Utidrltmgkr Ititung.
N; 17«
Dienstag 30. Zuli
L8«L.
Pff Das Refcript und die Lage
Ungarns.
Das kaiserliche Rescript liegt nunmehr sei-
nem ganzen Jnhalt nach vor. Daffelbe hält
ledl'glich di'e Grundzüge des Diplvms vom
20. October v. I. fest, ohne aus dle weltern,
auf ei'ne förmli'che Personaluni'on gerichicten
Wnnsche der Ungarn einzugkhen. Jn dem
Rescripte sind, der Anordnung jenes Di'ploms
völlig gemäß, den Ungarn die kraft ihrer al-
ten Verfaffung (vor 1848) zustehenden Rechte
so ziemlich alle gewährleistef. Auf die wei-
tern gewichti'gen Begehren dcr Ungarn, gerich-
tet auf eine von Gesammtösterreich getrennte
Finanzverwaltung, aus ein bcsondereö Heer-
wesen und ein eigenes verantwortliches Mi-
nisterium, geht das Rescript nicht ein, ebenso
wenig auf eine unbedingte Anncriön der sog.
Nebenländer. Hinsichtlich Siebenbürgens wird
diese Lctztere desinitiv abgeschlagen, hinsichtlich
Kroatiens, Slavoniens und der'serbischen Woi-
wodina aber von den zu fassenden Beschlüs-
sen der Volksvertretung dieser betreffenden
Länder abhängig gemacht.
Gerade die bedentungsvollsten Wünsche nnd
Anträge des ungarilche» Landtages, welche
schon im Jahre 1848 dcn damaligen Stein
des Anstoßes abgaben und in Folge deren
Verwirklichung Ungarn von dem Gesammt-
staate Oefterreich sv gut wie getrennt, und
lediglich auf das Verhältniß einer Personal-
union, d. h. einer bloßen Gemeinschast des
Regenten zurückgesührt wäre, stnd daher vom
Wiener Hvsc abschlagig verbescheidet wordc,,.
Einige wcitere, im Jahre 1848 eriheilte Con-
cessionen svllcn bezüglich auf ihre wiederholte
FeststeÜung den Vcrsammlungen des Landtagcs
unlcrbreilet werken. Die von Letzterem be-
antragte Amneflie aller von jenem Zahre her
pvliiisch Coinpromitlirten ist bis zum Zeit-
punkt der Krönung in Aüsstchk gestellt wordeiu
Was werden die Ungarn nun thun? Wer-
den ste sofort zum Schwerte greisen und ihre
wirklichen oder vermcintlichcn Ansprüche mit
kcn ?Waffen in der Hand geltend machen?
Für dcn jetzigen Augenblick ist dieseS nicht an-
zunchmen, und es wlrd ein allenfallstger Auf-
stand mit einiger Aussicht-auf Ersolg nur im
Falle einer größeren europäischen Krists und
anderwciter Verwicklungen Oesterreichs i» eine
svlche, z. B. im Fallk ei'nes erneuerten Krie-
ges in Italien geschchen können. Da äber
ein Jnsurrcclionskampf in Ungarn im jetzigen
Augenblick sicher auch das Signal für das
Loöschlagen der zur Zeit in eincr ungewöhn-
lichen Aiifregurig befangnen bcnachbarten Po-
len wäre, so könnke en Ausstanv in jenem
Lande auf eine Zeit lug zwar größere nnd
nicht uiigefährliche Dimesionen gewinuen, wäre
aber zugleich die'Losunx für ein scstes Anein-
anderschließen und ein gemeinsames Handeln
der drei. östlichen Gvßmächte, Oesterreich,
Rnßland und Preußen. Wir haben dicser im
Falle einer dauernden Rnitenz dcr Ungarn ein-
tretenden Chance schon ii dem neuerlichen Auf-
satze „über vie Lage^Oeferreichs" gedacht und
hervorgehoben, welche ȧliche Jnconvcnienzen
für Orsterreich, und wtlcher bedenkliche Ruck-
schlag auf die Lage dec Gesammtstaats ent-
stehen kann, wenn die lkegierung noch einmal
in die Lage kommt, Uncarn mil Waffengewalt
zu unterwerfen, nnd aitlelst uuverfaffungs-
mäßigen Ordounanzcn zu regieren. Doch ist
für jetzt anzunehmen, daß dieser Fall der uu-
wahrscheinltchere ist, uni nicht letcht eintreten
wird. Auch hat der .iaiser in seinem Re-
scripte wiederholt das zesthalten an der Vcr-
saffung ausdrücklich veffichert. Weit eher ist
zu vermuthcn, daß die llngarn wiederholt, wie
auch schon bei der vom Wiener Hofe begehr-
ten Abändcrung der Adreffe ihreS Landtages,
nachgeben, sich in das Unvermeidliche sinden,
eine entschicbeue Gcltcndmachung ihrcr Wüusche
bis auf einen gelcgenen Zeitpunkt vcrlegen,
unv dieselbe für jctzt auf bem unblutigen par-
lamentarischen Wege aastragcn werden. Es
ist dieses Lctztcrc um so mehr anzunehmen,
als, ziemlich sichern Nachrichten zujolge, die
linke Seitc des Landlagcö, die Koffuth-Partei,
„ichis weniger alö daS ganze Volk hinter sich
hat. Wärc dieses der Fall, dann wäre schon
cine Aenderung ber Adreffe nach dem Wunsche
dcs KönigS wohl niminermehr erfolgt!
Bei weitcm der größere Theil des Volkes
hält offenbar zur Dcak'schen Partci; und wenn
gleich auch diese alle Sonderrechte ber Ungarn,
iusbesvndere auch das von diesen angestrebte
Vcrhältniß der Personalunion nicht minder
eifrig vertritt, so ist es doch sehr unwahr-
scheinlich, daß diese die geistigen Waffen deö
Wortcs nnd dcr Schrift mil dem Schwcrte
vertauschcn und an die äußere, physische Ge-
walt appelliren wirv. Das cigentliche Gros
der Revolutionspartei in Ungarn bilben offen-
bar die erceutrische Jugend, insbesondere die
sog. Zuraten, und der dortige zählreiche, oft
besitzlosc,, 'niedere Adel. Die üdrigen Klaffen
des Volkes, als der höhere Abel, dcr besitzeube
niedere Adel, dcr Bürger- und Bauernstand,
dürftcn doch grvßentheils die schon so lange
fortwährenbe unsichere Lage, oft mit völliger
Anarchie bunt untermischt, die willkürliche
Komitat- und Pandurenwirthschaft (bei wel-
cher Stvckprügel als ein nothwendiges Attri-
but nicht fehlen dürfen) herzlich satt haben.
— So stolz auch die Angehörigen dieser
Stänbe, sowie jeder Ungar mit vollem Rechte
auf ihre nalionale» Freiheiten und Vorrechte
sind, so zähe und ausdauernb sie daran fest-
halten, so dürfte der Majorität dieseS VolkeS
doch ein allmähliger Abschluß oder Ruhepunkt
in bcm mit so großer Hestigkeit gcführtcn Ver-
fassungskampfe jetzt erwünscht sein, da dieselbe
nicht gesönnen ist, bas bis jetzt Erreichte von
Reuem den Stürmen bes Kriegs und dem
launenhaften Spicle des Zufälls anheim zu
geben. Hiezu knmmt,'daß iiach den neuesten
Nachrichten auch jeßt, wie im Zahre 1848,
bie slavischen und deutschen Bewohner der
sog. Nebenländer mit dcn Magyarcn nicht ge-
mcinsame Sache machen, viklmehr am Ge-
sammlstaate sestha7len. Das vben Gesagte
gilt sicher so lange, als ber jeßige normale
Verlan; ber Dingc in Oesteireich unb Europa
nberhaupt dauern wird. Wcun sreilich uner-
warteie Ereiguiffe von größerer Tragweite
unb durchschlagcndeui Einflaffe eintreten soll-
ten, dann bürste, wie vics allenthalben in sol-
chen Momenten geschieht, auch jenc Berech-
nung für Ungarn nicht mehr zutreffen, und
eine, wenn auch an Anzahl kleinere, doch ruh-
rige, entschiedene, unb in der Auswahl ver
Miiiel nicht verlegene Partei dortselbst wieeer
ronangebenv wcrden.
Das kaiserliche Rescript a« dea
«ngarischeu Landtag,
welches wir bereits fcinem wesentlichen Jn-
halt nach in Nr. 171 mitgetheilt, lautet voü-
stänbig:
Wir Franz 2 osexh der Erste ic. ic. rc. entbic-
tca dcn tn Folge Unscrer Etnbeillsnng nns d-n r. April l.2.
lm Landtnge vcisamm-Urn Magnaten und Vertretern Un»
s-reb getrenen Köntgretchs Ungarn Unscrn Grnß Ulld Ull-
sere Gnade.
Gellebtc und Gelreue! Nachdem 2hr Unserer, mlttclst
Rescrtptcs vom 3ü. ». W. an Ench ergangenen Anffor-
dernng, di- an UnS gerlchlete all-iunterlhänigste Adressc
tn solcher Gcstalt zu unterbrettcn, daß deren Annahme mlt
dcr von UnS gegen jegtlche Angrlffe zu wahrendcn Wnrbe
'der Kronc und mit Unsceen erbtlchcn Hkrrscher-Rechtcn lm
Elnklange stchc, mtt pffichtgemäßcr Vereltwtlltglelt, worübe«
Wlr Euch berellS Uuscre Vesrtcdigung haden ausdiücken
laffen, nachgetommen setd, — sind Wir ersrcnt, Unserem
gcällßciten Versprcchcn nnd lcbhastcn Berlangcn gemäß,
UnS über dic t» dieser Adrcffc enthaltcncn hochwlchltgen
Angelegenhctten rnckhaltlos anssprechcn zn könne», um anf
dicse Wetsc durch etne klare nud bündigc AuSetnander-
setznng dtc gedelhliche und danernde Lösnng dcr vorltegcn«
dcn Schwlcrigkestcn zn erztelen.
Ias deutsche Sängerfest.
(Fortsetzuiig).
Töne, Melodien, Wortc scien die jedem Liede
gemeinsLmcn Bestandtheile: eine schwcre Bcdeniung
habe das deuische Lied. Ueberall gesungen, wo
Deuische wohncn, und darum überall gcsungcn, «eil
überall Dcutsche wohnen; in Dcutschiand selbst cin
Bindemittel aller dentschen Stämme, stark genug,
um „siuchwürdige Bestrebungen" zu bewältigen, sci
es eln „Zcrchen dentscher Einheit" für alle Die,
denen es noth thue, zu wiffcn, daß gänz Deutsch-
land sich eins fühlt, wenn es gilt, das Vaterland
zu wahren. Daszu zcigcn, genügezwar noch nicht:
Deutschland müffe geachtct und, «enn es so gebo-
ten, gefürchtci ftin. „Nicht durchaus so" stehe es
zwar dermalcn um's Vaterland, dahin zu gclangen,
müffc man cinig sein nach innen, ftark werdcn nach
außen und trcu bleiben den Fürsten. EinsWiedcr-
kehr jener Zeit dcs Verrathes und dcr Schmach,
in welcher deutschc Stämme gegen deuische Stämme
fochien, müffe das Volk unmöglich machen. Wer
anch »erinöchie sie abermals Heraufzubcschwören,
»enn das Volk nicht wvlle? Eins' im Gesang —
cins in der That: das fti der Grundgedanke des
gcgenwärtigen Festes. Daß dieses möglich, danke
man dcm Könige, und darnm, wie das dcutsche
Volk das Gute, was gute Fürsten»gethan, stcts
dankbar ais Goldeswerih erkannt, bringc er „dem
deutschep Fürsten", der, wie ftin Vaier geihan,
alles Gute und Schöne in ftincn bcständigen Schutz
nehme, dankbaren Tribut durch dm Ruf: Hoch iebe
König Mar ». von Bayern!" Hierauf ließ der
Hcrr Rcdner dic Feftfahnc entfalten. Heute ein
Frredmszeichm, sti fie die Braut, derm Bräutigam
— das dmische Voik — ihr Treue gciobe für gute
und schümmc Tage. Komme die Zeit, wo man
mii Beschimpfung und Entehrnng sie bcdräum wolle,
dann werde das Volk um das schwarz-roth-goldme
Banner sich schaarm und es wiedcr aufrichten, «mn
es jc cinmal zum Sinken gcbracht werden sollte.
Dm Schlnßwortm dcS Vortrages: „ein ganzes
Deutschland, ein einig Dentschland lebe hochf) von
allen SLngern wörtlich dreimal nachgesprochen, folgte
langanhaltender donnernder Zuruf. Freudige Ge-
währung fand »uch die nnn folgende Aufforderung
dcs crstcn Herrn Bnrgermeisters v. WLchter, den
Sängergästen, die er eine fteundliche Erinnerung
an den gewiß aufrichiig herzlichen Empfang dahier
in dic Heimath mitzunehmen bat, einen ljuicn Gruß
deS Willkomms zuzurufm, in deffen Erwiderung
ein fenrig-bercdtcr „SLnger vom Niederrhein" der
aitbcrühmtm, jetzt sestlich gcschmücktm Stadt Nüm-
berg dcn Dank der Tausmdc von GLste» aussprach,
die aus jcdem Theile Deuischlands fich hier zusam-
mengcfundm, und wclche die Einc große Ueber-
zeugung mii sich heim iragen würden, daß wmig-
stens cin großcr Theil des deutschm VvlkeS: die
deutsche Sängerwcli unzugLnglich sei allm parti-
kularcn Intereffen. Fahre sie nur fort, «ic biSher
mii Arndi zu bekmnm: „das ganze Deutschland
soll es sein" — dann werden sie Tausmde und mä-
l!g aber Tausende mit sich fortreißm. Rach wür-
digender Darstellnng der mit solchcm Feste verbun-
dmm Sch«ierigk«itm und der AuSdaner und deS
mergievollm GeschickeS, womit dieftlben hier über-
wunden wordcn, forderie cr die SangcSbrüder zu
cinem Hoch auf daS Nürnberger Festcomite auf.
Hierauf erfolgtc in 2 Abtheilungm dic AuSführnng
der 8 GesLmmtyortrLge in der Rcihenfolge des Pro-
grammS. Sämmtliche Vorträgc wurdm von den
Componisttn derselben ftlbst dirigirt, mit Ausnahmk
N; 17«
Dienstag 30. Zuli
L8«L.
Pff Das Refcript und die Lage
Ungarns.
Das kaiserliche Rescript liegt nunmehr sei-
nem ganzen Jnhalt nach vor. Daffelbe hält
ledl'glich di'e Grundzüge des Diplvms vom
20. October v. I. fest, ohne aus dle weltern,
auf ei'ne förmli'che Personaluni'on gerichicten
Wnnsche der Ungarn einzugkhen. Jn dem
Rescripte sind, der Anordnung jenes Di'ploms
völlig gemäß, den Ungarn die kraft ihrer al-
ten Verfaffung (vor 1848) zustehenden Rechte
so ziemlich alle gewährleistef. Auf die wei-
tern gewichti'gen Begehren dcr Ungarn, gerich-
tet auf eine von Gesammtösterreich getrennte
Finanzverwaltung, aus ein bcsondereö Heer-
wesen und ein eigenes verantwortliches Mi-
nisterium, geht das Rescript nicht ein, ebenso
wenig auf eine unbedingte Anncriön der sog.
Nebenländer. Hinsichtlich Siebenbürgens wird
diese Lctztere desinitiv abgeschlagen, hinsichtlich
Kroatiens, Slavoniens und der'serbischen Woi-
wodina aber von den zu fassenden Beschlüs-
sen der Volksvertretung dieser betreffenden
Länder abhängig gemacht.
Gerade die bedentungsvollsten Wünsche nnd
Anträge des ungarilche» Landtages, welche
schon im Jahre 1848 dcn damaligen Stein
des Anstoßes abgaben und in Folge deren
Verwirklichung Ungarn von dem Gesammt-
staate Oefterreich sv gut wie getrennt, und
lediglich auf das Verhältniß einer Personal-
union, d. h. einer bloßen Gemeinschast des
Regenten zurückgesührt wäre, stnd daher vom
Wiener Hvsc abschlagig verbescheidet wordc,,.
Einige wcitere, im Jahre 1848 eriheilte Con-
cessionen svllcn bezüglich auf ihre wiederholte
FeststeÜung den Vcrsammlungen des Landtagcs
unlcrbreilet werken. Die von Letzterem be-
antragte Amneflie aller von jenem Zahre her
pvliiisch Coinpromitlirten ist bis zum Zeit-
punkt der Krönung in Aüsstchk gestellt wordeiu
Was werden die Ungarn nun thun? Wer-
den ste sofort zum Schwerte greisen und ihre
wirklichen oder vermcintlichcn Ansprüche mit
kcn ?Waffen in der Hand geltend machen?
Für dcn jetzigen Augenblick ist dieseS nicht an-
zunchmen, und es wlrd ein allenfallstger Auf-
stand mit einiger Aussicht-auf Ersolg nur im
Falle einer größeren europäischen Krists und
anderwciter Verwicklungen Oesterreichs i» eine
svlche, z. B. im Fallk ei'nes erneuerten Krie-
ges in Italien geschchen können. Da äber
ein Jnsurrcclionskampf in Ungarn im jetzigen
Augenblick sicher auch das Signal für das
Loöschlagen der zur Zeit in eincr ungewöhn-
lichen Aiifregurig befangnen bcnachbarten Po-
len wäre, so könnke en Ausstanv in jenem
Lande auf eine Zeit lug zwar größere nnd
nicht uiigefährliche Dimesionen gewinuen, wäre
aber zugleich die'Losunx für ein scstes Anein-
anderschließen und ein gemeinsames Handeln
der drei. östlichen Gvßmächte, Oesterreich,
Rnßland und Preußen. Wir haben dicser im
Falle einer dauernden Rnitenz dcr Ungarn ein-
tretenden Chance schon ii dem neuerlichen Auf-
satze „über vie Lage^Oeferreichs" gedacht und
hervorgehoben, welche ȧliche Jnconvcnienzen
für Orsterreich, und wtlcher bedenkliche Ruck-
schlag auf die Lage dec Gesammtstaats ent-
stehen kann, wenn die lkegierung noch einmal
in die Lage kommt, Uncarn mil Waffengewalt
zu unterwerfen, nnd aitlelst uuverfaffungs-
mäßigen Ordounanzcn zu regieren. Doch ist
für jetzt anzunehmen, daß dieser Fall der uu-
wahrscheinltchere ist, uni nicht letcht eintreten
wird. Auch hat der .iaiser in seinem Re-
scripte wiederholt das zesthalten an der Vcr-
saffung ausdrücklich veffichert. Weit eher ist
zu vermuthcn, daß die llngarn wiederholt, wie
auch schon bei der vom Wiener Hofe begehr-
ten Abändcrung der Adreffe ihreS Landtages,
nachgeben, sich in das Unvermeidliche sinden,
eine entschicbeue Gcltcndmachung ihrcr Wüusche
bis auf einen gelcgenen Zeitpunkt vcrlegen,
unv dieselbe für jctzt auf bem unblutigen par-
lamentarischen Wege aastragcn werden. Es
ist dieses Lctztcrc um so mehr anzunehmen,
als, ziemlich sichern Nachrichten zujolge, die
linke Seitc des Landlagcö, die Koffuth-Partei,
„ichis weniger alö daS ganze Volk hinter sich
hat. Wärc dieses der Fall, dann wäre schon
cine Aenderung ber Adreffe nach dem Wunsche
dcs KönigS wohl niminermehr erfolgt!
Bei weitcm der größere Theil des Volkes
hält offenbar zur Dcak'schen Partci; und wenn
gleich auch diese alle Sonderrechte ber Ungarn,
iusbesvndere auch das von diesen angestrebte
Vcrhältniß der Personalunion nicht minder
eifrig vertritt, so ist es doch sehr unwahr-
scheinlich, daß diese die geistigen Waffen deö
Wortcs nnd dcr Schrift mil dem Schwcrte
vertauschcn und an die äußere, physische Ge-
walt appelliren wirv. Das cigentliche Gros
der Revolutionspartei in Ungarn bilben offen-
bar die erceutrische Jugend, insbesondere die
sog. Zuraten, und der dortige zählreiche, oft
besitzlosc,, 'niedere Adel. Die üdrigen Klaffen
des Volkes, als der höhere Abel, dcr besitzeube
niedere Adel, dcr Bürger- und Bauernstand,
dürftcn doch grvßentheils die schon so lange
fortwährenbe unsichere Lage, oft mit völliger
Anarchie bunt untermischt, die willkürliche
Komitat- und Pandurenwirthschaft (bei wel-
cher Stvckprügel als ein nothwendiges Attri-
but nicht fehlen dürfen) herzlich satt haben.
— So stolz auch die Angehörigen dieser
Stänbe, sowie jeder Ungar mit vollem Rechte
auf ihre nalionale» Freiheiten und Vorrechte
sind, so zähe und ausdauernb sie daran fest-
halten, so dürfte der Majorität dieseS VolkeS
doch ein allmähliger Abschluß oder Ruhepunkt
in bcm mit so großer Hestigkeit gcführtcn Ver-
fassungskampfe jetzt erwünscht sein, da dieselbe
nicht gesönnen ist, bas bis jetzt Erreichte von
Reuem den Stürmen bes Kriegs und dem
launenhaften Spicle des Zufälls anheim zu
geben. Hiezu knmmt,'daß iiach den neuesten
Nachrichten auch jeßt, wie im Zahre 1848,
bie slavischen und deutschen Bewohner der
sog. Nebenländer mit dcn Magyarcn nicht ge-
mcinsame Sache machen, viklmehr am Ge-
sammlstaate sestha7len. Das vben Gesagte
gilt sicher so lange, als ber jeßige normale
Verlan; ber Dingc in Oesteireich unb Europa
nberhaupt dauern wird. Wcun sreilich uner-
warteie Ereiguiffe von größerer Tragweite
unb durchschlagcndeui Einflaffe eintreten soll-
ten, dann bürste, wie vics allenthalben in sol-
chen Momenten geschieht, auch jenc Berech-
nung für Ungarn nicht mehr zutreffen, und
eine, wenn auch an Anzahl kleinere, doch ruh-
rige, entschiedene, unb in der Auswahl ver
Miiiel nicht verlegene Partei dortselbst wieeer
ronangebenv wcrden.
Das kaiserliche Rescript a« dea
«ngarischeu Landtag,
welches wir bereits fcinem wesentlichen Jn-
halt nach in Nr. 171 mitgetheilt, lautet voü-
stänbig:
Wir Franz 2 osexh der Erste ic. ic. rc. entbic-
tca dcn tn Folge Unscrer Etnbeillsnng nns d-n r. April l.2.
lm Landtnge vcisamm-Urn Magnaten und Vertretern Un»
s-reb getrenen Köntgretchs Ungarn Unscrn Grnß Ulld Ull-
sere Gnade.
Gellebtc und Gelreue! Nachdem 2hr Unserer, mlttclst
Rescrtptcs vom 3ü. ». W. an Ench ergangenen Anffor-
dernng, di- an UnS gerlchlete all-iunterlhänigste Adressc
tn solcher Gcstalt zu unterbrettcn, daß deren Annahme mlt
dcr von UnS gegen jegtlche Angrlffe zu wahrendcn Wnrbe
'der Kronc und mit Unsceen erbtlchcn Hkrrscher-Rechtcn lm
Elnklange stchc, mtt pffichtgemäßcr Vereltwtlltglelt, worübe«
Wlr Euch berellS Uuscre Vesrtcdigung haden ausdiücken
laffen, nachgetommen setd, — sind Wir ersrcnt, Unserem
gcällßciten Versprcchcn nnd lcbhastcn Berlangcn gemäß,
UnS über dic t» dieser Adrcffc enthaltcncn hochwlchltgen
Angelegenhctten rnckhaltlos anssprechcn zn könne», um anf
dicse Wetsc durch etne klare nud bündigc AuSetnander-
setznng dtc gedelhliche und danernde Lösnng dcr vorltegcn«
dcn Schwlcrigkestcn zn erztelen.
Ias deutsche Sängerfest.
(Fortsetzuiig).
Töne, Melodien, Wortc scien die jedem Liede
gemeinsLmcn Bestandtheile: eine schwcre Bcdeniung
habe das deuische Lied. Ueberall gesungen, wo
Deuische wohncn, und darum überall gcsungcn, «eil
überall Dcutsche wohnen; in Dcutschiand selbst cin
Bindemittel aller dentschen Stämme, stark genug,
um „siuchwürdige Bestrebungen" zu bewältigen, sci
es eln „Zcrchen dentscher Einheit" für alle Die,
denen es noth thue, zu wiffcn, daß gänz Deutsch-
land sich eins fühlt, wenn es gilt, das Vaterland
zu wahren. Daszu zcigcn, genügezwar noch nicht:
Deutschland müffe geachtct und, «enn es so gebo-
ten, gefürchtci ftin. „Nicht durchaus so" stehe es
zwar dermalcn um's Vaterland, dahin zu gclangen,
müffc man cinig sein nach innen, ftark werdcn nach
außen und trcu bleiben den Fürsten. EinsWiedcr-
kehr jener Zeit dcs Verrathes und dcr Schmach,
in welcher deutschc Stämme gegen deuische Stämme
fochien, müffe das Volk unmöglich machen. Wer
anch »erinöchie sie abermals Heraufzubcschwören,
»enn das Volk nicht wvlle? Eins' im Gesang —
cins in der That: das fti der Grundgedanke des
gcgenwärtigen Festes. Daß dieses möglich, danke
man dcm Könige, und darnm, wie das dcutsche
Volk das Gute, was gute Fürsten»gethan, stcts
dankbar ais Goldeswerih erkannt, bringc er „dem
deutschep Fürsten", der, wie ftin Vaier geihan,
alles Gute und Schöne in ftincn bcständigen Schutz
nehme, dankbaren Tribut durch dm Ruf: Hoch iebe
König Mar ». von Bayern!" Hierauf ließ der
Hcrr Rcdner dic Feftfahnc entfalten. Heute ein
Frredmszeichm, sti fie die Braut, derm Bräutigam
— das dmische Voik — ihr Treue gciobe für gute
und schümmc Tage. Komme die Zeit, wo man
mii Beschimpfung und Entehrnng sie bcdräum wolle,
dann werde das Volk um das schwarz-roth-goldme
Banner sich schaarm und es wiedcr aufrichten, «mn
es jc cinmal zum Sinken gcbracht werden sollte.
Dm Schlnßwortm dcS Vortrages: „ein ganzes
Deutschland, ein einig Dentschland lebe hochf) von
allen SLngern wörtlich dreimal nachgesprochen, folgte
langanhaltender donnernder Zuruf. Freudige Ge-
währung fand »uch die nnn folgende Aufforderung
dcs crstcn Herrn Bnrgermeisters v. WLchter, den
Sängergästen, die er eine fteundliche Erinnerung
an den gewiß aufrichiig herzlichen Empfang dahier
in dic Heimath mitzunehmen bat, einen ljuicn Gruß
deS Willkomms zuzurufm, in deffen Erwiderung
ein fenrig-bercdtcr „SLnger vom Niederrhein" der
aitbcrühmtm, jetzt sestlich gcschmücktm Stadt Nüm-
berg dcn Dank der Tausmdc von GLste» aussprach,
die aus jcdem Theile Deuischlands fich hier zusam-
mengcfundm, und wclche die Einc große Ueber-
zeugung mii sich heim iragen würden, daß wmig-
stens cin großcr Theil des deutschm VvlkeS: die
deutsche Sängerwcli unzugLnglich sei allm parti-
kularcn Intereffen. Fahre sie nur fort, «ic biSher
mii Arndi zu bekmnm: „das ganze Deutschland
soll es sein" — dann werden sie Tausmde und mä-
l!g aber Tausende mit sich fortreißm. Rach wür-
digender Darstellnng der mit solchcm Feste verbun-
dmm Sch«ierigk«itm und der AuSdaner und deS
mergievollm GeschickeS, womit dieftlben hier über-
wunden wordcn, forderie cr die SangcSbrüder zu
cinem Hoch auf daS Nürnberger Festcomite auf.
Hierauf erfolgtc in 2 Abtheilungm dic AuSführnng
der 8 GesLmmtyortrLge in der Rcihenfolge des Pro-
grammS. Sämmtliche Vorträgc wurdm von den
Componisttn derselben ftlbst dirigirt, mit Ausnahmk