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Heidelberger Zeitung — 1861(Juli bis Dezember)

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Dezember
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https://doi.org/10.11588/diglit.2815#0620

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Badischer Landtag.

Karlsruhe, 13. Drz. (Zweite Kammer,
6. öffentl. Sitzung.) Boisitzcnder : Hildebrandt;
Reglcruligskomuilfsäre: Dr. Stabel, Dr. La-
mey, v. Roggenbach. Schriftführer Wahrer
zeigt mehrere Einlänfe an, darunter eine
Bittschrift dcs ehemaligen Rechtsanwalts Lat-
terner v. Mosbach, z. Z. in Heidclbcrg, we-
gen widcrrechtlicher Verhaftung. Die Tages-
ordnung führt zur Berathung der Dankadreffe.
Der Berichterstatter Häuffer begab sich auf
die Redncrbühne und las den Hntwurf der
Dankävreffc wörtlich vvr. Bei ber hierauf
eröffncten allgeineincn Besprechung ergriff nur
Achenbach das Wort in Bczug auf die Form
dcr Verhandlung, die nun, nach 30 Jahren,
wieder öffentlich, und wobei weder von einem
Mitgliede der Kammer, noch der gr. Regic-
rung ein Antrag auf Verhandluug in gehei-
mer Sitzung eingebracht worden sei. Es sei
damit der erfreuliche Beweis gcliefert, daß
die Gewohnheit der geheimcn Verhandlungen
aufhörc, und die Oeffentlichkeit der Verhand-
lungen zur Geltung gebracht worden sei. Das
badische Volk habe ein Recht daranf, zu er
fahren, in welcher Weife seine Verlreter die
vom Throne herab gesprochenen Worte beant-
wvrtettii, Hierauf Sonderberathung.

(Schluß folgt.)

Karlsruhe, 13. Dez. Der Wortlaut der
Adreffc, wie er aus dcn Bcschlüffen der ersten
Kammer hervorgegangen ist, lautet:

„Durchlauchtigster Großherzog, gnädigster Fürst und
Hcrr! Glücklich dack- Laud, dessen Fürst seine Stäude
mit dem bedeutsamen Worte empfaugen kann: „Einig
mit meinem Volke". Doppelr glücklich, wenn dieje
Einigkeit in wahrer Zuneigung und unerschütterlichem
Vertrauen deS Volkps zu jeinem Fürsten ihre reine
Quelle hat. Zu »olleui Gesühl diescS Glückes naht sich
dic treu gehorsamste 1. Kammer der Stände den Stuseu
des Thrones, um Euerer Kön. Hoheit den warm em-
psundenen Dank für die ihr gewordene Begrützung ehr-
surchtsvoü darzubriliI-n. Das Bild der materiellen
Zustände des Landes, welches Euere, Kön. Hoheit vor
Höchstihren Ständeu zu entwickeln geruhten, ift'geeignet,
em jedes badische Hsrz mit gerechker Freude M ersüllen ;
denn e« ist ein Bild des imFortjchritt begrissenen Gedei-
hens. Aus der vsrlässigen Grundlage »ollkommen ge-
regelter Finanzen blühen Landwirthschast, Jndustrw und
Handel. Tie in Aussicht stehende Vdllendung der Kchiez
nenwege, dic Verbesserung des Postwesens, die gleichsalls
vorbereitete Besreinng der Gewerbe, endlich die vermöge
beharrlichen Strebens Eurer Kön. Hoheit Negierung
zur Bereinbarung gebrachte Ermäßigung der Flnßzölle,
wclche weiter gehende sehr begründetc Verkehrserleichte-
rungen hossen lasscii, berechtigen zu der Erwartung,
jenes Gedcihen nicht als ein vorübergehendes, sondern
als ein wächsendes zu betrachten. RichtÄ wir weiter
den Blick aus die innercn stairtlichen VerhälMisse, so ist
es im Allgemeinen der Geist des besonnenen Forischril-
es, welchem wir auch hier begegnm. Aus dem Gediete

der beiden christlichen Kirchen sehen wir eines und das-
selbe große Prinzip je nach der Eigenthümlichkeit einer
jeden in besonderen Formen sich entwickeln, das Prinzip
: ddr Fretheit uikter desti Gesetz: Ats eine segensreiche
Folge seiner Verwirklichung, welche wir mit besonderer
Freude begrüßm, betrachten wir mit Euerer Kön. Hoh.
: die Wiederkehr des Friedens zwischeu dem Staat und
der kath. Kirchengcwalt, und wir sind ferner der lesten
kkeberzeuguiig, die dm Gewisjen verbürgie volle Freiheii
und das den Kirchm vcrliehme freie und seibstständige
Lebm .«erde auch weiierhin in jegcnsvollm Früchien
erleuchieier Religiositäi und ächier christlicher Gesinnung
sich enisältkn, Mit lebhaftem Jnierefse sehen wir der
Nmgestaliung der oberstcn Schulbehörde entgegen, welche
die Regierung Euerer Kön. Hoheii beabstchtigt. Eine
- wphlgeordnele, die religiöse und geistige Entwickelung
sördcrndc Schule ist auch sür uns eine ernste Sorge
uüd gerne Ivcrdcn wir Eüere Kön. Hoheii :>! den Maß-
regeln sür Hebung der Kunst und Wissmschast unter-
stützen. Die von Enerer Kön. Hoheii angekündigien,
die Verwaltung , die poiizeiliche Sirafgewali und di;
Rechispflege deirefsmden Gesetzesmiwürse bettachtm wir
als wesenilich -beitragend zur vollkommmen Entsaliung
des konstituiionellen Lebeiis. Sie der ernstesten Prüsung
zu unterwerfen, werdm wir, gcireu unserer Pflichi,
seiner Zeii nichi ermangelm Dieselbe volle Aufnierk-
samkeit werden wir dem Regeätschafisgesctz znweiiden,
für dessm Abfasiung ein Zestpunki vorzugsweise sich
eignest wo seine ANwmduNg nach «enschticher Boraüs-
sichi gerade am fernsten zu licgen fcheini. Die Con-
scriptivnspflichi iegi den Einzelnen große Opser auf;
wir sind vollkommeu damii einvcrstanden, daß der ein-
geireienen Vertheuerung aller Lebensbedürsnisse die gebüh-
rende Rechnung zü tragm sei. Daß Euerer Kön. Hoheik
hoheRegierung in dm durch dcn dmischen Bund zu mtschei-
dmdm Verfassungskämpsen eineS deuischen Bundes-
staales stch im Einklang mii den Wnnschen der geireuen
Stäqde des Landes auf die Seiie des Rechis mii Eni-
schiedenheii gestelli, hai alle Baierlandssrennde mir Frende
und Dank ersüllt. Jst doch die Heilighaltnng des Rechts
der Grundpseiler jeder staailichen Ordnung und das erste
aller wahrhasi könservaiiven Jnicressen. Endlich und
vor Allem sind wir mii Euerer Kön. Hoheii von der
Wahrheit des >satzes durchdrungen, die Sicherheii und
Wohlfahri aller einzelnen denischen Siaaien hänge ab
von dem Vorhandensein eines die gemeinsamen Jn-
teresseu init eiiihcitlichem Willen veriretenden Organis-
mus. Datz die gegenwärtige Verfässung deS deilischeii
Bünhes dieser Anforderung nichi mispreche, ist eine von
allen Seiten anerkannte Thatsache. Wir unsererseiks
stnd von dem Wunsche und der Hoffuung ersnlli, daß
eS gelingen werde, einc innerhalb dcr Grenzm dcs
Nothwmöigm einheiilich und in Lebcreinstimmung mit
der Repräjeiitativverfasiuiig der Eilizklstaaten organisirte
Versasiungssorm in Deutjchland etnzuführen. Zu der
Weisheit Enerer Kön. Hoheit und zu dem erleuchteten
Sinne Höchsiihrer Regiernng hegen wir das vollstc Ver-
iranm, daß, wie bisher, so künstig Alles, ivas zum
Heil und Frommen- imscreS großen VaierlandeS bei-
iragm kann, eine erhabene Siütze in Merhöchstdmftlbm
fillden werde, Goii schütze Eure Kön. Hoheii und Euerer
Kön. Hoheii ganzeS erhabenes Haus! Zm Namen rc."

Deutsch la nd

Äarlsruhe, 13. Dez. S. K. H. der Großherzog
haben den HofgerichtS-Affejsor Müller in Konstanz unter
Ernennung zum HofgerichtS - Rath zum Hofgericht des
UnterrheinkreiseS zu versetzen, und den Juftizmtnisterial-
secretär Karl Wielaudt dem Hofgertcht des Mtttel-

rheinkretseS mit Sitz und Stimme zur Aushilfe beizugeben
geruht.

Karlsruhe, 12. Dezbr. Nach der dem
Budget beiltegenden Uebersicht der großherz.
Direction der Forsten und Bergwcrkc bcstanven
die Haupterträgniffe der Domänenwaldungen
nach dem Stand vom 1. Zanuar 1860 ,'n
Folgendem: die Gesammtzahl der Hochwaldun-
gen beträgt 201,741 Morgen 248 Ruthen,
der Mittel- nnd Niederwaldungen 25,378 M.
283 R. Hieraus betrug ver Holzabgabesatz
am 1. Jan. 1860: 139,079 Klafter. Die
gr. Regierung glaubt jedoch, daß die Durch-
forstungen 150,000 Maffeklaftern ergebcn,
wclche bet dem angenommcnen Durchschnitts-
preis von 12 si. für di'e Klafter eine Mehr-
eiiinahme von 300,000 fl. und im Ganzen
eine jghrliche Einnahme von 1,800,000 fl.
abwerfen werden.

Bruchsal, 11. Dezbr. Dem zum Tode
verurtheüten FärbermeisterGeorg Dietz von
Baden wurde heute Vormittag die landesherr-
liche Bestätigung diefes Urtheils unter dem
glei'chzeiti'gen Anfügen verkündet,,daß am näch-
sten Samstag, den 14. d. M., Vormittags 9
Uhr, der Voüzug stattfinven werde. Wtr
vernehmen aus stchcrer Quelle, daß der Vcr-
urtherlle diese Eröffnnngcn mrt der nämlichen
Kaltblüligkeit hingeuommen habe, welche er
auch fortwährend bei den öffentlichen Schwur-
gerichtsverhandlungen an den Tag gelcgt hatte.
Auch jetzt noch auf seinem frühern Vertheivi-
gungsfysteme beharrcnd, wornach er die Blau-
säure nicht vorsätzlich seiner Frau beigk-
bracht haben will, sprach er den Wunsch aus,
daß, wenn es zur Hinrichtmig kommen sollte,
setn Körper neben dkmjcnigeii seiner Frau auf
dem Friedhvfe der Stadt Baven beigesetzt wer-
den möge. Zugleich soll er ein abermaliges
Begnadigungsgesuch übergeben haben, worin
er hauptsächlich die Glaubwürdigkeit ver getzen
ihn aufgetrelene» Zeugen ohne wei'tere Be-
gründung zu verdächiigen suchte.

Koburg, 9. Dez. Die Kob. Ztg. verös-
fentlicht das den agnatischen Protest gegen
die Koburgischc Milüärkonvention mil Preu-
ßen enthaltene Schreiben dcs Herzogs von
Meiningen an den Herzog von Koburg (da-
tirt den 22. Nov. d. I. gegengczeichnet von
v. Krostgk), sowie das Antwortschreiben des
Herzogs von Koburg vom 4. Dez. d. I. Das
Meiningensche Schreiben lautet der Hauptsache
nach: „So sehr ich vas erwähnte Motiv (die
Wehrhaftigkeit Deutschlands durch praktlsche
militärische Einrichtungen möglichst gesteigert
zu sehen) achte und anerkenne und so wenlg

Falkenstein.

Von Hermann Schmtd.

(Kortsetzung.)

Während ste so redend dahingegangen waren,
richtöte fich auf etmnal nnwert des Dorfs äus etnem
Waffergraben ncben der Straße eine menschliche
Figur empor, in dcr Alle, trotz des Schlammes,
mit dem fie bedeckt war, bald den Badcr erkannten.
Er haite zu oft den ihm von Fraü Kunegunde kre-
dcnztcn Becher gelecrt und war unfähig, allcin
weiter und nach Haust zu kommen. „Jhr habi
Euch erne besonberc Licgerstati ausgesucht, Meister
Guntram", rief lachend der eine der Bauern, in-
dem fie dem Bctrunkenen auf die Beine halfen.
„Könnt Jhr Euer Bett und den Straßcngraben
nicht von einandcr unterscherden?"

„Das ist kein Wunder", spottctc der Soldat, „der
Merster hat.damals, wie er das Knablcin dcs Gra-
fen untersuchte, lcbendig und todt nicht zu unter-
scherden vermocht."

So betrunkcn der Brder war, fühlte er doch dcn
ihm beigebrachten Settenhieb. Schimpfend «ollte

er fich von seinen Führern loSreißen, um über den
Spöiter herzufallcn; dicst aber hielten rhn mit
krästigen Armen so fest gefaßt, daß er fich fügen
mußtc. Nachdcm er hcimgebracht worden, zerstreu-
ten fich Allc, in ihre Hüttcn und Häuser drc wich-
trge Kundc des heutigen Tages tragend.

Im Schloffe war indeffcn der Richter bcschäftigt
gewesen, drc ihm übcrgebenen Paprere nochmal zu
durchgehc» und zu prüfcn. Wrllibald lehntein sich
vcrsunken am Fenster dcs ZimrnerS, während Serena
beschäftigt war, dre Leiche WallnerS, die in einer
Halle uniergebracht wvrden, einfach nnd im Sinne
des Dankes zu schmücken, von dem rhr Herz gegcn
dcn redlichcn Drcncr durchdrungen war. EltcrnioS
und in gewiffem Sinne rein fich sclbst überlaffen,
war fie hcraiigewachsen und je lebhafter mit jedem
Jahre das Gcfühl dteses MangclS in rhr hervvr-
trat, desto ttefer war der Eindruck, den dte Erzäh-
lung und Handlungsweise Wallners auf sie gemacht
hatte.

Nachdem der Rrchter seine Durchficht gcendigt
hattc, trat er, fich erhebend, mtt einer Vcrbeugung
vor Wrllibalv. „Nach Allem, «as vorgegangen
und tch hier gelesen, kann ich ntcht mchr zwcifeln,

! daß rch in Ihnen, mein «erther Herr, den ältesten
. Sohn des Grafengeschlechtes Falkenstern zu veneri-
-ren habe. Ebcnso zwcifle ich nicht, daß derKaistr
nicht anstchen wcrde, die Lehensfolgc anzuerkennen
— glerchwohl abcr kann ich Sre nicht fo ohne Wer-
tcres cntlassen, da Sie mir als inhaftirf wegen
einem erimuiis noois übcrliefcrt worden. Sie wer-
den es mir dahcr nicht verdenkcn, wenn ich stehen-
den Fußes 'nach Wien abreise, um Sr. kaistrlichen
Majestät persönlich zu rapportircn, und «erden sich
Ler anständigcn leichicn Haft nicht entzrehen, in der
ich Sre bis zu meiner Rückkehr halten laffen muß."

„Auch ohne Haft", erwiderte Willrbald, „sollen
Sie mrch finden, wre Sre mrch verlaffen habcn.
Rcrsen Sre mtt Gott, Herr Commrffarius, und
machen Sre, daß rch Sre bald wieder wtllkommen
heißen kann."

„Wrllkommen — ja", erwrderte der Commiffarius,
„und hoffentlich dann mit ciner freudigern Miene
als Zhre jetzige rst, denn dicse will sich nicht recht
mrt einem neugefundeneff und unr sdas Armen-
sündcrstühlchen cingetauschtcn Platze auf der Reichs-
grafcnbank vertragen. Gott bcfohlen, — ich nenne
Sie schon jetzt, «te Sie bald alle Welt nenne» muß

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