W L8«
Bayikag. l«. August L8SL.
-tft I^ankrejch M,d das Mittslmecr
Für die Annerionsgelüste Frankrerchs 'ilr
Bezug auf dle Jnsel Sardlm'en sprechen au-
ßer der vortreffllchcn, für'Durchführung der
Plane des zwelten Kalserrcichs so günstigen
und vortheilhaften Lage dieser Znsel (die wl'r
unlängst näher besprochen habcn) alle von se-
ner Wqcht hinstchtlich der Bcherrschung ches
Mlttelnieers seit Jahrhnnderten eiügehaltsue
Traditionen. Schon Ludwig XbV. wuede der
Nath ertheilt, sich zu dieseni Endzwecke AegUp-
tens zu bemächtl'gen, und von Buonaparte
wqr es mchr als ain bloßes abenteuerlichLs
Phantasiegebilde, wcnn dieser oamals nvch
junge republikanische General Lur AuSführnng
dlescs Planes schrltt. Eben daffelbe Vorha-
ben verfolgt nun auch wieder Napoleon illl.
seit seinem Negierungsantritte in umfaffcnder,
vorsichtiger, allenthalben minirender Weise,
wobei ihm durch die Besitzergreifung Algiers
von Seite' des bvurbonischen Znterregnums
sehr crheblich vorgearbeitet ist. Der mäch-
tige Einfluß des Tuileriencabinets in Jtalien
ist bekannt, kaum Minder bedeutcnd ist der-
selbe in Griechenland und der illprr'schen Halb-
insel überhaupt; die Durchstechuiig der Land-
enge von Suez wird denselben in diesen Ge-
genden des Orients auch in commerzieller
Beziehung um ein Beträchtliches vermehren;
ebenso wird das von Neuem sich krästigendc
und aufblühende Spanien von Napvlevn go-
hegt, unterstützt und mit einem ilnmer fester
werdenden Bande inniger Allianz an Frank-
reich zu ketten gesucht. Bei einem eveniuellen
Bruche mit England wird Spanien Gibraltar,
Jtalien Malta und Gricchenland Corsu mit
den andern jonischen Jnscln als gute Prift
in Ausstcht gestellt. So werden alle NoUeN
ver Arl vcrtheill, daß Frankrcich im gelege-
nen Momente in der orientalischen Frage die
angestrebte Präponderanz geltend machcn, und
in der ikalienischen fortwährend behaüpten kann.
Daß hiebei die Nhcingelüste nicht vcrgessen,
und die deutsche Fragc fortwährenv ,'n gutem
Gedächlniffe behalten wird, hicrauf deutcn die
bekanntcn, an das Lager von ChalonS sich
knüpsenden Zntentionen diplomatischcr und
politischer Art, für welche wir aus voüem
Herzen ein gänzliches Fehlschlagen wünschen
und hoffen. Daß Napolcon lll. in seinen po-
litischen Entwürsen zu unstät sci, und man-
cheö angreife, was er bald wiedcr sallen kaffe,
hat zwar Cavour, wie aus dessen literarffchem
Nachlaffe ersichtlich wurbe, nicht gerade lo-
bend hervvrgehoben. Allein eben in dieser
gerügten Mqnier äußert sich das wohlberech-
netc System eines Gelegenheits-Politikers, der,
wie Napoleon, allc stch aufwerfenden politi-
schen Fragen, alle vorkommenden öffcntlichcn
Verhältniffe für sich auszubeuten und abzu-
nußen versteht. Deffen barf man wöhl stcher
sein, tzaß der Tuilcrienkaiser, wenn er auch
eine Frage anscheinend auf sich beruhen läßt,
oder bci Scite lcgt, sich ihr im geeigneten
Momente geweß wieder gut zu erinnern wciß.
Zugleich darf man aber nach der ganzen
Lage der Dinge und den unumwundenen öf-
fentlichen Aeußerungen dcr englischen Staats-
männer als gewiß annehmen, daß dcr britische
Dreizack sich allen weiteren Vergrößerungs-
absichten Frankreichs im Mittelmeer, mögen
diese nun dcr Znsel Sardinien, oder welchem
Landstriche immer gelten, ernstlich widerfttzen,
und sclbst einen völligen Bruch mit dem Buo-
napartismus nicht scheuen wird. MancheS
hat sich von diescin die englische Diplomakie
zwar bisher gefallen laffen, vieles scheinbar
ruhig hnigenommen; allein die jcweils zur
Frage kommenven Zntereffcn Englands waren
doch mehr unkergeordnetcr Art, und um eine
förmliche Principicnpolitik (wvmit ebenfalls
wieber die Zntereffen überunstimmen müffcn),
wie zu Napoleons I. Zeitcn, konnte es sich
nicht handeln. Daß man jcdoch in England
auch jetzt noch die frühern politischen Tradi-
lionen nicht ganz vergeffen hat, und zur rech-
ten Zeit Ernst zu zeigen versteht, wenigstens
ba, wo es das Aeußerste gilt unb der britische
Lcbeusnerv bedrohl ist, beweist die syrische
Frage, in welcher das jetzige französtsche Kai-
serreich zum ersten Male diplomatisch unter-
legen ist.
D eutschtan -
Ma»nheim, 6. Aug. (Sch. M.) Die
Rhcilischiffsahrts-Centralkommissivn, welche seit
dcm vorigen Zahr von Mainz hieher überge-
siedelt ist, wird.am 18. d. M. hier zusam-
mentreten und ihre Sitzungen im großherzogl.
Schloß halten, wo sich deren Kanzlei befindet.
Badeli -ist dabei durch Geh. Refcrendär Dietz
vcrtreten.
Pforzheim, 7. August. Bei den jüngst
Stait geyabten Nationalvereinswahlen wurde
Fabrikant Moritz Müller zum Vorsttzenden,
zum zweiten Borsttzenden Fabrikant E. Bich-
ler, zum Caffier Fabrikant Z. Marold gewählt.
Müller 'hat jedoch die auf ihn mit großer Stim-
menmehrheit grsallcne Wahl nichl wieder an-
genvmmen.
Frankfurt, 7. Aug. Aus der bayeri-
schen Nheinpfalz crhält die ,,Fr. Hdlsztg."
folgcndc Mittheilung, deren Zuhalt als zu-
verlässig bezeichnet wird, und bic ste in ihrer
Einfachheit vhne jede Abänderuqg wicdergibt:
„Drei unglückliche Soldaten von den im Jahrc
1849 in der Pfalz Uebergegangenen zogcn
mit nach Baden und in die Schweiz, tießen
sich dann nach Neapel änwerben, kamcn in
römische Dienste, wurden bei dem Treffen bei
Cästelfidardo gefangen, durch Sardinien an
Bayern ausgeliefert und nun' wegen ihres
Uebertrittes vor zwölf Zahren processirt. Die-
selben sitzen seit neun Mvnaten geschlossen
(was der Gravilät des Verbrechens entspre-
chend sei) in der Festung Landau; seit brei
Monaten bereiks ist der Spruch des Kriegs-
gerichts gefällt, vhne bis jeßt eine Bestäti-
gung oder Begnabigung zur Folge gehabt zu
haben, und solange müffen die Armen ge-
schloffen im Kerker bleiben. Die Unglücklichcn
sind ganz verzweifelt, und neulich hat der
Eine mit dcm wege» Unterschlagung von tau-
send Gulden sitzenden Korporal Böhm einen
Fluchtversuch gewagt." — Wir sind nicht be-
rufen, die Vcrthcidigcr der Söldlingc des
Königs von Neapel und des Papstes zu ma-
chen. AbernichtwegcujenesSöldnerdicnstes, in
welchen allem Vermuthen nach das Elend die
Unglücklichen trieb, sondcrn wegen ihrer Hand-
lungsweise im Jahre 1849 findet die Ver-
folgung fiatt. Schon ans Mcnschlichkeits-
gründen muß man den Armen eiiie Erlösung
aus ihren Leibcn wünschen. Hier hat man
aber weiter zu fragen, wie sich ein solches
Verfahren mit dem Geiste derjenigen Erklä-
rungen verträgt, welche die bayerischen Mi-
nister in der Abgeordnetenkammer abgabcn,
um das Verlangen nach einer Amnestie
niederzuschlagcn? Nach jenen Erklärungen
mußte man glauben, daß in Bayern „Nie-
mand" mehr wegen des pfälzischen Aufstan-
des verhaftet sei. Und nun bören wir auf
einmal von Unglücklichcu, bie man gcradc
aus der bezeichneten Veranlassung, nicht nur
im Kerker, sondern im eigentlichen Sinne des
Wortes in Ketten hält! Wir wollcn hoffen,
daß das baycrische Ministerium hierdurch spe-
ciell zur Erhebung des Thatbestandes veran-
laßt, seiner selbst wegcn» zur Lösung sn'nes
verpfänbcten Wortcs schleiinigste Abhülfe
schaffc, und daß die Abgeordnetenkammer gleich-
falls von dem Vorfalle Notiz nehme. Es ist -
hicr wahrlich Grund genug gegeben, auf die
Amnestieforderung zurückzukvmmen, und
diejeni'gen Abgeordneten, wekche den betreffen-
Der Geisterritt.
Eüie Bollsgcschichte pon Jeodor Wehl.
(Fortsetzung).
Aber ncin, fügte sie plötzlich sich besin'ncnd und
den rascher gewordenen Schritt wicdcr langsamcr
wcrben lasiend, hinzu, aber nein, wcnn er hcini-
gekommcn, so würdc cr mir cntgegen gekommcn
sein, und hier ist die Stclle, wo ich ihnfehcn müßte,
wenn er bas gethan! -
. Heinrich! Heinrich! ricf sie zwcimal laut nach-
cinand'er, gleichsam als traue sie ihrcn Augen nicht
und alö könne er sich hintcr dem Gcbüsch am Wege
neckisch verborgcn habcn, obschon dcrgleichcn Ne-
ckcreicn gar nicht in seinem Charactcr lagen/Rich-
tig wurde thrcm Ruf auch keinerlei Erwidcrung,
außer, daß «in Vogcl aufgcscheucht aus den Strän-
chern empor und in die dämmerigc Nacht hincin-
fuhr, die sich jetzt »ollkommen cntfaltet und, in
warme Dünstc gehüllt, auf Baum und Gräscr
tröpfclnd ntederthaute.
Elisabeth konnte cö sich nicht wehren, trotz eincs
lcisen Schauers, den sie empfand, einen Angenblrck
still zu srehcn und in daö Lhal, aus dem fie so
cben heraufgekommen war, zurückzublicken. Da
lagen das Dörfchen, die Mühle, dic ganzc Gcgend
wunderbar friedlich im Grunde, halb verhüllt vom
Ncbel, halb beleuchtct vom Mond. Der Bach schlang
sich wir etn weißes Silberband dazwifchen hindurch
und verlor sich in die blauc Ferne hinein, die ihn
wie mit liebcnden Ärmen aufnahm. Nlles «ar
Ruhe, war Stille, war Gottesfrieden. Elsi konntc
nicht umhtn, als sie so in dic Ticfe hinabsah, die
Hande zu faltcn und in sich cin leiscs Gebet zu
sprcchen. Mit ticfer Rührung und einer Thräne
im Augc, sagte sie vor sich hin: Wie schön ist doch
Gottcs Welt. Und «enn man sic so vor sich sicht,
soll Einem da von bösen Menschcn gehört zu haben,
nicht wie ein bloßeö MLHrchcn vorkommen?
Kaum war diesc Betrachtung in ihrem Jnnern
gemacht, so verdüstcrte eine Wolkc den Mond und
hülltc Alles rings hcrum in dunkle Schattcn. Ein
scharfer Windzug blies zur Höhc ünd warf sich mit
rauschendem Ungestüm tn den Wald; ferncs Hunde-
gebell untcrbrach die magischc Stille unten und hier
oben flog cin aufgescheuchter Nachtvogel noch über
Elsi's Haupte htn, indem er einen heiseren Kreisch-
laut, wic einen llnglücksruf, erschallen licß.
Die gute Frau fuhr erschrocken zusammen, zog
ihr Tuch fester um Hals und Schultern und schriü
nun eilig ihrer Wohnung zu.
Als sie den Hof erreicht, trat ihr Christoph, der
JLger, zur Nachtpirsch ausgerüstet, entgegen.
Der Hcrr Förster isl nicht heimgekommcn, sagte
er; da will ich denn hinaus, daS Revicx äbzu-
nehmen.
Jn Gottes Namen, Christoph, entgegnete Eltsa-
bcth, Hannes (der Knecht) ist ja da, um auf das
Haus zu achten und das Pferd zu nehmeü, wen»
der Herr noch kommt.
Glaub's nicht, Frau, lautcte dte Antwort. Der
Herr wird drüben gcblieben sein in Tetschen. Des
Falben eine Huseisen war locker, und das bedeutet
nichts Guteö.
Was nichts Gutes? ftagtc die Försterin erschreckt.
Jch mein' nur von «cgen des Geldcs, antwor-
tete Christoph. Dcr Apotheker wird's nichtzusam-
men haben und den Herrn hinhalten. Eö soll üicht
zum Besten stehcn mit Meister Batlhorn.
Wenn's nur das «är', fiel Elsi erleichterken Her-
zens cin, dann hätt's wertcr keine Noth, Christoph.
Damit ging die Försterin weiter. Christoph zog
Bayikag. l«. August L8SL.
-tft I^ankrejch M,d das Mittslmecr
Für die Annerionsgelüste Frankrerchs 'ilr
Bezug auf dle Jnsel Sardlm'en sprechen au-
ßer der vortreffllchcn, für'Durchführung der
Plane des zwelten Kalserrcichs so günstigen
und vortheilhaften Lage dieser Znsel (die wl'r
unlängst näher besprochen habcn) alle von se-
ner Wqcht hinstchtlich der Bcherrschung ches
Mlttelnieers seit Jahrhnnderten eiügehaltsue
Traditionen. Schon Ludwig XbV. wuede der
Nath ertheilt, sich zu dieseni Endzwecke AegUp-
tens zu bemächtl'gen, und von Buonaparte
wqr es mchr als ain bloßes abenteuerlichLs
Phantasiegebilde, wcnn dieser oamals nvch
junge republikanische General Lur AuSführnng
dlescs Planes schrltt. Eben daffelbe Vorha-
ben verfolgt nun auch wieder Napoleon illl.
seit seinem Negierungsantritte in umfaffcnder,
vorsichtiger, allenthalben minirender Weise,
wobei ihm durch die Besitzergreifung Algiers
von Seite' des bvurbonischen Znterregnums
sehr crheblich vorgearbeitet ist. Der mäch-
tige Einfluß des Tuileriencabinets in Jtalien
ist bekannt, kaum Minder bedeutcnd ist der-
selbe in Griechenland und der illprr'schen Halb-
insel überhaupt; die Durchstechuiig der Land-
enge von Suez wird denselben in diesen Ge-
genden des Orients auch in commerzieller
Beziehung um ein Beträchtliches vermehren;
ebenso wird das von Neuem sich krästigendc
und aufblühende Spanien von Napvlevn go-
hegt, unterstützt und mit einem ilnmer fester
werdenden Bande inniger Allianz an Frank-
reich zu ketten gesucht. Bei einem eveniuellen
Bruche mit England wird Spanien Gibraltar,
Jtalien Malta und Gricchenland Corsu mit
den andern jonischen Jnscln als gute Prift
in Ausstcht gestellt. So werden alle NoUeN
ver Arl vcrtheill, daß Frankrcich im gelege-
nen Momente in der orientalischen Frage die
angestrebte Präponderanz geltend machcn, und
in der ikalienischen fortwährend behaüpten kann.
Daß hiebei die Nhcingelüste nicht vcrgessen,
und die deutsche Fragc fortwährenv ,'n gutem
Gedächlniffe behalten wird, hicrauf deutcn die
bekanntcn, an das Lager von ChalonS sich
knüpsenden Zntentionen diplomatischcr und
politischer Art, für welche wir aus voüem
Herzen ein gänzliches Fehlschlagen wünschen
und hoffen. Daß Napolcon lll. in seinen po-
litischen Entwürsen zu unstät sci, und man-
cheö angreife, was er bald wiedcr sallen kaffe,
hat zwar Cavour, wie aus dessen literarffchem
Nachlaffe ersichtlich wurbe, nicht gerade lo-
bend hervvrgehoben. Allein eben in dieser
gerügten Mqnier äußert sich das wohlberech-
netc System eines Gelegenheits-Politikers, der,
wie Napoleon, allc stch aufwerfenden politi-
schen Fragen, alle vorkommenden öffcntlichcn
Verhältniffe für sich auszubeuten und abzu-
nußen versteht. Deffen barf man wöhl stcher
sein, tzaß der Tuilcrienkaiser, wenn er auch
eine Frage anscheinend auf sich beruhen läßt,
oder bci Scite lcgt, sich ihr im geeigneten
Momente geweß wieder gut zu erinnern wciß.
Zugleich darf man aber nach der ganzen
Lage der Dinge und den unumwundenen öf-
fentlichen Aeußerungen dcr englischen Staats-
männer als gewiß annehmen, daß dcr britische
Dreizack sich allen weiteren Vergrößerungs-
absichten Frankreichs im Mittelmeer, mögen
diese nun dcr Znsel Sardinien, oder welchem
Landstriche immer gelten, ernstlich widerfttzen,
und sclbst einen völligen Bruch mit dem Buo-
napartismus nicht scheuen wird. MancheS
hat sich von diescin die englische Diplomakie
zwar bisher gefallen laffen, vieles scheinbar
ruhig hnigenommen; allein die jcweils zur
Frage kommenven Zntereffcn Englands waren
doch mehr unkergeordnetcr Art, und um eine
förmliche Principicnpolitik (wvmit ebenfalls
wieber die Zntereffen überunstimmen müffcn),
wie zu Napoleons I. Zeitcn, konnte es sich
nicht handeln. Daß man jcdoch in England
auch jetzt noch die frühern politischen Tradi-
lionen nicht ganz vergeffen hat, und zur rech-
ten Zeit Ernst zu zeigen versteht, wenigstens
ba, wo es das Aeußerste gilt unb der britische
Lcbeusnerv bedrohl ist, beweist die syrische
Frage, in welcher das jetzige französtsche Kai-
serreich zum ersten Male diplomatisch unter-
legen ist.
D eutschtan -
Ma»nheim, 6. Aug. (Sch. M.) Die
Rhcilischiffsahrts-Centralkommissivn, welche seit
dcm vorigen Zahr von Mainz hieher überge-
siedelt ist, wird.am 18. d. M. hier zusam-
mentreten und ihre Sitzungen im großherzogl.
Schloß halten, wo sich deren Kanzlei befindet.
Badeli -ist dabei durch Geh. Refcrendär Dietz
vcrtreten.
Pforzheim, 7. August. Bei den jüngst
Stait geyabten Nationalvereinswahlen wurde
Fabrikant Moritz Müller zum Vorsttzenden,
zum zweiten Borsttzenden Fabrikant E. Bich-
ler, zum Caffier Fabrikant Z. Marold gewählt.
Müller 'hat jedoch die auf ihn mit großer Stim-
menmehrheit grsallcne Wahl nichl wieder an-
genvmmen.
Frankfurt, 7. Aug. Aus der bayeri-
schen Nheinpfalz crhält die ,,Fr. Hdlsztg."
folgcndc Mittheilung, deren Zuhalt als zu-
verlässig bezeichnet wird, und bic ste in ihrer
Einfachheit vhne jede Abänderuqg wicdergibt:
„Drei unglückliche Soldaten von den im Jahrc
1849 in der Pfalz Uebergegangenen zogcn
mit nach Baden und in die Schweiz, tießen
sich dann nach Neapel änwerben, kamcn in
römische Dienste, wurden bei dem Treffen bei
Cästelfidardo gefangen, durch Sardinien an
Bayern ausgeliefert und nun' wegen ihres
Uebertrittes vor zwölf Zahren processirt. Die-
selben sitzen seit neun Mvnaten geschlossen
(was der Gravilät des Verbrechens entspre-
chend sei) in der Festung Landau; seit brei
Monaten bereiks ist der Spruch des Kriegs-
gerichts gefällt, vhne bis jeßt eine Bestäti-
gung oder Begnabigung zur Folge gehabt zu
haben, und solange müffen die Armen ge-
schloffen im Kerker bleiben. Die Unglücklichcn
sind ganz verzweifelt, und neulich hat der
Eine mit dcm wege» Unterschlagung von tau-
send Gulden sitzenden Korporal Böhm einen
Fluchtversuch gewagt." — Wir sind nicht be-
rufen, die Vcrthcidigcr der Söldlingc des
Königs von Neapel und des Papstes zu ma-
chen. AbernichtwegcujenesSöldnerdicnstes, in
welchen allem Vermuthen nach das Elend die
Unglücklichen trieb, sondcrn wegen ihrer Hand-
lungsweise im Jahre 1849 findet die Ver-
folgung fiatt. Schon ans Mcnschlichkeits-
gründen muß man den Armen eiiie Erlösung
aus ihren Leibcn wünschen. Hier hat man
aber weiter zu fragen, wie sich ein solches
Verfahren mit dem Geiste derjenigen Erklä-
rungen verträgt, welche die bayerischen Mi-
nister in der Abgeordnetenkammer abgabcn,
um das Verlangen nach einer Amnestie
niederzuschlagcn? Nach jenen Erklärungen
mußte man glauben, daß in Bayern „Nie-
mand" mehr wegen des pfälzischen Aufstan-
des verhaftet sei. Und nun bören wir auf
einmal von Unglücklichcu, bie man gcradc
aus der bezeichneten Veranlassung, nicht nur
im Kerker, sondern im eigentlichen Sinne des
Wortes in Ketten hält! Wir wollcn hoffen,
daß das baycrische Ministerium hierdurch spe-
ciell zur Erhebung des Thatbestandes veran-
laßt, seiner selbst wegcn» zur Lösung sn'nes
verpfänbcten Wortcs schleiinigste Abhülfe
schaffc, und daß die Abgeordnetenkammer gleich-
falls von dem Vorfalle Notiz nehme. Es ist -
hicr wahrlich Grund genug gegeben, auf die
Amnestieforderung zurückzukvmmen, und
diejeni'gen Abgeordneten, wekche den betreffen-
Der Geisterritt.
Eüie Bollsgcschichte pon Jeodor Wehl.
(Fortsetzung).
Aber ncin, fügte sie plötzlich sich besin'ncnd und
den rascher gewordenen Schritt wicdcr langsamcr
wcrben lasiend, hinzu, aber nein, wcnn er hcini-
gekommcn, so würdc cr mir cntgegen gekommcn
sein, und hier ist die Stclle, wo ich ihnfehcn müßte,
wenn er bas gethan! -
. Heinrich! Heinrich! ricf sie zwcimal laut nach-
cinand'er, gleichsam als traue sie ihrcn Augen nicht
und alö könne er sich hintcr dem Gcbüsch am Wege
neckisch verborgcn habcn, obschon dcrgleichcn Ne-
ckcreicn gar nicht in seinem Charactcr lagen/Rich-
tig wurde thrcm Ruf auch keinerlei Erwidcrung,
außer, daß «in Vogcl aufgcscheucht aus den Strän-
chern empor und in die dämmerigc Nacht hincin-
fuhr, die sich jetzt »ollkommen cntfaltet und, in
warme Dünstc gehüllt, auf Baum und Gräscr
tröpfclnd ntederthaute.
Elisabeth konnte cö sich nicht wehren, trotz eincs
lcisen Schauers, den sie empfand, einen Angenblrck
still zu srehcn und in daö Lhal, aus dem fie so
cben heraufgekommen war, zurückzublicken. Da
lagen das Dörfchen, die Mühle, dic ganzc Gcgend
wunderbar friedlich im Grunde, halb verhüllt vom
Ncbel, halb beleuchtct vom Mond. Der Bach schlang
sich wir etn weißes Silberband dazwifchen hindurch
und verlor sich in die blauc Ferne hinein, die ihn
wie mit liebcnden Ärmen aufnahm. Nlles «ar
Ruhe, war Stille, war Gottesfrieden. Elsi konntc
nicht umhtn, als sie so in dic Ticfe hinabsah, die
Hande zu faltcn und in sich cin leiscs Gebet zu
sprcchen. Mit ticfer Rührung und einer Thräne
im Augc, sagte sie vor sich hin: Wie schön ist doch
Gottcs Welt. Und «enn man sic so vor sich sicht,
soll Einem da von bösen Menschcn gehört zu haben,
nicht wie ein bloßeö MLHrchcn vorkommen?
Kaum war diesc Betrachtung in ihrem Jnnern
gemacht, so verdüstcrte eine Wolkc den Mond und
hülltc Alles rings hcrum in dunkle Schattcn. Ein
scharfer Windzug blies zur Höhc ünd warf sich mit
rauschendem Ungestüm tn den Wald; ferncs Hunde-
gebell untcrbrach die magischc Stille unten und hier
oben flog cin aufgescheuchter Nachtvogel noch über
Elsi's Haupte htn, indem er einen heiseren Kreisch-
laut, wic einen llnglücksruf, erschallen licß.
Die gute Frau fuhr erschrocken zusammen, zog
ihr Tuch fester um Hals und Schultern und schriü
nun eilig ihrer Wohnung zu.
Als sie den Hof erreicht, trat ihr Christoph, der
JLger, zur Nachtpirsch ausgerüstet, entgegen.
Der Hcrr Förster isl nicht heimgekommcn, sagte
er; da will ich denn hinaus, daS Revicx äbzu-
nehmen.
Jn Gottes Namen, Christoph, entgegnete Eltsa-
bcth, Hannes (der Knecht) ist ja da, um auf das
Haus zu achten und das Pferd zu nehmeü, wen»
der Herr noch kommt.
Glaub's nicht, Frau, lautcte dte Antwort. Der
Herr wird drüben gcblieben sein in Tetschen. Des
Falben eine Huseisen war locker, und das bedeutet
nichts Guteö.
Was nichts Gutes? ftagtc die Försterin erschreckt.
Jch mein' nur von «cgen des Geldcs, antwor-
tete Christoph. Dcr Apotheker wird's nichtzusam-
men haben und den Herrn hinhalten. Eö soll üicht
zum Besten stehcn mit Meister Batlhorn.
Wenn's nur das «är', fiel Elsi erleichterken Her-
zens cin, dann hätt's wertcr keine Noth, Christoph.
Damit ging die Försterin weiter. Christoph zog