken und
27 Protestanten.
Karlsruhe, 13. Nov. Einige Tage vor
der Wahl aufgefordcrt, sich über seine Grund-
sätze auszusprcchen, nach denen cr im Faü dcr
Wahl i» der Kammer zu handeln gedenke, hat
Hr. Obergerichtsadvokat Kusel im Wesent-
lichen Fvlgenbes erklärt: Die Nolhwendigkeit,
Dcutschland aus eincm gcographischen Begriff
zu ciner politischen Großmacht zu 'erhcbcn,
erkenne er an. Freilich gingen seine Wünsche
hier weiter als seine Hoffnungen. Er glaube,
daß nur das MLgliche, Erreichbare ins Auge
zu faffen fti, und könne daher sich Denjenigen
nicht anschließcn, welche nvch an eine Verwirk-
lichung dcr Reichsverfaffung von 1849 dächten.
Umbildung des Staatenbundes in cinen Bun-
besstaat, Errichtung ciner Centralgewalt z«r
Leitung aller wilitärischen und diplomatischen
Angelcgcnheiten Deutschlands mit Beibehaltung
der Verfaffungen der-einzelnen Staaten, sei
Das, was vorerst auf ruhigem unb gesetzlichem
Wege geschehen könne. Er erklärt sich für
dic oberste Lcitung Prcußens, aus bekannten
Gründen, aber zugleich für inniges Bündniß
mit dem deutschen Oesterreich. Trias und
Directorium vcrwirft er als ungcnügende Mit-
telwcge unb halbe Maßregeln. Neben dcr
Ceutralgewalt müffe eine deutsche Volksver-
tretung stehen und auf einheitliche Gcscßgebung
hinwirken. An Badens Verfaffung solle
prinziell nichts geändert wcrden, unbeschadet
der Reformen im inneren Aufbaue. Als solchc
seien zu bezeichnen: Oefsentlichkeit und Münd-
lichkeit des gerichtlichen Verfahrcns, sowohl
in Strafsachen, als in bürgerlichen RechtS-
streitigkeiten, Ernführung von Bezirksgcrichten,
Umgestaltung ber Verwaltungsorganisation
auf Grundlage größercr Betheiligung Les
Volks und Bcschränkung des bureaukratischen
Spstems; ferner cin Polizeistrafgesctz, cin frei-
sinnigeres Preß- und VcreinSgesetz, ein Ge-
werbegesetz, das noch etwas weiter gehe, als
der Enlwurf; ferner möglichst gleichmäßige
Besteuerung, inncrhalb dcr Schranken des
Nothwendigen, ohne ängstliche Sparsamkeit in
Dingen unb Einrichtungen znr Förderung ma-
terieller und geistiger unb politischer Zntereffen
des cngeren und weiteren Vaterlandes. Eine
erhebliche Meinungsverschiedenheit zwifchen
diesen Forderungen und dem Aprilprogramm
des Ministeriums wcrdc sich nicht ergeben;
doch halte er es für Pflicht eines Abgevrbnc-
teu, sich nach keiner Seite zu binden und auch
diesem Miuisterium gegenüber seine volle Un-
abhängigkeit zu wahren. Zn lokale» Jntcreffen
der Stadt Karlsruhe werde er Alles fördern,
was vcreinbar sei mit dem Wohle des ganzcn
Landes. — Das ist der wesentlichste Znhalt
der abgegebenen gedruckten Erklärung. Es
ist nichts in ihr enthalten, was nicht jeder
Freund gcsetzlicher Freiheit unterschreiben
könnte.
Karlsruhe, 13. Nov. Die „Karlsr. Z."
(Rcgicrungs-Organ) bringt heute cinen Leit-
artikel über die WahIbewcgung in
Preußen, worin sie die altconservativc
Partei gehörsg abfertigt und sich warm für
das Prvgramm der deutschen Fvrtschrittspartei
ausspricht.
Bruchsal, 15. Nov. Hcuke früh 9 Uhr
wurde dem wegen Raubmords zum Tode ver-
urthcilten Michael Braun von Herzthal
das Todesurtheil verkündet, wclches nächsten
Moutag mittelst des Fallbeils vollzogen werden
wird. (K. A.)
Pforzheim, 14. Nsv. Wic das „F. Z."
vernimmt, wuß sich Profeffor Lamcp wegen
Formfchlcr eincr neuen Wahl, deren Ausgang
indeffcn nicht zweifelhaft sein kann, unter-
werfen.
Frankfurt, 14. Nov. Zn der heutigen
Bundestagsfltzung kam von Kurheffen eine
sehr umsangreichc Erklärung zur Verlesung,
wvrin sich daffelbc von dem bishcrigen Stand-
punkt dcr Regierung aus sehr entschieden ge-
gen den bekatinten badischen Antrag (auf Wie-
dcrherstellungder 1831r Verfaffung) ausspricht.
Frankfurt erklärte sich zur Einführung gleichen
Maaßes und Gewichtes bereit, wcnn von den
Nachbarstsaten ein Gleiches gcschehe. Hierauf
Neuwahlen in die Ausschüffe, denen der vcr-
storbene Münch - Bellinghausen angehört hat.
Der neue Gesandte für das Grvßherz. Heffen
wurbe wieder in dcn Militärausschuß gewählt.
Württemberg zeigte an, daß cs einen Kom-
miffär. zu der Bundeskommiffivn für Regelung
ber Heimathsverhältniffe schicken werde. Sonst
Rechnungsprüfungen der Festungsbehörden rc.,
welche sofort erlcdigt wurden. Bapern ver-
trat den K. sächsischen, Kurheffen den hcffen-
darmstävtischcn Gesandten.
Stirttgart- Der Beobachter vom 13.
Novbr. gibt für die bevorstchenden Wahlen
die Parole aus: „Weg mit diesem Mini-
sterium!"
Stuttgart, 12. Nov. Der Berscht der
staatsrechtlichen Commiffion über den Gesetz-
entwurf betrcffend die Adelsentschädigung ist
erschienen. Der Antrag der Commiffion lau-
tet: die Kammer wolle 1) aussprechen, daß
die Uebcreinkunft, geschtoffcn zwischcn der Re-
gicrung und dem standeshcrrlichen Consortium
am 22. März 1855, den Rechtcn und Jnte-
reffen des Landes nicht entspreche; 2) dcn
Gesetzentwurf zu Ergänzung der Besttmmungen
über Gefäll und Zchntablösung «u bloo ver-
werfen ; 3) dic Regiernng bitken, den Ansprü-
chen der Standesherrn gegenüber dic Giltig-
keit derAblösungsgcsetze aufrecht zu crhakten;
4) gegcn die vom BundeStag in Anspruch
genvmmene Compctenz svwie gcgcn das ein-
scitige Borgehen dcr Regicrung dic Rechte
der Verfaffnng und des Landes vcrwahrcn.
Stuttgart, 12. Nov. Die Abgeordnetcn-
kammer hat bezüglich ves Hopf'schen Antrags
Ivegen Entfernung der Geistlrchkeit aus dcn
Schulen, schließlich den Mchrheitsantrag anf
Tagesortznung mit 50 gcgcn 24 Stimmen zum
Beschluß erhoben.
München, 12. Rov. Jn dcr letzten Zeit
ist eine höchste Entschließung ergangcn, dcrzu-
folge Kinbcr von Angehörigcn der deutsch-ka-
tholischen und frcigcmeinblichen Gcnoffcnschaft
nicht zwangsweise zur TheilnahMe am katho-
lifchen oder protcstantischen Religionsunterricht
an denjcnigen Schulen, welchen stc zuqewiesen
stnd, angehalten werden dürfen, so ferne sie
nicht mit Znstimmung ihrer Eltern sich frei-
willig an demselben betheiligen wollen.
Coburg, 13. Nov. Unscre Rcgierung sst
in ihrem cinheitlichen Streben jetzt noch einen
Schritt weiter gegangen, indem sie in Verhanv-
lungen mit der preußischen zu dem Zwecke ein-
getreten, den dieffeitigcn Lehrcrn an den Gym-
nasien und Rcalschulcn in ähnltcher Wcise den
Eintritt in dcn prcußischen Schuldienst z«
sichern, wie durch die Militärcvnvention den
dieffeitigen Offiziercn ben Einlritt in den preu-
ßischen Militärbienst. (N. F. Z.)
Berlin, 13. November Die „Bossifche
Zeitung" berichtet über dcn Empfang des
Königs in Sorau und theilt die kurzc Rede
mit, welche der König an den Bürgermcister
Die Bettlerin an der Rialtobriicke oder vcne-
tiauische Justiz.
Novelle von Feodor Wehl.
(Kortsetzung.)
Für diese AuScinandersepung dankend, ergriff
Zean d'Aubigny anf'S Nene den Arm scines Freun-
dcs und zog ihn gegcn die Bettlcrin htn, dte un-
beweglich wie ein Marmorbild fitzen geblieben war.
AlS die Freunde sich ihr nähcrten, bemerkten fie
trotz dcr spärlichen Latcrnenbclenchtung ein feinge-
formtcs Untergeficht nnd cinen von der MaSkc ntcht
ganz verdcckten rcizendxn Mund. Dic Augen, wclche
zu Bodcn geschlagen und aus diesem Grundc bei-
nahc vvllftändig von dichten, langen, seidenen Wim-
pern verdeckt warcn, schtcnen dcnnoch etuen wnn-
derbaren Glanz anSznstrahlcn und groß nnd dunkel
zu sein.
Da man, während man diese Einzelheiten, so
gut eS ging, mustertc, der Almosensuchendcn zicm-
lich nahe gckommen, griff der Fürst von Lraon tn
die Tasche, um ein Gcldstück auf den Tcller niedcr- I
znwerfcn. Aber Jean d'Aubign«, der das inne ^
wurde, hinderte ihn daran, tndem er ihm die Biitc ^
zuflüsterte, ih« für dies Mal die AuStheilung cincr
Spendc allein überlaffen zu wollcn. Gleich darauf
ließ cr leise, im Vorübcrgehen bci der Bittenden
sich zum Tellcr niederbeugend, dret Dukaien tn den-
selben hineingleitrn. Als die Bettlerin daS blin-
kende Gold gewahrte, erröthete fic, «te man trotz
der Larve wahrzunehmen vermochte, und ihrc Augen
ein wenig in die Höhc richtend, warf sie dem frei-
gebigen Franzoscn eincn Blick voll so innigen Dan-
kcS und warmer Erkenntlichkeit zu, daß dieser, wie
gcblcndet davon, stchen blieb und nichl ohnc große
Anstrcngung von seincm Freundc weiter gcdrängt
werden konntc. Kaum aber, daß auf diese Weise
hundcrt Schritte gemacht worden, so hielt Jcan
b'Aubigny piötzlich an, und dem Fürsten v. Eraon
um dcn HalS sallcnd, crsuchte er ihn unter einem
Strom heftig auSgestoßener Wbrte an Ort und
Stelle zu blciben und zu warten, bis die Bettlcrin
sich erhcben und man schen würde, wohin fie kämc.
„Jch kann Dir uicht sagen, theurer Frcund", rics
cr aus, „welch' etne» mächtigen Eindruck diese aben-
teucrlichc Erscheinung auf mich gcmacht! Das dunkle
Auge, dcr feurige Blick dieser vcrhüllten maSkirten
Geftalt, die mit ihrem mhsteriösrn Unglück so sym-
pathctisch zum Herzcn spricht, hat auf cinmal die
lebhaftesten Empfindungen in mcinem Jnnern auf-
gcregt. Es zieht und drängt mich ein mir ganz
unbekanntes EtwaS mit magischer Gewalt so zwin-
gend zu ihr hin, daß mir ist, als «Lr' ich in thr
dem Schicksal meines Lebens begegnet!"
„Sei nicht närrisch", entgegnete sein ruhiger Bc-
gleiter, indcm cr ihn am Arme schüttelte, wie wenn
er ihn aus cinem Traume erwecken wollte. „Diese
Bettlerin ist ohne Zweifel eine ganz gewöhnlich«
Person, die Nichts, als Etwas von jcner Raffinirt-
heit hat, wclche den Südländern so cigen ist und
sic auch der trivialsten Misöre dcn tragischen Fal-
tcnwurf etncs großen WißgeschickeS so geschickt über
die Schultern werfen läßt, daß der Fremde, be-
troffen davon gemacht, zum aufopscrndsten Beileid
hingcriffen wird. — Thu' mir dcn Gefallen", fügte
er bei, „und laff' Dich nicht gar so lctcht täuschcn.
Genug, dqß Dv Dcine drct Dukaten weggeworscn
hast; laff' Dich nun nicht noch obendrein um Deine
Ruhe bringen."
„Du hast den Adel ihres WescnS", sagte Jean
d'Aubignh, „den rührenden Dank und die stolze
Beschämung nicht gesehen, wclche t« dem Bilck deS